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MELDUNG/309: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 16.03.11 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Fraunhofer IZI Gründet Projektgruppe in Rostock zur Optimierung von Blutreinigungsverfahren
→  Göttinger Wissenschaftler entdecken, warum Neuronen Meister der Datenverarbeitung sind
→  Dresdner Hochschulmedizin vollzieht europäischen Schulterschluss


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Fraunhofer-Gesellschaft / Presse Fraunhofer IZI - 14.03.2011

Fraunhofer IZI Gründet Projektgruppe in Rostock zur Optimierung von Blutreinigungsverfahren

In der Arbeitsgruppe "Extrakorporale Immunmodulation" (EXIM) bündeln sich die Kompetenzen des Leipziger Fraunhofer-Instituts für Zelltherapie und Immunologie mit denen der Universität Rostock. Die Projektgruppe entwickelt innovative Blutreinigungsverfahren und künstlichen Organersatz.

Mit der Unterzeichnung des Kooperationsvertrages besiegelte heute Henry Tesch, Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Mecklenburg-Vorpommern, die Gründung der Fraunhofer IZI Projektgruppe in Rostock. Damit expandiert das Institut erstmalig auch über die Grenzen des Freistaates Sachsen hinaus. Das Land Mecklenburg-Vorpommern und die Europäische Union finanzieren das Vorhaben die nächsten fünf Jahre mit insgesamt 5,5 Millionen Euro.

Die Leitung der neuen Arbeitsgruppe Extrakorporale Immunmodulation (EXIM) übernimmt der Rostocker Mediziner Prof. Dr. Steffen Mitzner. Ziel ist die Weiterentwicklung eines neuen Blutreinigungsverfahrens, das Patienten mit Blutvergiftung (Sepsis) zukünftig wesentlich bessere Überlebenschancen gewährleisten soll. Dabei wird das Blutplasma der Betroffenen außerhalb des Körpers (extrakorporal) durch frische Immunzellen von Spendern gereinigt, die durch ein Filtersystem vom Blutkreislaufdes Patienten getrennt sind. "Wenn wir diese Immunzellen direkt in den Blutkreislauf gäben, würden sie dem Körper schaden", so Professor Mitzner. "Vom Prinzip her ist das Verfahren mit der Dialyse vergleichbar".

Die Sepsis ist eine komplexe Entzündungsreaktion des Körpers, die bei 80% der Patienten zum Tod führt. Die Infektion tritt meist nach einem Unfall oder einer Operation auf und breitet sich sehr schnell im Körper aus. Dadurch und aufgrund zunehmender Resistenzen gegen antibiotische Therapien ist die Infektion äußerst schwer zu behandeln. Insgesamt sterben in Deutschland bis zu 250.000 Menschen pro Jahr an einer Blutvergiftung. "Die Behandlung der Sepsis bindet deutschlandweit etwa die Hälfte der Budgets der Intensivstationen. Das sind rund 2,5 Milliarden Euro pro Jahr an Arbeitskraft, Geräten und Medikamenten", erläutert Professor Mitzner und bekräftigt damit die gesellschaftliche Relevanz neuer Behandlungsverfahren.

Neben der Weiterentwicklung des Blutreinigungsverfahrens wird die Gruppe ein weiteres Projekt bearbeiten. Ziel hierbei ist die Herstellung künstlichen Lebergewebes (Tissue Engineering).

Prof. Dr. Frank Emmrich, Leiter der Fraunhofer IZI, freut sich über das dynamische Wachstum des Instituts. "Die Rostocker Expertise im Fachgebiet der Immunmodulation und der Transplantationsmedizin ergänzt hervorragend unsere Kernkompetenzen im Bereich der Regenerativen Medizin", so Professor Emmrich. Die neu entwickelten Verfahren sollen gemeinsam mit Industriepartnern rasch in die klinische Anwendung überführt werden.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.izi.fraunhofer.de

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Pressemeldung

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Quelle: Fraunhofer-Gesellschaft, Presse Fraunhofer IZI, 14.03.2011


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Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation - 15.03.2011

Schneller im Team
Göttinger Wissenschaftler entdecken, warum Neuronen Meister der Datenverarbeitung sind

Gruppen von Neuronen in der Großhirnrinde können deutlich schnellere Signale verarbeiten und weiterleiten als lange vermutet. Für diesen erstaunlichen experimentellen Fund haben Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation (MPIDS), vom Bernstein Center for Computational Neuroscience Göttingen und von der Universität Göttingen jetzt erstmals eine Erklärung gefunden. Ihre theoretischen Berechnungen zeigen, dass allein die Geschwindigkeit, mit der ein einzelnes Neuron ein Signal abfeuert, die Kommunikationsgeschwindigkeit einer Gruppe begrenzt. Neuronenverbunde können somit mit einigen hundert Einzelreizen pro Sekunde umgehen. Von ihren Ergebnissen berichten die Göttinger Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Physical Review Letters. (Physical Review Letters, 106, 088102 (2011))

Jedes Neuron in der Großhirnrinde steht unter "Dauerbeschuss": Es empfängt ständig elektrische Pulse, so genannte Spikes, von etwa 10000 anderen Nervenzellen, leitet selbst aber nur etwa zehnmal pro Sekunde einen eigenen Puls weiter. Nach getaner Arbeit benötigt jedes Neuron danach eine kurze Erholungszeit: Treffen in direkter Folge nach einem eigenen Spike weitere Pulse die Zelle, ist sie noch nicht wieder aufnahmebereit und kann die neue Information nicht verarbeiten. Das Neuron verstummt. Bisher gingen Wissenschaftler deshalb davon aus, dass die Großhirnrinde nur Signale mit Frequenzen von bis maximal 20 Hertz bewältigen kann. Doch jüngste Experimente haben gezeigt, dass Gruppen von Neuronen deutlich schneller reagieren können als gedacht. Sie kommen mit Signalen von bis zu 200 Hertz zurecht. Eine Erklärung für dieses Verhalten gab es bisher nicht.
"Damit ein theoretisches Modell dieses Verhalten erklären kann, muss es die Dynamik der elektrischen Ströme in der Zellmembran genau berücksichtigen", erklärt Prof. Dr. Fred Wolf vom MPIDS den Ansatz seiner neuen Studie. Trifft ein Spike an einer Nervenzelle ein, baut sich eine elektrische Spannung an der Zellwand auf. Wegen der Vielzahl der ankommenden Pulse fluktuiert diese Spannung permanent. Doch erst wenn sie einen bestimmten Wert überschreitet, entscheidet sich das Neuron, ebenfalls einen Puls abzufeuern. Dieser Prozess des Abfeuerns dauert nur wenige Bruchteile einer Millisekunde.

Den Göttinger Wissenschaftlern ist es nun erstmals gelungen, diesen komplizierten Ablauf in ein Modell so einzubeziehen, dass zu einem eingehenden Signal die Antwort einer Neuronengruppe direkt berechnet werden konnte. "Leitet die Gruppe kein Ausgangssignal mehr weiter, ist dies ein Zeichen, dass das Eingangssignal zu schnell war und die Neuronen überfordert hat", erklärt Dr. Wei Wei vom MPIDS den Grundgedanken des Modells. Die Rechnungen der Forscher zeigen, dass keinesfalls die Dauer der Erholungsphase die Geschwindigkeit der neuronalen Kommunikation begrenzt. Denn während sich ein Neuron erholt, kann ein anderes einspringen. Eine obere Grenze für die Verarbeitungsgeschwindigkeit hängt stattdessen nur von der deutlich kürzeren Zeit ab, die das Neuron zum Aufbau eines Pulses benötigt. Teams von Neuronen können somit problemlos hochfrequente Signale von einigen hundert Hertz empfangen und weiterleiten.

Die neuen Ergebnisse könnten unter anderem von großer Bedeutung für die Entwicklungsneurobiologie sein. Schon lange wissen Forscher, dass bei Säuglingen und Jungtieren visuelle Erfahrungen erst ab einem bestimmten Alter neue Verknüpfungen der Nervenzellen in der Großhirnrinde auslösen. "Die allerersten Reize hingegen verändern die Architektur des Neuronennetzes kaum", erklärt Prof. Dr. Siegrid Löwel, Neurobiologin an der Universität Göttingen. Mithilfe der neuen Ergebnisse ließe sich dieses Phänomen nun im Prinzip erklären. Denn das Knüpfen neuer Verbindungen funktioniert nur dann zuverlässig, wenn die Neuronen möglichst schnell und präzise auf eingehende Sinnesinformationen reagieren können. Sollte sich im Experiment herausstellen, dass die Neuronen von Jungtieren nicht so schnelle Signale verarbeiten können wie die ausgewachsener Tiere, würde dies diese Erklärung bestätigen.

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Neuronen in der Großhirnrinde empfangen tausende, synaptische Signale von anderen Zellen. Dieses so genannte "synaptische Bombardement" führt dazu, dass der elektrische Strom in die Zelle stark fluktuiert.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
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Quelle: Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation, Dr. Birgit Krummheuer, 15.03.2011


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Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden - 15.03.2011

Dresdner Hochschulmedizin vollzieht europäischen Schulterschluss

Seit Jahresbeginn wird die Arbeit des europäischen Universitätsklinika-Netzwerks "Amicable Network of Academical Medical Centres in Europe" - kurz AMiCE - von Dresden aus koordiniert. Anlass ist die Übernahme der AMiCE-Präsidentschaft durch Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus. In den kommenden drei Jahren sollen die Aktivitäten des Netzwerks europäischer Universitätsklinika ausgebaut werden.

Die Koordination der Aktivitäten des europäischen Netzwerks wurde der vom Dresdner Uniklinikum initiierten Gesundheitsregion Carus Consilium Sachsen übertragen. Dieses seit zwei Jahren aktive regionale Netzwerk wird auf europäischer Ebene gemeinsame Projekte der Mitglieds-Klinika in den Bereichen medizinische Lehre, Forschung und Krankenversorgung initiieren und danach organisatorisch begleiten. AMiCE gehören neben dem Dresdner Uniklinikum zurzeit acht weitere universitäre Einrichtungen mit Sitz in Brüssel, Dublin, Graz, Groningen, Nottingham, Wien sowie Hannover und Greifswald an.

Seit Jahresbeginn wird die Arbeit des europäischen Universitätsklinika-Netzwerks "Amicable Network of Academical Medical Centres in Europe" - kurz AMiCE - von Dresden aus koordiniert. Anlass ist die Übernahme der AMiCE-Präsidentschaft durch Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus. In den kommenden drei Jahren sollen die Aktivitäten des Netzwerks europäischer Universitätsklinika ausgebaut werden. Die Koordination hierfür wurde der vom Dresdner Uniklinikum initiierten Gesundheitsregion Carus Consilium Sachsen übertragen. Dieses seit zwei Jahren aktive regionale Netzwerk wird auf europäischer Ebene gemeinsame Projekte der Mitglieds-Klinika in den Bereichen medizinische Lehre, Forschung und Krankenversorgung initiieren und danach organisatorisch begleiten. AMiCE gehören neben dem Dresdner Uniklinikum zurzeit acht weitere universitäre Einrichtungen mit Sitz in Brüssel, Dublin, Graz, Groningen, Nottingham, Wien sowie Hannover und Greifswald an. "Durch die Etablierung der internationalen Koordinierungsstelle wollen wir die Aktivitäten der europäischen Gesundheitsregionen noch weiter verzahnen und die Kooperation intensivieren", betont Prof. Albrecht. "Neben regionalen Aspekten der Versorgung stehen die einzelnen Uniklinika auch in einem europäischen Markt. Diese Perspektive gilt es zukünftig mehr zu berücksichtigen. AMiCE ist daher ein erster wichtiger Schritt auf diesem Weg." Bereits heute engagieren sich die neun Uniklinika in EU-weiten Projekten. Beispielsweise leitete Prof. Peter Schwarz von der Medizinischen Klinik III des Dresdner Uniklinikums das Diabetes-Präventions-Projekt IMAGE (Development and Implementation of a European Guideline and Training Standards for Diabetes Prevention) - eine der größten Public-Health-Initiativen der Europäischen Union. Bis Herbst 2010 wurden in diesem Rahmen medizinische Leitlinien und Qualitätsstandards in der Diabetes-Prävention entwickelt. Diese wurden individuell auf die jeweiligen Bedürfnisse und Gegebenheiten der beteiligten EU-Länder zugeschnitten. Ein weiteres Großprojekt wird von Groningen aus koordiniert - Titel: "gesund alt werden". Diese und weitere Themen sind deckungsgleich mit denen der ostsächsi¬schen Gesundheitsregion Carus Consilium Sachsen (CCS). "Ein Ziel von AMiCE ist es, regionale Aktivitäten und Netzwerke wie unser CCS mit der europäischen Ebene zu verbinden", sagt Prof. Albrecht. Über die neu aufgestellte Organisation lassen sich die Belange der neun Mitglieder und ihrer Einrichtungen gemeinsam an die EU herantragen oder regionale Netzwerk-Aktivitäten ähnlicher Ausrichtung in gemeinsamen Anträgen bündeln. Das AMiCE-Netzwerk wird zudem Informationen über mögliche EU-Förderungen aus den Bereichen Forschung, Lehre und Krankenversorgung recherchieren, aufbereiten und an die Mitglieder weitergeben.

Partner des AMiCE Netzwerkes sind das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus mit der Medizinischen Fakultät, das Universitätsklinikum Brüssel, die Medizinische Hochschule Hannover, das Universitätsklinikum Graz, das St. James Hospital in Dublin, das Universitätsklinikum Greifswald, das Universitätszentrum Groningen, das University Hospital Nottingham sowie das Allgemeine Krankenhaus in Wien.

Kontakt
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
AMiCE-Koordinationsstelle
c/o Carus Consilium Sachsen GmbH
E-Mail: AMICE@uniklinikum-dresden.de
http://amicehospitals.com (Website im Aufbau)

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution1564

Quelle: Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, Holger Ostermeyer, 15.03.2011


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. März 2011