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MELDUNG/678: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 09.04.13 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen

→  Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin verleit Preis für Freiburger Nieren-Studie
→  ZOBEL - Neues Zentrum soll bessere Versorgung von älteren Patienten
      mit Tumorerkrankungen gewährleisten



Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e. V. - 08.04.2013

DGIM Preis für Freiburger Nieren-Studie

119. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM)
6. bis 9. April 2013, Rhein-Main-Hallen Wiesbaden

Theodor-Frerichs-Preis der DGIM für Freiburger Nachwuchsforscher
Entwicklung von Nierenkanälchen folgt alten Bauplänen

Wiesbaden - In der Niere befreien eine Million mikroskopisch kleiner Kanälchen den Körper ständig von Schadstoffen, halten dabei aber lebenswichtige Substanzen zurück und regulieren so die Zusammensetzung des Blutes. Für neue Erkenntnisse zur vorgeburtlichen Entwicklung dieser Nierenkanälchen ehrt die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM) den Arzt Dr. med. Soeren Lienkamp mit dem Theodor-Frerichs-Preis.

Die prämierte Publikation in Nature Genetics erlaubt nach Einschätzung der DGIM neue Einblicke in die Entstehung von Nierenzysten. Der Preis ist mit 30.000 Euro dotiert. Die DGIM verlieh ihn am 7. April 2013 im Rahmen der festlichen Abendveranstaltung des 119. Internistenkongresses im Wiesbadener Kurhaus.

Weltweit leiden etwa zwölf Millionen Menschen an Zystennieren. Die flüssigkeitsgefüllten Blasen vergrößern sich im Verlauf des Lebens und verdrängen allmählich das gesunde Nierengewebe. "Zystische Nierenerkrankungen gehören nach wie vor zu den häufigsten Ursachen für ein Nierenversagen mit der Notwendigkeit zur Dialyse", sagt Professor Dr. med. Ulrich R. Fölsch, Generalsekretär der DGIM. Viele Zystennieren sind genetisch bedingt, was auf eine Entwicklungsstörung der Nierenkanälchen hinweist. Denn von hier nehmen die Zysten ihren Ausgang. Eine Voraussetzung für deren Erforschung ist deshalb die Kenntnis der Entwicklung der Kanälchen.

Mithilfe der modernen konfokalen Lasermikroskopie beobachtete Lienkamp erstmals an Kaulquappen in Echtzeit, wie sich Zellhaufen langsam zu Nierenkanälchen strecken. Dabei verbinden sich zunächst mehrere Zellen zu einer Art Rosette. Danach formieren sie sich zu einem Schlauch. Den Antrieb hierfür liefert das Muskeleiweiß Myosin. Ein ähnlicher Mechanismus ist bereits für die Nierenentwicklung bei Fruchtfliegen beschrieben. Die Studien des 1978 in Essen geborenen Assistenzarztes bestätigen dies nun. Und sie legen nahe, dass es sich hier um einen in der Evolution stabilen und damit wichtigen Vorgang handelt, so die Juroren der DGIM.

In der Laudatio hebt die DGIM-Jury eine weitere Entdeckung hervor: Dr. Lienkamp zeigte, dass dieselben Signale für Rosettenbildung und Streckung der Nierenkanälchen bei der Kaulquappe auch die Entwicklung des menschlichen Embryos steuern. Auch dies belegt, dass die Nierenentwicklung nach bewährten Bauplänen abläuft. "Die Bedeutung der Ergebnisse für unser Verständnis zur Entstehung zystischer Nierenerkrankungen ist evident", sagt Professor Fölsch. Besonders herauszustellen sei, dass die Arbeit in einem klinischen Umfeld entstanden ist und auf konsequente Vorarbeiten des Preisträgers in der Klinik fußt. Sie belege in herausragender Weise, dass grundlagenbezogene Studien wesentlich zum Krankheitsverständnis beitragen können.

Der DGIM-Preis ist nach dem Präsidenten des ersten Deutschen Kongresses für Innere Medizin - dem Internisten Friedrich Theodor von Frerichs - benannt. Mit dem Preis würdigt die DGIM die beste zur Bewerbung eingereichte, möglichst klinisch-experimentelle Arbeit auf diesem Gebiet im deutschsprachigen Raum. Die Fachgesellschaft verleiht die Auszeichnung jährlich im Rahmen der festlichen Abendveranstaltung ihrer Jahrestagung in Wiesbaden.

Literatur:
Lienkamp SS, Liu K, Karner CM, Carroll TJ, Ronneberger O, Wallingford JB, Walz G.
Vertebrate kidney tubules elongate using a planar cell polarity-dependent, rosette-based mechanism of convergent extension.
Nature Genetics 2012; 44: 1382-7

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1248

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e. V., Anna Julia Voormann, 08.04.2013

Raute

Universitätsmedizin Mannheim - 08.04.2013

ZOBEL in der Metropolregion Rhein Neckar

Gründung eines regional und national einzigartigen Zentrums zur Verbesserung der Versorgung und Forschung in der geriatrischen Onkologie

Zobel bezeichnet nicht allein ein Pelztier. ZOBEL steht nun auch für ein Zentrum, das sich eine bessere Versorgung von älteren Patienten mit Tumorerkrankungen zum Ziel gesetzt hat, das "Zentrum für Geriatrische Onkologie und Biologie in der Metropolregion Rhein Neckar". Das Zentrum nimmt sich damit einer Versorgungslücke an, die eine Vielzahl von Patienten betrifft. Von den rund 2,4 Mio. Menschen, die in der Metropolregion Rhein Neckar leben, sind etwa 25 Prozent 60 Jahre und älter.

Das Projekt ZOBEL erhält eine Anschubfinanzierung durch das Land Baden-Württemberg in Höhe von rund 635.000 Euro bis Ende 2014. Die Mittel kommen aus der "Perspektivförderung" im Rahmen des Innovationsfonds Medizin. Das Zentrum ist an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg angesiedelt und wird von Professor Dr. Matthias Ebert, Direktor der II. Medizinischen Klinik der Universitätsmedizin Mannheim (UMM), geleitet. ZOBEL will einerseits bestehende Defizite in der Versorgung der geriatrischen Tumorpatienten in der Metropolregion beheben sowie Forschungsaktivitäten und Weiterbildungsmaßnahmen in der geriatrischen Onkologie und Biologie im klinischen und präklinischen Bereich entwickeln.

Aufgrund der höheren Lebenserwartung nimmt der Anteil älterer Menschen stetig zu. Damit steigt gleichzeitig die Zahl von Tumorerkrankungen, die sich bekanntlich im Alter häufen. Der Vielzahl von Tumorpatienten im fortgeschrittenen Alter steht ein Mangel an wissenschaftlichen Daten über Tumorerkrankungen speziell dieser Altersgruppe gegenüber, der auch die Versorgung dieser Patienten beeinträchtigt.

Obwohl sich die Krebsmedizin stetig weiter entwickelt, tritt sie in Bezug auf den älteren Menschen auf der Stelle. Es fehlt an wissenschaftlichen Erkenntnissen zu den besonderen biologischen Charakteristika von Tumoren in der alternden Bevölkerung, und wie diese am besten zu behandeln sind. Dies gilt insbesondere für Patienten, die gleichzeitig unter mehreren Erkrankungen leiden (Multimorbidität).

Diese Erkenntnisse sind unter anderem deshalb nicht verfügbar, weil alte Menschen - insbesondere solche mit einschlägig geriatrischen Komorbiditäten oder eingeschränkter Funktionalität - nicht in klinische Studien eingeschlossen werden. Tumorerkrankungen bei älteren Menschen müssen separat als geriatrische onkologische Erkrankungen erforscht werden. Bislang fehlt es jedoch an entsprechenden Netzwerken und der notwendigen Struktur, um die geriatrische Onkologie als Forschungsschwerpunkt zu etablieren und spezielle klinische Studien in dieser Altersgruppe durchzuführen.

Genau hier setzt ZOBEL an. Das Zentrum führt die verschiedenen Bereiche der Onkologie, der Geriatrie und der Versorgungsforschung sowie wissenschaftliche Arbeitsgruppen mit Schwerpunkten in der Tumorbiologie der Metropolregion Rhein Neckar zusammen. Die onkologischen Schwerpunkte beider Medizinischen Fakultäten der Universität Heidelberg, in Mannheim und Heidelberg, sind beteiligt, das Interdisziplinäre Tumorzentrum Mannheim (ITM) und das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) in Heidelberg, sowie weitere Forschungseinrichtungen in der Region, die sich der Grundlagenforschung und der klinischen Forschung widmen.

Eine Vernetzung soll auch mit den niedergelassenen Ärzten sowie Ärzten an den verschiedenen stationären Einrichtungen in der Region stattfinden. Um die geriatrische Onkologie nachhaltig zu implementieren, wird beispielsweise auch die Aus- und Weiterbildung in der geriatrischen Onkologie gefördert. Ebenso soll die Selbsthilfe ausgebaut werden, mit speziellen Angeboten für Patienten in der Metropolregion.

Ein solches überregionales Zentrum für die geriatrische Onkologie ist bislang in Deutschland nicht etabliert.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution400

Quelle: Universitätsmedizin Mannheim, Dr. Eva Maria Wellnitz, 08.04.2013

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. April 2013