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MELDUNG/347: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 23.05.11 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Immuntherapie - Doping für die Killerzellen
→  Medizinische Hochschule Hannover initiiert Freiwilliges Wissenschaftliches Jahr
→  Wie hat sich das Medizinstudium verändert?
      Wissenschaftliche Auswertung von Studierendenbefragungen


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Wilhelm Sander-Stiftung - 20.05.2011

Immuntherapie - Doping für die Killerzellen

Zellen des Immunsystems können Krebsgewebe erkennen und effektiv eliminieren. Jedoch entziehen sich Tumorzellen der Identifizierung auf vielfältige Weise - insbesondere dadurch, dass sie ihre Merkmale auf der Oberfläche nicht mehr ausprägen. Die Arbeitsgruppe um Professor Hinrich Abken an der Uniklinik Köln arbeitet an einer Therapie, die Immunzellen befähigt, Tumorzellen trotzdem im Gewebe aufzuspüren und zu vernichten.

Die Kölner Forscher wollen die Wirkung der sogenannten adoptiven Immuntherapie verbessern. Diese Behandlungsmethode unterstützt das körpereigene Immunsystem im Kampf gegen den Krebs. Zur Behandlung entnehmen Mediziner Killerzellen (zytotoxische T-Zellen) aus dem Krebsgewebe, vermehren diese im Labor und führen sie dem Patienten anschließend in großer Zahl wieder zu. Leider verfügen die isolierten Killerzellen nur selten über eine ausreichende Aktivität gegenüber dem Tumor. Professor Abken und sein Team wollen die Killerzellen deshalb gezielt auf den Tumor abrichten.
Zum Einen statten sie die Immunzellen künstlich mit Tumor-Erkennungsstrukturen aus. Diese sollen die Aggressivität der Zellen gegenüber entartetem Gewebe erhöhen. Die Killerzellen werden befähigt, das Krebsgewebe spezifisch zu identifizieren und anschließend effizient zu zerstören. "In experimentellen Modellen hat dieses Vorgehen viel versprechende Ergebnisse erbracht", erläutert Prof. Abken. In der Praxis gibt es jedoch noch eine Hürde zu überwinden: Das Modell setzt voraus, dass alle Tumorzellen ein spezifisches Erkennungsmerkmal auf ihrer Oberfläche tragen. Tatsächlich aber tarnt sich der Tumor in der Regel: Er prägt kein Erkennungsmerkmal aus. Deshalb greift die Arbeitsgruppe zu einem weiteren künstlichen Instrument: Sie will die Killerzellen zusätzlich mit einem Botenstoff (IL 12) ausrüsten, den die Zellen abgeben, sobald sie in das Tumorgewebe eindringen und erste Krebszellen erkannt haben. Der Botenstoff soll weitere Zellen der Immunabwehr anlocken und aktivieren - insbesondere sogenannte Natürliche Killerzellen (NK). Durch den Botenstoff werden diese dann in der Lage versetzt, das Tumorgewebe unabhängig von einem bestimmten Merkmal zu zerstören. "Durch diese gezielte Aktivierung von Natürlichen Killerzellen versprechen wir uns eine erhebliche Effektivitätssteigerung in der Immuntherapie von Tumoren", unterstreicht Abken die Motivation zu den Experimenten.


Kontakt:
Univ.-Prof. Dr. Hinrich Abken
Uniklinik Köln, Klinik 1 für Innere Medizin
Abt. Tumorgenetik und Immunologie
E-Mail: hinrich.abken@uk-koeln.de
http://innere1.uk-koeln.de/profil/hinrich_abken

Weitere Informationen zur Wilhelm Sander-Stiftung:
http://www.wilhelm-sander-stiftung.de

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/de/image142624
Zytotoxische T-Zellen attackieren einen Tumor und setzen einen Botenstoff frei, der Natürliche Killerzellen (NK) ebenfalls zur Tumoreliminierung aktiviert.

Die Wilhelm Sander-Stiftung
fördert dieses Forschungsprojekt mit über 260.000 Euro. Stiftungszweck der Stiftung ist die medizinische Forschung, insbesondere Projekte im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden dabei insgesamt über 190 Mio. Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz bewilligt. Die Stiftung geht aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution890

Quelle: Wilhelm Sander-Stiftung, Sylvia Kloberdanz, 20.05.2011


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Medizinische Hochschule Hannover - 20.05.2011

Ergänzung vom 20.05.2011:
MHH initiiert Freiwilliges Wissenschaftliches Jahr

- Deutschlandweit einmaliges Pilotprojekt im Rahmen des Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ)
- Hannovers Exzellenzprogramme fördern wissenschaftlichen Nachwuchs

Innovatives Angebot für den niedersächsischen Abiturjahrgang 2011: Die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) und die Leibniz Universität Hannover (LUH) sowie ihre wissenschaftlichen Partnerinstitutionen bieten ab September 2011 erstmals ein Freiwilliges Wissenschaftliches Jahr (FWJ) an. In dem Pilotprojekt können Abiturienten ein zwölfmonatiges oder zwei sechsmonatige Forschungsprojekte an der MHH, LUH oder einer Partnerinstitution absolvieren: In der Projektarbeit können sie erste technische Erfahrungen im Labor sammeln und Einblicke in wissenschaftliche Arbeitsmethoden erhalten. So soll das Interesse der Abiturienten an wissenschaftlichen Berufen geweckt und die Berufsorientierung erleichtert werden. Aus Mitteln der aufnehmenden Institute werden bis zu 400 Euro pro Monat als Taschen-, Wohn- und Verpflegungsgeld gezahlt.

Die Initiative zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses wird insbesondere von den drei Hannoverschen Exzellenzprogrammen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und ihren Partnerinstitutionen unterstützt: der Graduiertenschule Hannover Biomedical Research School (HBRS), dem Exzellenzcluster REBIRTH (Von Regenerativer Biologie zu Rekonstruktiver Therapie) und dem Exzellenzcluster QUEST (Center for Quantum Engineering and Space-Time Research). "Diese Initiative ist ein wichtiger Beitrag, die Attraktivität einer wissenschaftlichen Berufsausbildung zu steigern und den wissenschaftlichen Nachwuchs früher zu fördern", erklärt der MHH-Präsident Professor Dr. Dieter Bitter-Suermann.

In wenigen Wochen macht der Gymnasialjahrgang 2011 sein Abitur. In Niedersachsen und Bayern wird es die ersten doppelten Abiturjahrgänge geben. Zum ersten Mal entfallen auch Wehrpflicht und Zivildienst. Daher werden sich in diesem Jahr wesentlich mehr Abiturienten an den Universitäten und Fachhochschulen bewerben, als es Studienplätze gibt. "Wir wollen den Abiturienten mit dem Freiwilligen Wissenschaftlichen Jahr eine Möglichkeit bieten, sich fundiert mit den vielfältigen wissenschaftlichen Berufsfeldern auseinanderzusetzen und hoffen, sie durch Einbindung in praktische Teamarbeit für die Forschung begeistern zu können", sagt Professor Christopher Baum, MHH-Forschungsdekan und Ideengeber für das FWJ.

Der Bund hat 2008 das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) ins Leben gerufen: Neben dem FSJ gibt es inzwischen auch ein Freiwilliges Kulturelles Jahr (FKJ) und Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ). "Unser Ziel ist es, das FWJ als weitere Säule der Freiwilligen Dienste fest zu verankern. Daher hoffen wir, dass das Projekt zahlreiche Nachahmer an anderen Hochschulen und gemeinnützigen Forschungsinstituten findet", ergänzt Professor Baum.

"Das Pilotprojekt bietet Abiturientinnen und Abiturienten eine große Chance, praxisnah Naturwissenschaften und Forschung kennen zu lernen. Wer auf diese Weise wissenschaftliche Arbeit erlebt, gewinnt Orientierung und verliert Berührungsängste, ein Studium in den MINT-Fächern aufzunehmen. Ein solches Angebot kann bundesweit beispielgebend sein", sagt die niedersächsische Wissenschaftsministerin Professor Dr. Johanna Wanka.

Zu den am Pilotprojekt beteiligten Partnerinstitutionen gehören die Leibniz Universität Hannover, das Laser Zentrum Hannover, das Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung Braunschweig sowie das Friedrich-Löffler-Institut in Mariensee.

Weitere Informationen
erhalten Sie bei Dr. Susanne Kruse
Graduiertenschule Hannover Biomedical Research School (HBRS)
Telefon (0511) 532 6011
E-Mail kruse.susanne@mh-hannover.de

Schriftliche Bewerbungen richten Sie bitte an
Nadine Dunker, OE 0009, Zivildienstbüro
Carl-Neuberg Str. 1, 30625 Hannover.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution121

Quelle: Medizinische Hochschule Hannover, Stefan Zorn, 20.05.2011


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Medizinischer Fakultätentag der Bundesrepublik Deutschland - 20.05.2011

Wie hat sich das Medizinstudium verändert?

Wissenschaftliche Auswertung von Studierendenbefragungen

Eine Sonderauswertung von Studierendensurveys der vergangenen zehn Jahre der Universität Konstanz zeigt deutliche Veränderungen der Studiensituation und der studentischen Orientierungen in der Humanmedizin. So stiegen aus Sicht der Studierenden die Zusammenhänge zur Praxis in der Zeit von 2001 bis 2010 um 29 Prozent. Der Wunsch, nach dem Medizinstudium anderen Menschen zu helfen, wuchs im gleichen Zeitraum um 7 Prozent. Mit 83 Prozent liegen auch hier die jungen Mediziner beim Fächervergleich an der Spitze.

Instrument zur Weiterentwicklung von Lehre und Studium

"Die Sonderauswertung der Universität Konstanz für die letzte Dekade der Studierendensurveys des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zeigt Veränderungen im Kontext des Medizinstudiums aus der Sicht von Studierenden auf. Natürlich gibt es für die Lehre und das Studium kontinuierlichen Optimierungsbedarf. Gerade deshalb haben wir die AG Hochschulforschung um die Sonderauswertung gebeten," erläutert Professor Dieter Bitter-Suermann, Präsident des Medizinischen Fakultätentags (MFT). "Wir haben damit ein Instrument erhalten, Verbesserungswünsche besser analysieren zu können."

Einengung durch staatliche Vorschriften

Der Fächervergleich erlaubt auch die Identifikation von Kritiken, die alle Studiengänge gleichermaßen betreffen. Dies gilt insbesondere für Prüfungen. "Prüfungszeiten sollten als Lehraufgaben in den Verordnungen der Länder abgebildet werden, um generelle Verbesserungen im Studium zu erreichen," fordert der MFT-Präsident. Durch die in den letzten Jahren erfolgte massive Erweiterung der Lehr- und Prüfungsfächer des Medizinstudiums durch den Bundesgesetzgeber konnte das erforderliche Faktenwissen bei der Ausbildung nur geringfügig reduziert werden. "Die staatlichen Auflagen führen zu einem zu engen Zeitkorsett, das nur wenig Freiraum für die Allgemeinbildung, die Förderung von Problemlösungsfähigkeiten und die sprachlichen Kompetenzen erlaubt," beklagt Bitter-Suermann. Zum Nutzen des Medizinstudiums zählen die Studierenden aber durchaus die wissenschaftliche Ausbildung für den Arztberuf. Lag der Anteil derjenigen, die das so sahen, im Jahr 2001 bei 66 Prozent, waren es zehn Jahre später 70 Prozent. Im gleichen Zeitraum wurde der Behandlung ethischer Fragen mehr Raum gegeben, diesbezügliche Anforderungen wurden zunehmend (von 29 auf 41 Prozent) als angemessen beurteilt.

Steigender Forschungsbezug

Im Fächervergleich schätzen die Studierenden den Forschungsbezug ihres Studiums sehr hoch ein: 68 Prozent sind der Ansicht, ihr Studienfach zeichne sich durch einen starken bis sehr starken Forschungsbezug aus. Bei der Chemie, Physik, Pharmazie, Biologie und Biotechnologie liegt der Wert bei 63 Prozent. Bei den übrigen Studierenden ist der entsprechende Anteil mit 40 Prozent deutlich niedriger.

In zehn Jahren wurde viel geschafft

In der Studie der Universität Konstanz wird von den Autoren der AG Hochschulforschung festgestellt: "Nahezu alle Wünsche zur Verbesserung des Studiums haben im Vergleich zu früheren Jahren an Dringlichkeit verloren. Dennoch lässt sich nicht bilanzieren, die Studierenden seien "wunschlos" glücklich." Insbesondere die geringen Veränderungen beim BAföG und den Prüfungsanforderungen sind unbefriedigend. Als deutliche Indikatoren für positive Veränderungen können die Abnahme der Wünsche nach mehr Praxisbezug um 36 Prozent und nach mehr Lehrveranstaltungen im kleinen Kreis um 28 Prozent gesehen werden.

Erwartungen an den Nutzen des Studiums

Die Erwartungen der Studierenden an den Nutzen des Medizinstudiums werden deutlich durch die gesellschaftlichen Veränderungen bestimmt. Hofften im Jahr 2001 nur 9 Prozent auf einen sicheren Arbeitsplatz, waren es 2010 schon 63 Prozent. Die Erwartung nach einem guten Einkommen stieg von 22 auf 59 Prozent. Aber auch der Wunsch, die Gesellschaft zu verbessern, wuchs von 33 auf 51 Prozent. Die Identifikation der Studierenden mit dem Medizinstudium stieg von 84 auf 93 Prozent. Sie würden nochmals ein gleiches Studium wählen.

Fachspezifische Evaluationen der Lehre einerseits und fächervergleichende Studierendenbefragungen anderseits sind sich ergänzende Instrumente zur Weiterentwicklung der Hochschulen. Vergleichende Untersuchungen, wie sie durch die AG Hochschulforschung am Fachbereich Geschichte und Soziologie an der Universität Konstanz durchgeführt werden, schaffen dafür wichtige Grundlagen.

Ansprechpartnerin:
Verena Wirwohl - Ass. iur.
MFT - Medizinischer Fakultätentag der Bundesrepublik Deutschland
Alt-Moabit 96, 10559 Berlin
E-Mail: wirwohl@mft-online.de

Die Sonderauswertung ist von der Homepage des MFT abrufbar:
http://www.mft-online.de/dokumente2011/MedizinberichtGesamt.pdf

Der MFT vertritt die Interessen der 36 Medizinischen Fakultäten Deutschlands:
www.mft-online.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution847

Quelle: Medizinischer Fakultätentag der Bundesrepublik Deutschland, Verena Wirwohl, 20.05.2011


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Mai 2011