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MELDUNG/752: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 31.03.14 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen

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→  Krankheiten auf der Spur: Universitätsmedizin Mainz nimmt
      neue High-Tech-Gewebe-Biobank in Betrieb



Max-Planck-Institut für Bildungsforschung - 28.03.2014

Neues Zentrum erforscht die Entwicklung von Gehirn und Verhalten

Warum werden manche Menschen bei Belastung depressiv und andere nicht? Warum sind manche ältere Erwachsene geistig rege, während bei anderen die kognitiven Leistungen deutlich nachlassen? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, gründen die Max-Planck-Gesellschaft und das University College London ein neues Forschungszentrum: das Max Planck UCL Centre for Computational Psychiatry and Ageing Research.

Psychische Erkrankungen wie Depression, Schizophrenie oder Autismus können häufig noch nicht erfolgreich behandelt werden. Einige wichtige molekulare und strukturelle Veränderungen des Gehirns sind zwar bekannt; doch oft fehlen gute Erklärungen, wie diese Veränderungen mit den Veränderungen im Verhalten zusammenhängen. Und auch die Zusammenhänge zwischen alterungsbedingten Veränderungen von Gehirn und Verhalten werden nur unzulänglich verstanden. Das Hauptziel des neugegründeten Max Planck UCL Centre for Computational Psychiatry and Ageing Research besteht deshalb im besseren Verständnis der Ursachen psychischer Erkrankungen sowie der Ursachen der Unterschiedlichkeit geistiger Entwicklung im Erwachsenenalter insgesamt. Dabei bilden Computermodelle der neuronalen Aktivität das zentrale theoretische Werkzeug des Zentrums.

"Am Max Planck UCL Center for Computational Psychiatry and Ageing Research bringen wir weltweit führende Forscher in der Entwicklungspsychologie und der Neurologie zusammen. So können wir eine Brücke vom Experiment zur klinischen Forschung schlagen", sagt Peter Gruss, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft. "Eine derart herausragende Kooperation ist nur möglich zwischen Einrichtungen von großer internationaler Strahlkraft, wie sie die Max-Planck-Gesellschaft und das University College London besitzen."

Psychischen Erkrankungen und Alterungsprozessen ist gemeinsam, dass sie verschiedene Organisationsebenen im Gehirn betreffen, vom Erbgut über die Proteinsynthese bis hin zu Nervenzellen und deren Netzwerken. Computermodelle bieten die Möglichkeit, Zusammenhänge zwischen diesen Ebenen herzustellen. Dabei bildet die Modellierung der neuronalen Mechanismen des Verhaltens gesunder junger Erwachsener zumeist den Ausgangspunkt der Untersuchungen. Anschließend simulieren die Forscher am Modell die vermuteten Ursachen alterungsbedingter Veränderungen oder psychischer Erkrankungen (z.B. Depression). Schließlich überprüfen sie die Übereinstimmung zwischen den simulierten und den empirisch beobachteten Veränderungen.

Die Forscher wollen ihre Modelle auf detaillierte Verhaltensbeobachtungen einzelner Personen beziehen und daraus Prognosen über deren Entwicklung ableiten. Die Erkenntnisse des Zentrums sollen Auskunft darüber geben, wie sich die geistige Leistungsfähigkeit im Alter möglichst lange erhalten lässt und wie psychische Krankheiten früher erkannt und besser behandelt werden können.

Zwei Direktoren leiten das Zentrum: Ray Dolan für das University College London und Ulman Lindenberger für die Max-Planck-Gesellschaft. Ein Koordinationskomitee repräsentiert zudem alle vier Forschungsinstitutionen, die beteiligt sind: die Gatsby Computational Neuroscience Unit (Peter Dayan), das Max-Planck Institut für Bildungsforschung (Ulman Lindenberger), das Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften (Arno Villringer) und das Wellcome Trust Centre for Neuroimaging (Ray Dolan). Das Zentrum hat je einen Standort in London und Berlin. Der Londoner Standort ist Russell Square, in der Nähe des Wellcome Trust Centre for Neuroimaging. In Berlin befindet sich das Zentrum am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung.

Die Eröffnungsfeier des neuen Zentrums wird am 1. April 2014 in den Räumen der Royal Society in London stattfinden. Die Grußworte sprechen Michael Arthur, Präsident und Kanzler des University College London, Peter Gruss, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, David Willetts, Staatsminister für Hochschulen und Wissenschaft, United Kingdom, Rudolf Adam, Geschäftsträger a.i. der Deutschen Botschaft London, sowie Ray Dolan und Ulman Lindenberger. Nobelpreisträger Eric Kandel, Neurowissenschaftler und Direktor am Kavli Institute for Brain Science, Columbia University, New York, wird den Festvortrag halten.

Weitere Informationen finden Sie unter
https://www.mpib-berlin.mpg.de/de/presse/2014/03/neues-zentrum-erforscht-die-entwicklung-von-gehirn-und-verhalten

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter:
http://idw-online.de/de/image230809
Der Blick ins Hirn zeigt, dass psychische Erkrankungen wie auch Alterungsprozesse verschiedene Organisationsebenen betreffen.

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution654

Quelle: Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Kerstin Skork, 28.03.2014

Raute

Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz - 28.03.2014

Krankheiten auf der Spur: Universitätsmedizin Mainz nimmt neue High-Tech-Gewebe-Biobank in Betrieb

Gewebe-Biobank als Teil des Universitären Centrums für Tumorerkrankungen (UCT) an der Universitätsmedizin eingerichtet

Die Universitätsmedizin Mainz nimmt eine neue Gewebe-Biobank in Betrieb und wird dadurch als Forschungsstandort gestärkt. In dieser Gewebe-Biobank lassen sich bis zu 14.000 Gewebe-, Blut- und Speichelproben von Patienten systematisch sammeln und jahrzehntelang aufheben. Langfristig erhofft sich die Universitätsmedizin Mainz, neue Erkenntnisse und Behandlungsmöglichkeiten zum Beispiel zu Krebserkrankungen auf Basis des Probenmaterials zu gewinnen. Die neue Gewebe-Biobank gehört zum Universitären Centrum für Tumorerkrankungen (UCT) am Institut für Pathologie.

Mit jeder Probe steigt die Chance, Krankheiten zu verstehen und neue Therapien zu entwickeln. Bis zu 14.000 Proben lassen sich im High-Tech-Kühlgerät der Gewebe-Biobank einfrieren, der vor wenigen Tagen im Keller des Gebäudes 605 eingebaut wurde. Die Proben lagern dann in der Gasphase von flüssigem Stickstoff. Es handelt sich einerseits um Proben von Tumoren und andererseits von nicht-tumorösen Veränderungen. Nicht-tumoröse Veränderungen treten beispielsweise im Zuge chronisch-entzündlicher Erkrankungen wie Rheuma auf.

Das High-Tech-Kühlgerät - auch "Smartfreezer" genannt - muss besonderen Anforderungen genügen: So dürfen zwischen der Entnahme einer Probe und ihrer Einlagerung nur maximal 30 Minuten vergehen. Auch muss das Herunterkühlen auf minus 180 Grad extrem schnell erfolgen. "Dauert das Einfrieren zu lange, dann hätte das mit hoher Wahrscheinlichkeit negative Auswirkungen auf eine Probe. Denn das einzufrierende Gewebe unterliegt ja weiterhin einem biologischen Prozess, den es schnellstmöglich durch Einfrieren anzuhalten gilt", erklärt Univ.-Prof. Dr. Charles James Kirkpatrick, Direktor des Instituts für Pathologie. Gleichermaßen gilt es Schwankungen bei Temperatur und Feuchtigkeit nahezu auszuschließen, denn auch das könnte den biologischen Prozess wieder in Gang setzen. Die Folge wäre eine Schädigung des Probenmaterials - vor dem Hintergrund, dass Moleküle in Gewebeproben zum Teil sehr schnell zerfallen.

Wurden bei Gewebe-Biobanken früherer Bauart noch Proben händisch eingelagert, so übernimmt diese Aufgabe jetzt ein Roboterarm. Er setzt die rund drei Zentimeter großen Probenröhrchen jeweils einzeln in die Schublade des "Smartfreezers". "Die Proben werden individuell angesteuert, so dass keine Probe außer der gewünschten bei Ein- und Auslagerung bewegt beziehungsweise veränderten Umwelteinflüssen unterzogen wird", sagt Privatdozent (PD) Dr. Christoph Brochhausen-Delius, Lehrbeauftragter für Pathologie, Leiter der Elektronenmikroskopie und Wissenschaftlicher Leiter der neuen Gewebe-Biobank. Beim "Smartfreezer" handelt es sich um ein robotisiertes minus 180 Grad kaltes Stickstofflager, in dem die Probe bis zur Entnahme lagert. Äußere Einflüsse sind ausgeschlossen, und es kommt nicht zu gewebeschädigenden Eiskristallen.

Die Identifizierung der Probenröhrchen erfolgt über einen Barcode. Damit geht eine sichere Verschlüsselung von Patientendaten einher, so dass der Patient für den Forscher anonym bleibt. "Der Datenschutz ist gewährleistet", so Privatdozent (PD) Dr. Christoph Brochhausen-Delius. Entscheidend für die Sicherheit der Patientendaten ist vor allem, dass die Personendaten für den Wissenschaftler nicht zugänglich sind, da sie an anderer Stelle verwaltet werden.

"Die Investition in diese neue Gewebe-Biobank hat vor allem auch eine strategische Dimension. Denn die Gewebe-Biobank ist ein zentraler Baustein auf dem Weg zu einem Comprehensive Cancer Center (CCC)", unterstreicht der Wissenschaftliche Vorstand der Universitätsmedizin Mainz, Univ.-Prof. Dr. Ulrich Förstermann, und fügt hinzu: "Die Gewebe-Biobank ist ein Garant für hohe Probenqualität und ermöglicht die Einhaltung von Standard Operating Procedures. Das ist für das UCT und ein zukünftiges CCC von großer Bedeutung."

Die vom Ressort Forschung und Lehre der Universitätsmedizin Mainz getragenen Kosten der Gewebe-Biobank belaufen sich auf insgesamt rund 170.000 Euro. Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mainz aber auch Mitarbeiter von externen Kooperationspartnern können auf die Daten zugreifen. Darüber hinaus ist eine Vernetzung mit Forschungsverbünden wie dem Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) an der Universitätsmedizin Mainz geplant.

Kontakt
PD Dr. Christoph Brochhausen
Unterrichtsbeauftragter
Group Leader Cartilage Tissue Engineering
Head of Electron Microscopy
Institut für Pathologie
E-Mail: christoph.brochhausen@unimedizin-mainz.de

Über die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige Einrichtung dieser Art in Rheinland-Pfalz. Mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen gehören zur Universitätsmedizin Mainz. Mit der Krankenversorgung untrennbar verbunden sind Forschung und Lehre. Rund 3.500 Studierende der Medizin und Zahnmedizin werden in Mainz kontinuierlich ausgebildet. Weitere Informationen im Internet unter
www.unimedizin-mainz.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1431

Quelle: Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Oliver Kreft, 28.03.2014

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. April 2014