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MELDUNG/378: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 08.07.11 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen


→  Hochschule Rhein-Waal und Hochschule Anhalt
      Zusammenarbeit beim Aufbau einer Erste-Hilfe-Station und Ausbildungsambulanz in Guatemala
→  Das Greifswalder Forschungsprojekt GANI_MED (Greifswald Approach to Individualized Medicine)
      zur individualisierten Medizin beginnt
→  Impfstoffe: Auf die Präsentation kommt es an
→  Klinische Forschergruppe zur männlichen Unfruchtbarkeit geht in die Verlängerung
→  Neues Helmholtz Virtuelles Institut mit Beteiligung der Freien Universität


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Hochschule Rhein-Waal - 06.07.2011

Anhalt meets Rhein-Waal

Die Hochschule Rhein-Waal und die Hochschule Anhalt arbeiten seit einiger Zeit intensiv beim Aufbau einer Erste-Hilfe-Station und Ausbildungsambulanz in Guatemala sowie bei dem Projekt "N'xus" zusammen. Ein Ergebnis ist die spektakuläre 3D-Konstruktion des historischen Klosters Kamp, die nun im Rahmen der Wanderausstellung "Zeitreise Ruhr" in der Lohnhalle des RAG Bergwerkes West gezeigt wird. Im Rahmen der Ausstellungseröffnung findet die Unterzeichnung einer Kooperationsvereinbarung statt, um die Zusammenarbeit der beiden Hochschulen zu verstetigen. Professor Dr. Marie-Louise Klotz, Präsidentin der Hochschule Rhein-Waal: "Die Kooperation mit der Hochschule Anhalt stärkt die interdisziplinäre Ausrichtung der Hochschule Rhein-Waal. Insbesondere sollen gemeinsame Projekte für und mit den Studierenden und Professoren entstehen."

Auch für Professor Dr. Dießenbacher von der Hochschule Anhalt sind die Entwicklungsvorhaben in Guatemala und das Projekt "N'xus" dafür erste anschauliche Beispiele. "Ich freue mich, dass studentische Projekte dieser Art zu einer engen Zusammenarbeit zwischen zwei räumlich weit voneinander entfernten Hochschulen führen und die unterschiedlichen Disziplinen der kooperierenden Fachbereiche zu einem gemeinsamen Werk führen", so der Professor. "Diese interdisziplinäre Kooperation mit praxisbezogenen Projekten ist ein wesentliches Element der zukunftsorientieren Ausbildung an Hochschulen."

Erste-Hilfe in Guatemala

Die medizinische Versorgung der guatemaltekischen Landbevölkerung in der Region Totonicapán ist verheerend. Hier soll die Kooperation zwischen den Hochschulen Anhalt und Rhein-Waal durch den Aufbau einer Erste-Hilfe-Station und Ausbildungsambulanz einen Beitrag leisten. Das Dorf, in dem bereits eine deutsche Schule steht, unterstützt das Projekt. Zwei Frauen aus dem Indio-Dorf werden bereits als Hebammen ausgebildet, die Dorfbewohner wollen gemeinsam mit unseren Studierenden das Haus bauen. Insbesondere für die Be- und Entwässerung sowie die Energiegewinnung erarbeitet die Fakultät für Kommunikation und Umwelt an der Hochschule Rhein-Waal Konzepte. Daneben entwickelt eine Gruppe von Studierenden der Wirtschaftswissenschaften Möglichkeiten zur Finanzierung und zur Überführung der Station in die Selbstträgerschaft.

"Die Kollegen und die Studierenden aus Anhalt haben in der Vergangenheit die Kosten über Spenden eingeworben sowie Feste und andere Events organisiert, um Geld zu sammeln. Dies ist ein Part, den bei uns neben dem Kollegen Professor Dr. Dießenbacher auch unsere Studierenden unter Leitung von Professor Dr. Scheible in Kamp-Lintfort übernehmen werden", sagt Dekanin Professor Dr. Schramm-Wölk. Professoren der Studiengänge "Environment and Energy", "International Business and Social Sciences" sowie "E-Government" an der Fakultät in Kamp-Lintfort haben sich bereits mehrmals mit den Kollegen der Hochschule Anhalt getroffen. Auch den Studierenden wurde das Projekt vorgestellt mit dem Ergebnis, dass es inzwischen mehr Anfragen als Plätze für das Projekt gibt. Dies ist in Anhalt auch so.

"Soziales Engagement, Teamarbeit, Motivation, kultureller Austausch, Wissen, Erfahrung, Realisierung, nachhaltige Entwicklung: das Projekt ist real. Unsere Studierenden entwickeln Konzepte und legen vor Ort Hand an. Das ist unser Ziel: Die Studierenden der Hochschule Rhein-Waal sollen so praktisch, interdisziplinär und international wie möglich arbeiten", ergänzt Tobias Haverkamp, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät Kommunikation und Umwelt der Hochschule Rhein-Waal.

Eine Zeitreise im Kloster Kamp

In die Lohnhalle des RAG Bergwerkes West in Kamp-Lintfort zieht mit "N'xus" neueste Präsentationstechnik ein. Studierende unterschiedlicher Studiengänge der Hochschule Rhein-Waal entwickeln gemeinsam mit dem Prodekan Prof. Dr. Zimmer und Dr. Dießenbacher ein dreidimensionales Modell des Klosters Kamp. Die Geschichte des ersten Zisterzienserklosters auf deutschem Boden wird mit Hilfe von Computeranimationen sichtbar gemacht und durch reale Aufnahmen angereichert. Die Studierenden nutzen dafür professionelle Softwaretools, die auch für die Herstellung von Kinofilmen eingesetzt werden. Für die Studierenden stehen verschiedene Punkte im Vordergrund, warum sie sich an dem Projekt beteiligen. Die einen sehen es als Bereicherung ihrer Kompetenzen, den anderen macht es "einfach Spaß". Aber auch die Hochschule zu präsentieren, ist für viele wichtig. "Es ist eine gute Gelegenheit die Stadt und die Hochschule näher zusammen zu bringen", sagt Rebecca Schneider eine Studentin der Hochschule und ergänzt direkt: "So sehen die Bürger mal, was wir hier so machen."

Und genau das können die Bürger auch in der N'XUS, eine Entwicklung der Hochschule Anhalt. N'XUS steht für angewandte Forschung. Das mobile "Virtual Reality"-System bietet die Möglichkeit, virtuelle Szenarien der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft realitätsnah und interaktiv zu erleben. Die Einsatzmöglichkeiten reichen von der einfachen Projektion von Filmen, über die Rekonstruktion historischer Gebäude bis hin zur Erstellung komplexer städtebaulicher Situationen.

Das Projekt "Zeitreise Ruhr" will dazu beitragen, die Industriegeschichte der Region einem breiten Publikum erfahrbar zu machen. Die Ausstellungseröffnung ist am 12. Juli in der Lohnhalle des RAG Bergwerkes West und kann vom 13. bis zum 18. Juli täglich von 10-17 besucht werden.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.hochschule-rhein-waal.de

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/de/image146480
Visualisierung des Projekt N'xus

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution1441

Quelle: Hochschule Rhein-Waal, Dr. Nadine Chmura, 06.07.2011


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Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald - 07.07.2011

GANI_MED - Forschungsprojekt der Universitätsmedizin Greifswald startet Patientenstudien

Das Greifswalder Forschungsprojekt GANI_MED (Greifswald Approach to Individualized Medicine) zur individualisierten Medizin beginnt, Patienten aktiv in die Forschungsarbeit einzubeziehen. Nach einjähriger Vorbereitung wird jetzt mit dem Aufbau von Untersuchungsgruppen, sogenannten Patientenkohorten, für sechs häufige Krankheitsbilder begonnen.

In Kombination mit etablierten klinischen Untersuchungsmethoden werden moderne molekularbiologische Mess- und Diagnoseverfahren genutzt, um Therapiestrategien genauer auf die individuellen Bedürfnisse des Einzelnen zuzuschneiden. Im Rahmen des Projektes GANI_MED sollen die Voraussetzungen geschaffen werden, um diese neue Form der medizinischen Versorgung erstmals in Deutschland an einem Universitätsklinikum zu etablieren. Das Projekt GANI_MED läuft seit Herbst 2009 und wird vom BMBF und dem Land Mecklenburg-Vorpommern mit insgesamt 15,4 Millionen Euro gefördert.

Individualisierte Medizin ist ein zentrales Thema für die künftige Entwicklung der Gesundheitsversorgung in Deutschland. Um die Ziele des zukunftsorientierten Forschungsvorhabens zu erreichen, haben sich im GANI_MED-Konsortium ausgewählte universitäre, außeruniversitäre und industrielle Partner aus dem In- und Ausland zusammengeschlossen. Initiator von GANI_MED ist die Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald.

In Greifswald bestehen sehr gute Voraussetzungen für die erfolgreiche Umsetzung dieses Forschungsprojektes. Durch langjährige Arbeiten im Bereich der Bevölkerungsmedizin und der Versorgungsforschung liegen umfangreiche Daten über die Häufigkeit und Verteilung von Risikofaktoren und Erkrankungen in der Allgemeinbevölkerung vor. Insbesondere im Rahmen der SHIP-Studie (Study of Health in Pomerania) werden seit vielen Jahren umfangreiche Basisdaten zum Gesundheitszustand eines repräsentativen regionalen Bevölkerungsquerschnitts erhoben. Außerdem verfügt der Standort Greifswald über viel Erfahrung im Bereich der molekularbiologischen Analytik und über eine der modernsten Universitätskliniken in Deutschland.

Manuela Schwesig Ministerin für Soziales und Gesundheit in Mecklenburg-Vorpommern begrüßt das Projekt. "Ich freue mich, dass wir hier heute in Greifswald einen weiteren Schritt in Richtung Medizin der Zukunft gehen. Gemeinsam mit dem Bund hat das Land rund 15,4 Millionen Euro bereitgestellt, damit wir medizinische Spitzenforschung im Land fördern und halten können."

Das Forschungsprojekt GANI_MED verknüpft nun klinische und bevölkerungsbezogene Forschung in Greifswald. Zentraler Bestandteil von GANI_MED ist der Aufbau von Patientenkohorten für sechs häufige Krankheitsbilder: Schlaganfall, Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz, Fettleber, das Metabolische Syndrom und Parodontalerkrankungen. Durch Vergleich der GANI_MED-Patienten mit gesunden Probanden der bevölkerungsbasierten SHIP-Studie sollen Faktoren identifiziert werden, die für die jeweiligen Krankheiten von Bedeutung sind. Auf den beteiligten Stationen werden die Patienten des Universitätsklinikums durch die behandelnden Ärzte umfassend über das Projekt informiert und können sich freiwillig an diesem Forschungsprojekt beteiligen. Der Einschluss in die Studie erfolgt direkt auf den beteiligten Stationen im Klinikum. Wenn die Patienten einverstanden sind, werden die im Routinebetrieb erhobenen klinischen Daten für wissenschaftliche Fragestellungen ausgewertet.

Darüber hinaus werden den Patienten auf freiwilliger Basis zusätzliche Studienuntersuchungen angeboten und es wird gefragt, ob sich die Patienten durch eine Blutabnahme am Aufbau einer Biomaterialbank für GANI_MED beteiligen möchten.

Die Patientenuntersuchungen wurden in den vergangenen zwölf Monaten umfangreich vorbereitet. Im Rahmen von GANI_MED wurden verschiedene klinische Verfahren in unserem Krankenhaus vereinheitlicht. Hierzu zählen u. a. die Messungen von Blutdruck, Größe, Gewicht und Bauchumfang, diverse Ultraschall-Untersuchungen, die Erhebung der Krankengeschichte und die Dokumentation der vom Patienten verwendeten Medikamente.

Die GANI_MED-Informatiker haben die technischen Voraussetzungen geschaffen, um den Aufbau und das Management der Patientenkohorten abzusichern. In Zusammenarbeit mit den Ärzten wurde eine spezielle Software für den Einsatz auf mobilen klinischen Computern entwickelt. So können sowohl die umfangreichen medizinischen Daten als auch das Einverständnis der Studienteilnehmer dokumentiert und für die Forschung gespeichert werden. Außerdem wurden innovative Analyseverfahren systematisch weiterentwickelt. Hierzu zählen neben genetischen Verfahren insbesondere Methoden der Protein- und Metabolom-Analyse, mit denen Proteinmuster und Stoffwechselprofile abgebildet werden.

Ab dem 7. Juli 2011 beginnt nun der Aufbau der Patientenkohorten für die oben genannten Krankheitsbilder und somit die aktive Beteiligung von Patienten der Universitätsmedizin Greifswald an diesem Forschungsprojekt.

Ansprechpartner an der Universität Greifswald
Prof. Wolfgang Lieb
Institut für Community Medicine
Abteilung SHIP / GANI_MED
Walther-Rathenau-Straße 48, 17487 Greifswald
wolfgang.lieb@uni-greifswald.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.uni-greifswald.de/fileadmin/mp/6_informieren/Pressestelle/Aktuell/Dokumente_und_PDF/2011/Programm_20110707.pdf
(Programm Pressegespräch und Vorstellung der Studie)
http://www.medizin.uni-greifswald.de/GANI_MED/index.php?id=235
(GANI_MED)
http://www.medizin.uni-greifswald.de/index.php?id=14
(Universitätsmedizin)
http://www.medizin.uni-greifswald.de/GANI_MED/index.php?id=654
(Patienteninformationen)

Das Projekt GANI_MED
läuft seit Herbst 2009 und wird vom BMBF und dem Land Mecklenburg-Vorpommern mit insgesamt 15,4 Millionen Euro gefördert. Alle Fakultäten der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald sind am GANI_MED-Projekt beteiligt, um Individualisierte Medizin umfassend und ganzheitlich untersuchen zu können.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution65

Quelle: Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Jan Meßerschmidt, 07.07.2011


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Universitätsklinikum Freiburg, Patrick Kunkel, 07.07.2011

Impfstoffe - Auf die Präsentation kommt es an

Forscher des Universitätsklinikums Freiburg entwickeln eine Technologie, die den Weg für eine neue Generation von Impfstoffen frei macht

Eine ganze Reihe von Krankheiten lassen sich durch vorbeugende Impfung verhindern. "Ein Impfstoff soll dem Erreger möglichst ähnlich sehen und trotzdem kein eigenes Infektionsrisiko beinhalten", erklärt Professor Michael Nassal aus der Abteilung Innere Medizin II / Molekulare Biologie des Universitätsklinikums Freiburg. Der Impfstoff ahmt dabei molekulare Strukturen (Antigene) eines Krankheitserregers nach.

Das Immunsystem reagiert darauf mit der Bildung passender Antikörper, die wiederum bei einer tatsächlichen Infektion den Erreger sofort erkennen und dessen Ausbreitung verhindern - im besten Fall. Denn oft reagiert das Immunsystem gar nicht auf Antigene und bildet auch keinen Schutz gegen einen späteren Angriff echter Viren: "In isolierter Form lösen die meisten Antigene nur sehr schwache Immunantworten aus", erklärt Professor Nassal. "Eine Impfung würde dann keinen Schutz gegen die echten Erreger bieten."

Die Forschergruppe um den Freiburger Molekularvirologen hat nun eine Möglichkeit entdeckt, dieses Problem zu umgehen: "Wir haben eine neue Technologie entwickelt, mit deren Hilfe vielfältigste Antigene aus unterschiedlichen Erregern in eine impfstoffgeeignete Form gebracht werden können", sagt Nassal. Vielfache Kopien eines Antigens werden auf Trägerpartikel aufgebracht, die eine starke Immunantwort auslösen. Mit einer Größe im Nanobereich haben die verwendeten Trägerpartikel eine besonders starke immunstimulierende Wirkung und sind deshalb eine perfekte Präsentationsplattform für viele Antigene. Auf diese Weise wird die gewünschte Immunantwort ausgelöst - und ein Impfschutz entsteht.

Im neuen Nature Journal "Scientific Reports" berichten Nassal und seine Mitarbeiter Dr. Andreas Walker und Dr. Claudia Skamel von ihrer Entdeckung, auf deren Grundlage künftig eine neue Generation von Impfstoffen hergestellt werden könnte, die den gewünschten Immunschutz hervorrufen. So konnten die Forscher bereits an Mäusen erfolgreich einen Impfstoff gegen Borreliose testen. Aufgrund der zahlreichen Anwendungsmöglichkeiten für neue Impfstoffe, aber auch in Diagnostik und Grundlagenforschung, hat das Universitätsklinikum Freiburg ein Patent auf die neue Technologie angemeldet.

Kontakt:
Prof. Dr. Michael Nassal
Abteilung Innere Medizin II / Molekulare Biologie
E-Mail: michael.nassal@uniklinik-freiburg.de

Veröffentlichung in Scientific Reports:
Walker, A., Skamel, C. & Nassal M.:
"SplitCore: An exceptionally versatile viral nanoparticle for native whole protein display regardless of 3D structure."
Sci. Rep. 1, 5
DOI: 10.1038/srep00005 (2011)

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.nature.com/srep/2011/110614/srep00005/full/srep00005.html

Hintergrund
"Unabdingbar für den Impferfolg ist die Wahl des richtigen Antigens und sein Vorliegen in derselben räumlichen Struktur wie auf dem Erreger selbst", sagt Professor Michael Nassal: "Mittels rekombinanter DNA-Technologie lassen sich heute viele Protein-Antigene herstellen. Die meisten lösen in dieser Form aber nur schwache, nicht schützende Immunantworten aus."

Dagegen reagiert das Immunsystem ganz massiv, wenn ihm die Antigene in vielfacher Kopie präsentiert werden. Doch dazu sind bestimmte Trägerpartikel nötig, deren Durchmesser im Nanometer-Bereich liegen. Michael Nassal und seine Mitarbeiter haben entdeckt, dass sich besonders die Proteinhüllen von Viren, die so genannten Kapside, als Trägerpartikel eignen. Besonders brauchbare Impfstoffträger sind Kapside des Hepatitis B Virus (HBV): "Infektiös sind diese Hüllen nicht mehr, weil wir alle anderen Komponenten des echten Virus entfernen können", erklärt Nassal. "Bislang war es technisch möglich, kurze Fremdproteine in die Aminosäuresequenz des Kapsidproteins einzufügen, ohne die Partikelbildung zu stören - und tatsächlich lösen die modifizierten Partikel eine starke Immunantwort gegen die Fremdsequenz aus."

Allerdings seien solche kurzen Peptide als Impfstoffe wenig geeignet, da sie nur einen ganz kleinen Teil des Antigens abbilden. "Ideal wäre daher, stattdessen das gesamte Protein-Antigen - oft mehrere hundert Aminosäuren lang und mit komplexer dreidimensionaler Struktur - auf den Trägerpartikeln zu präsentieren. Hierzu müssen aber Anfang und Ende der zu präsentierenden Proteinkette in die Struktur des Trägerproteins passen, ohne dass die Struktur von Träger und Fremdprotein gestört wird - was fast nie der Fall ist." Genau dieses Problem konnten Nassal und seine Mitarbeiter lösen: Erstmals zeigten sie, dass ein in zwei Hälften geteiltes HBV Kapsidprotein ("SplitCore") noch spontan Partikel bildet. Die Insertionsstelle für Fremdproteine auf der Partikeloberfläche ist nun offen, die Fremdproteinkette muss nur noch über eines ihrer Enden mit dem Träger verknüpft werden.

"Dies unterbindet die bei der konventionellen beidseitigen Verknüpfung praktisch unvermeidlichen sterischen Spannungen, die bisher die erfolgreiche Präsentation der meisten Proteinantigene auf den Nanopartikeln verhinderten" erklärt Nassal. Mit der neuen Technologie können nun die vielfältigsten Proteinantigene aus unterschiedlichsten Erregern in eine impfstoffgeeignete Form gebracht werden. Beispielhaft zeigt die Forschergruppe dies an Antigenen der Erreger von Lyme-Borreliose und Malaria. In Zusammenarbeit mit Professor Markus Simon vom Max-Planck-Institut für Immunbiologie, Freiburg, und Professor Reinhard Wallich vom Institut für Immunologie des Universitätsklinikums Heidelberg, konnten sie im Tiermodell zeigen, dass die Impfung mit den modifizierten Partikeln tatsächlich vor Borreliose schützt. Mit US-Kollegen in San Diegeo gelang der Nachweis, dass mit einem Malaria-Antigen modifizierte Partikel in Mäusen überaus starke malariaspezifische Immunantworten auslösen.

Darüber hinaus können mit der neuen Technologie zum Beispiel auch fluoreszierende Partikel hergestellt werden, die zusätzliche Erkennungsmodule auf ihrer Oberfläche tragen, die das Andocken an spezifische Zielstrukturen ermöglichen und diese so sichtbar machen.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution1401

Quelle: Universitätsklinikum Freiburg, Patrick Kunkel, 07.07.2011


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Justus-Liebig-Universität Gießen - 07.07.2011

Klinische Forschergruppe zur männlichen Unfruchtbarkeit geht in die Verlängerung

Über 3 Millionen Euro Gesamtförderung

Die vor drei Jahren eingerichtete Klinische Forschergruppe "KFO 181: Male factor infertility due to impaired spermatogenesis" (Männliche Infertilität durch Spermatogenesestörungen) geht in die Verlängerung. Wie die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) Ende letzter Woche mitteilte, wird sie die Forschergruppe (Sprecher: Prof. Dr. Wolfgang Weidner; Leiter: Prof. Dr. Klaus Steger, Klinik für Urologie, Kinderurologie und Andrologie) für weitere drei Jahre fördern. Ziel der Forschergruppe ist die Verbesserung der Diagnose männlicher Unfruchtbarkeit durch die Untersuchung von molekularen Ursachen einer gestörten Samenzellbildung im Hoden. Die Gesamtförderung umfasst 3,387 Millionen Euro für die nächsten drei Jahre und beinhaltet Stellen für zehn Wissenschaftler und neun technische Angestellte.

Die Forschergruppe gliedert sich in ein Zentralprojekt und acht Einzelprojekte. Das sind zwei Projekte mehr als in der ersten Förderperiode. Von der Urologischen Klinik sind vier Wissenschaftler (Dr. Agnieszka Paradowska, PD Dr. Undraga Schagdarsurengin, Prof. Dr. Klaus Steger, Prof. Dr. Wolfgang Weidner), vom Anatomischen Institut drei Wissenschaftler (Prof. Dr. Eveline Baumgart-Vogt, Prof. Dr. Andreas Meinhardt, Prof. Dr. Ralf Middendorff) beteiligt. Weitere Wissenschaftler kommen aus der Medizinischen Mikrobiologie (Prof. Dr. Trinad Chakraborty), der Frauenklinik (PD Dr. Lutz Konrad) und der Inneren Medizin (Prof. Dr. Thomas Linn). Auch die Philipps-Universität Marburg stellt ein Projekt (Dr. Christina Rathke, Prof. Dr. Renate Renkawitz-Pohl, Fachbereich Biologie). Hervorzuheben ist, dass fünf von zwölf Antragstellern Frauen sind, drei davon gelten als hoffnungsvolle Nachwuchswissenschaftlerinnen.

Kontakt:
Professor Dr. Wolfgang Weidner
Direktor der Klinik und Poliklinik für Urologie, Kinderurologie und Andrologie
Rudolf-Buchheim-Straße 7, 35385 Gießen
E-Mail: Wolfgang.Weidner@chiru.med.uni-giessen.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.uni-giessen.de/cms/fbz/fb11/forschung/forschergruppen/kfo_181

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution217

Quelle: Justus-Liebig-Universität Gießen, Lisa Dittrich, 07.07.2011


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Freie Universität Berlin - 07.07.2011

Neues Helmholtz Virtuelles Institut mit Beteiligung der Freien Universität

Die Charakterisierung und das Verständnis von Biomaterial-Protein-Wechselwirkungen ist das Thema eines neuen Helmholtz Virtuellen Instituts (HVI) "Multifunktionale Biomaterialien für die Medizin". Es erhielt eine fünfjährige Förderung durch die Helmholtz-Gemeinschaft. Kernpartner sind neben dem federführenden Helmholtz-Zentrum Geesthacht in Teltow (HZG) das Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) und die Freie Universität Berlin.

Das Helmholtz Virtuelle Institut (HVI) soll neue Forschungsstrukturen aufbauen, um komplexe Fragen rund um die Wechselwirkungen zwischen Biomaterialien und körpereigenen Proteinen zu beantworten. Ein weiteres Ziel ist es, die Vernetzung der Freien Universität mit den beiden Helmholtz-Partnern zu stärken. Ziel des HVI unter Leitung von Matthias Ballauff (HZB), Rainer Haag (Freie Universität Berlin) und Andreas Lendlein (HZG) ist es, die Wechselwirkungen zwischen Proteinen und polymeren Biomaterialien zu untersuchen, die bislang noch nicht ausreichend verstanden und kontrollierbar sind. Für moderne Konzepte medizinischer Therapien ist der Einsatz multifunktionaler Biomaterialien häufig essenziell, weil der Einfluss der Proteinadsorption die Biofunktionalität der Biomaterialien verändern kann. Bei den Biomaterialien kann es sich beispielsweise um Implantatmaterialien im Körper handeln, um Träger von Wirkstoffen oder um Materialien, die in Kontakt mit Körperflüssigkeiten außerhalb des Körpers stehen, etwa Membranen bei der Dialyse. Die Wechselwirkungen zwischen diesen Biomaterialien und den körpereigenen Proteinen bestimmen dabei grundlegend die Eigenschaften und das Verhalten dieser Materialien: Oft bilden körpereigene Proteine eine feste Schicht auf der Oberfläche von Biomaterialien, sie beeinflussen oder initiieren damit weitere biologische Reaktionen oder bestimmen, wie Zellen aneinanderhaften.

Andreas Lendlein, Leiter des Instituts für Polymerforschung des HZG in Teltow und Sprecher des Virtuellen Institutes freut sich gemeinsam mit seinen Partnern: "Mit Einrichtung des neuen Virtuellen Institutes können wir die spannenden Fragen zu Protein-Material-Interaktionen bearbeiten und dazu gleichzeitig ein Kompetenzzentrum gemeinsam mit weiteren assoziierten nationalen und internationalen Partnern sowie der Industrie schaffen. Dabei ist uns insbesondere auch die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses wichtig."

Die drei Partner werden das Forschungsthema in den kommenden Jahren in enger Kooperation mit weiteren nationalen wie auch internationalen Partnern bearbeiten. Assoziierte Partner des Forscherteams sind die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, die Harvard-Universität in Cambridge (USA) die Universität Tokyo (Japan) und die Sichuan-Universität in Chengdu (China); hinzu kommen als Industriepartner die mivenion GmbH und die Fresenius Medical Care AG.

Die Freie Universität Berlin bietet mit dem "Center for International Cooperation" (CIC) und der "Dahlem Research School" (DRS) ausgezeichnete Dachstrukturen für internationale Kooperationen und Wissenschaftlerkontakte sowie die begleitende Ausbildung von Doktoranden in wichtigen Schlüsselkompetenzen.

Weitere Informationen

HZG
Dr. Christiane Eisold
Zentrum für Biomaterialentwicklung
Helmholtz-Zentrum Geesthacht
Kantstr. 55, 14513 Teltow,
E-Mail: christiane.eisold@hzg.de

Freie Universität Berlin
Prof. Dr. Rainer Haag
Institut für Chemie und Biochemie der Freien Universität Berlin
E-Mail: haag@chemie.fu-berlin.de

Hintergrund:
Helmholtz Virtuelle Institute sind ein Instrument der Helmholtz-Gemeinschaft, um die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Helmholtz-Zentren neu zu initiieren und zu festigen. Sie besitzen eine eigene Führungs- und Managementstruktur und werden von der Helmholtz-Gemeinschaft und den beteiligten Partnern bis zu fünf Jahre mit einer Summe von bis zu 900.000 Euro pro Jahr gefördert. Ziel ist die Stärkung universitärer Forschung durch Errichtung sichtbarer Kompetenzzentren und die Vernetzung mit Zentren der Helmholtz-Gemeinschaft als der größten deutschen Wissenschaftsorganisation. Virtuelle Institute sollen als Kern für zukünftige größere strategische Forschungsvorhaben dienen. Schwerpunkte der Virtuellen Institute sind neben einer Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses auch eine starke internationale Vernetzung.

Die Freie Universität Berlin ist eine von deutschlandweit neun Universitäten, die in der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder den Status einer Exzellenzuniversität erhalten haben. Die Freie Universität wurde für ihr Zukunftskonzept "Internationale Netzwerkuniversität" ausgezeichnet. Im Jahr 2007 wurde an der Universität die Focus Area "Nanoskalige Funktionsmaterialien" als zentrale Forschungsplattform gegründet, in der Wissenschaftler aus den Fachrichtungen Chemie, Physik, Biochemie und Pharmazie bis in die Veterinär- und Humanmedizin hinein eng vernetzt an Themen aus den Gebieten Supramolekulare Interaktionen, Biomembranen, Hybride Materialien und Nanomedizin forschen.

Die starke Verbindung von Naturwissenschaftlern des Forschungscampus Dahlem der Freien Universität Berlin mit klinischen Forschern der Charité - Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin, sowie die enge Kooperation mit den lokalen außeruniversitären Forschungsinstituten der Helmholtz-Gemeinschaft sowie mit weiteren Institutionen der Region trägt zu einer Festigung des Forschungsstandorts im Berliner Südwesten bei.

Das Helmholtz-Zentrum für Materialien und Energie (HZB) betreibt und entwickelt Großgeräte für die Forschung mit Photonen (Synchrotronstrahlung) und Neutronen mit international konkurrenzfähigen oder sogar einmaligen Experimentiermöglichkeiten. Diese Möglichkeiten werden jährlich von mehr als 2500 Gästen aus Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen weltweit genutzt. Das Helmholtz-Zentrum Berlin betreibt Materialforschung zu solchen Themen, die besondere Anforderungen an die Großgeräte stellen. Forschungsthemen sind Materialforschung für die Energietechnologien, Magnetische Materialien und Funktionale Materialien. Am HZB arbeiten rund 1100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon etwa 800 auf dem Lise-Meitner-Campus in Wannsee und 300 auf dem Wilhelm-Conrad-Röntgen-Campus in Adlershof.

Im Mittelpunkt der Forschung am Zentrum für Biomaterialentwicklung des Helmholtz-Zentrums Geestacht (HZG) in Teltow steht die Entwicklung von innovativen polymerbasierten Biomaterialien, die die komplexen Anforderungen für medizinische Anwendungen insbesondere für Regenerative Therapien erfüllen. Ein besonderes Anliegen ist der Brückenschlag zwischen der Grundlagenforschung und der Umsetzung der Ergebnisse in klinischen Anwendungen. Dazu verfolgt das HZG einen interdisziplinären Forschungsansatz und steht in enger Kooperation mit Kliniken und der Industrie. Alle Anforderungen an künftige medizinische Produkte können so von Anfang an bei der Entwicklung berücksichtigt werden. Damit leistet das HZG einen Beitrag zur Vorsorgeforschung durch zukunftsorientierte Technologien.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/de/institution9

Quelle: Freie Universität Berlin, Carsten Wette, 07.07.2011


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Juli 2011