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MELDUNG/738: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 22.01.14 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen

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Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE) - 21.01.2014

Zwei Millionen Euro für Münchner Demenzforscher

Professor Dieter Edbauer (37) vom Münchner Standort des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) erhält einen mit rund zwei Millionen Euro dotierten "Consolidator Grant" des Europäischen Forschungsrats (ERC). Die Auszeichnung geht an junge Forscher, die mit ihren Projekten wissenschaftliches Neuland betreten. Mit der finanziellen Unterstützung möchte Edbauer bislang unheilbare Hirnerkrankungen untersuchen und Maßnahmen zu deren Behandlung entwickeln. Dabei geht es um die häufigste erbliche Variante der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS) und Frontotemporalen Demenz (FTD).

Diese Krankheiten überlappen in ihren Ursachen und Symptomen. Sie können mit Demenz, Persönlichkeitsveränderungen und auch mit Sprach- und Bewegungsstörungen einhergehen. Oft versterben die Patienten innerhalb weniger Jahre.

Im Fokus des Münchner Molekularbiologen stehen höchst sonderbare Proteine, die im Gehirn der Patienten verklumpen. Erst vor wenigen Monaten konnten Edbauer und seine Kollegen die Zusammensetzung und Herkunft dieser Eiweißmoleküle entschlüsseln.

"Diese Proteine bestehen aus einer Kette immer gleicher Bausteine. Wir nennen sie Dipeptid-Repeat-Proteine, kurz DPRs. Im Körper kommen sie normalerweise gar nicht vor. Sie sind also sehr ungewöhnlich", erläutert Edbauer, der am Münchner Standort des DZNE eine Arbeitsgruppe leitet.

Übersetzungsfehler im Gehirn

Die Forscher konnten diese Proteine auf eine genetische Besonderheit zurückführen. "Auf der DNA dieser Patienten gibt es einen bestimmten Abschnitt, der sich hundert- oder sogar tausendfach wiederholt. Bei gesunden Personen kommt diese Sequenz weniger als 30-mal vor. Erstaunlich ist allerdings, dass daraus Proteine entstehen. Denn diese Wiederholungen liegen in einem Bereich des Erbguts, der eigentlich nicht in Proteine übersetzt wird", so der Molekularbiologe.

Was diese Proteine genau bewirken, ist unklar. "Wir wissen sehr wenig über ihre Wirkung und Eigenschaften. Mit unserem Projekt betreten wir wissenschaftliches Neuland", sagt Edbauer. "Es scheint, dass die DPRs für den Organismus völlig nutzlos sind und dass sie die Nervenzellen schädigen. Das möchten wir genauer untersuchen. Außerdem wollen wir herausfinden, wie diese Proteine hergestellt werden, weil gänzlich unklar ist, warum dieser besondere Genombereich überhaupt übersetzt wird."

Zielgerichtete Therapie

Edbauers Team wird neben Gewebeproben von Patienten auch Zellkulturen und Mäuse mit gentechnisch verändertem Erbgut untersuchen, um neue Ansatzpunkte für eine Therapie zu finden. "Wir möchten Wirkstoffe testen, die die Herstellung dieser Proteine verhindern oder deren Verklumpung ausbremsen", beschreibt er das Forschungsvorhaben.

Die Maßnahmen zur Behandlung von ALS und FTD, die derzeit verfügbar sind, können bestenfalls Symptome lindern. Bislang gäbe es keine Möglichkeit, den Krankheitsverlauf zu stoppen, erläutert Edbauer: "Die DPRs könnten ideale Angriffspunkte für eine spezifische Therapie sein, weil sie bei gesunden Menschen nicht vorkommen. Wenn wir gezielt gegen diese Proteine vorgehen, dann sollten wir damit keine lebenswichtigen Stoffwechselvorgänge durcheinander bringen. Das minimiert die Gefahr von Nebenwirkungen."

Die Förderung durch das ERC sieht der Münchner Forscher als große Chance: "Ich hoffe, dass wir einen wichtigen Schritt in Richtung einer ursächlichen Therapie machen können, die diese verhängnisvollen Erkrankungen an der Wurzel packt."

Zweiter Grant für das DZNE

Mit dem "Consolidator Grant" würdigt der ERC Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler, die an zukunftsweisenden Projekten arbeiten. Die Fördermittel werden in einem höchst kompetitiven Auswahlverfahren vergeben und verteilen sich über einen Zeitraum von fünf Jahren. Mit Dieter Edbauer zeichnet das ERC zum zweiten Mal einen Wissenschaftler des DZNE aus: ein "Starting Grant" ging bereits an Prof. Thomas Wolbers vom DZNE-Standort Magdeburg.

Dieter Edbauer (geb. 1976) studierte Medizin in München und promovierte 2001 am Genzentrum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU). Von 2001 bis 2004 war er am Adolf-Butenandt-Institut der LMU tätig. Darauf folgte ein fünfjähriger Forschungsaufenthalt am renommierten Massachusetts Institute of Technology in den USA. Seit 2009 leitet er eine Helmholtz-Nachwuchsgruppe am Münchner Standort des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE).

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1369

Quelle: Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE), Dr. Marcus Neitzert, 21.01.2014

Raute

Universitätsklinikum Jena - 21.01.2014

Jena wird "Gesundheitsregion von morgen"

Sechs Millionen Euro für "VorteilJena": Innovationsnetzwerk von Universitätsklinikum Jena (UKJ), Friedrich-Schiller-Universität Jena und Ernst-Abbe-Fachhochschule Jena gewinnt bei Bundeswettbewerb

Mit rund sechs Millionen Euro wird in den kommenden vier Jahren die Gesundheitsregion Jena gefördert. Das Geld fließt in die Arbeit des Innovationsnetzwerks "VorteilJena". Dahinter stehen das Universitätsklinikum Jena (UKJ), die Friedrich-Schiller-Universität Jena, die Ernst Abbe-Fachhochschule Jena sowie eine Vielzahl von weiteren Projektpartnern. Gemeinsam soll in acht Forschungsprojekten der Zusammenhang von sozialer Teilhabe und Gesundheit untersucht und in das öffentliche Bewusstsein gerückt werden. Die Förderung erfolgt durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmenprogramm "Gesundheitsforschung" der Bundesregierung. Das teilte das Bundesministerium heute (21.01.) in Berlin mit.

Eine Expertenjury hatte dazu aus 78 eingereichten Projektskizzen die fünf besten regionalen Projekte ausgewählt. Den gemeinsamen Antrag für das regionale Netzwerk hatten Prof. Dr. Bernhard Strauß und Privat-Dozent Dr. Uwe Berger vom Institut für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums Jena (UKJ) gestellt.

"Wir wollen modernen Volkskrankheiten, wie Übergewicht, Diabetes und psychischen Erkrankungen entgegenwirken. Solche Erkrankungen führen häufig zu weiteren Krankheitsbildern, deren Folgekosten für unser Gesundheitssystem enorm sind. Daher werden wir in der gesamten Region Jena mit Betrieben, öffentlichen Einrichtungen, Vereinen und Einzelpersonen zusammen arbeiten", erklärt Privat-Dozent Dr. Uwe Berger vom Institut für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie des UKJ, er ist Sprecher des Innovationsnetzwerks "VorteilJena".

Im Mittelpunkt stehen dabei die sozialen Lebenswelten "Lernen", "Arbeiten" und "Altern". Dr. Berger: "Es reicht heute nicht mehr aus, nur einzelne Zielgruppen oder ausgewählte Gesundheitsrisiken in den Mittelpunkt zu stellen. In unserem Netzwerk betrachten wir daher Gesundheit als gesamtgesellschaftliche Herausforderung über die gesamte Lebensspanne." Entsprechend groß ist daher auch die Anzahl der Projektpartner des Netzwerks in der Region Jena: Die Liste reicht von Kindertagesstätten, Schulen, Alteneinrichtungen, Betrieben, über Krankenkassen,Sportvereine, öffentliche Einrichtungen bis hin zur Stadt Jena.

Berger selbst koordiniert zusammen mit Dr. Katharina Wick die Teilprojekte im Bereich "Gesund Lernen", die Projekte im Themenfeld "Gesund Arbeiten" werden von Prof. Dr. Heike Kraußlach von der Ernst-Abbe-Hochschule Jena koordiniert, Prof. Dr. Bernhard Strauß (Direktor des Instituts für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie des UKJ) und Diplom-Psychologin Sarah Barkowski (ebenfalls Institut für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie) koordinieren den Bereich "Gesund Altern".

Dabei gehe es nicht nur um Prävention und Gesundheitsförderung im medizinischen Sinn, betont Berger: "Ebenso wichtig ist uns die soziale Frage der gesellschaftlichen Teilhabe aller Menschen in der Region. Wir wollen zeigen, dass durch eine bessere gesellschaftliche Integration das Selbstwertgefühl gesteigert und so Gesundheit gefördert werden kann." Das Projekt ist zunächst auf vier Jahre angelegt. Neben der BMBF-Förderung von über 4,5 Mio. fließen auch Mittel der Projektpartner in Höhe von ca. 1,5 Mio. Euro mit ein. "Unsere Aufgabe als Universitätsklinik ist nicht nur eine optimale Patientenversorgung, sondern auch der Erhalt der Gesundheit als ein gesamtgesellschaftliches Gut. Dazu wird das Netzwerk "VorteilJena" einen entscheidenden Beitrag leisten. Dieses Projekt ist eine starke Gemeinschaftsleistung aller Projektpartner, von dem zukünftig die ganze Region profitieren wird", erklärt Prof. Dr. Klaus Höffken, Medizinischer Vorstand und Sprecher des Vorstands des UKJ.

Zu dieser Mitteilung finden Sie Anhänge unter:
http://idw-online.de/de/attachment33670
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Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1461

Quelle: Universitätsklinikum Jena, Stefan Dreising, 21.01.2014

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Januar 2014