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MELDUNG/795: Nachrichten aus Forschung und Lehre vom 09.12.14 (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilungen

→  Virtuelle Biobank für Prostatakrebs online
→  Brücke zwischen Hautklinik und Genetik: Ulmer Dermatologie-Preis vergeben



Fraunhofer-Gesellschaft, Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie - IZI, 09.12.2014

Virtuelle Biobank für Prostatakrebs online

Das Deutsche Prostatakarzinom Konsortium (DPKK) und das Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie IZI haben gemeinsam eine virtuelle Biobank für Gewebeproben und weitere Biomaterialien von Prostatakrebspatienten entwickelt. Damit können Mediziner und Wissenschaftler des DPKK ab sofort die Daten und Proben der Patienten in den angeschlossenen Kliniken online auffinden und gemeinsam für Forschungszwecke nutzen.

Die gespendeten Proben werden bereits seit elf Jahren mit Einverständnis der Patienten und nach einer einheitlichen Verfahrensvorschrift gesammelt. Daran beteiligt sind insgesamt 17 Kliniken, die sich im Deutschen Prostatakarzinom Konsortium zusammengeschlossen haben. Am Potsdamer Institutsteil Bioanalytik und Bioprozesse des Fraunhofer IZI wurden sowohl Konzept als auch Software entwickelt, um den gemeinsamen Datenbestand in einer virtuellen Biobank zusammenzuführen und so entscheidend schneller für Forschungsprojekte verfügbar zu machen.

Die Biobank ist spezifisch an die Datensätze zum Prostatakarzinom angepasst, kann aber bei Bedarf auch jederzeit um Fälle und Daten anderer Erkrankungen erweitert werden. Über die Anbindung an das Projektportal im Deutschen Biobanken-Register stehen die anonymisierten Daten der gesamten wissenschaftlichen Gemeinschaft zur Anbahnung von Forschungsprojekten zur Verfügung. »Besonders zukunftsträchtig an der entwickelten Software ist, dass sie ganz unterschiedliche Datenformate integriert und sich jederzeit nahtlos und flexibel erweitern lässt«, so Dr. Christina Schröder, Projektleiterin am Fraunhofer-Institut.

Die Originalproben verbleiben dabei im Bestand der jeweiligen Klinik und stehen vor Ort für diagnostische Zwecke weiterhin zur Verfügung. Die umfangreichen Daten, die jeweils Fall und Probe beschreiben, werden in einer sogenannten Metabiobank auf dem Server der Deutschen Gesellschaft für Urologie in Düsseldorf zusammengeführt.

»Mit der Fertigstellung der DPKK-Biobank zahlt sich nun aus, dass alle DPKK-Mitgliedszentren das gespendete Material seit Jahren nach denselben Standards aufarbeiten und aufbewahren«, kommentiert Prof. Bernd Wullich, Direktor der Urologischen Klinik in Erlangen. »So ist im DPKK die Vergleichbarkeit und hohe Qualität des Materials von vorn herein gegeben, die ja unabdingbare Voraussetzung klinikübergreifender Forschungsprojekte ist«, ergänzt der DPKK-Vorsitzende Prof. Gerhard Unteregger, Klinik für Urologie und Kinderurologie der Universität des Saarlandes.

Der Deutsche Prostatakarzinom Konsortium (DPKK) e.V. will mit dem Zusammenschluss von klinisch tätigen und grundlagenwissenschaftlich arbeitenden Experten aus den verschiedensten Fachbereichen zur Lösung der Frage beitragen, welche Rolle sowohl genetische Anlagen als auch Umwelteinflüsse bei der Entstehung des Prostatakarzinoms spielen. Unter dem Dach der DGU bündelt das DPKK seine Expertise mit Forschungsnetzwerken weiterer urologischer Tumorerkrankungen.

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.izi.fraunhofer.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution96

Quelle: Fraunhofer-Gesellschaft, Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie - IZI, 09.12.2014

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Universität Ulm - 09.12.2014

Brücke zwischen Hautklinik und Genetik: Ulmer Dermatologie-Preis vergeben

Für die Entdeckung einer bisher unbekannten genetischen Multisystemkrankheit, die Haut, Nieren und Lunge betrifft, hat Professorin Cristina Has von der Universitätsklinik Freiburg am Montagabend den 13. Ulmer Dermatologie-Preis erhalten.

Der mit 3000 Euro dotierte Preis ist 1978 von dem Neu-Ulmer Hautarzt Dr. Günter Tiedemann gestiftet worden und dient der Förderung von Nachwuchswissenschaftlern, die zwischen Dermatologie und Genetik forschen. Dementsprechend bezeichnete die Fachgutachterin Professorin Karin Scharffetter-Kochanek, Ärztliche Direktorin der Ulmer Universitätsklinik für Dermatologie und Allergologie, Cristina Has als "Grenzgängerin zwischen Medizin und Naturwissenschaften, die schon früh erkannt hat, dass Haut und Genetik zusammengehören." Und auch Universitätspräsident Professor Karl Joachim Ebeling sowie Ulms Oberbürgermeister Ivo Gönner würdigten Has' Beitrag, der im renommierten "New England Journal of Medicine" erschienen ist, als "tolle Arbeit, die unangefochten für die Auszeichnung der Stadt und Universität Ulm ausgewählt wurde." Gönner und Ebeling gehörten wie Professor Guntram Borck (Institut für Humangenetik, Ulm) und das Vorstandsmitglied der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft Professor Thomas Luger (Münster) zum Preiskuratorium.

Cristina Has (Jahrgang 1967), die an der rumänischen Universität Cluj-Napoca Medizin studiert hat und später in Münster, Freiburg sowie in Frankreich forschte, beschreibt in ihrer Arbeit ein neues genetisches Hautfragilitätssyndrom. Bei dem ersten Patienten, einem drei Monate alten Jungen, waren Nieren- und Lungenfunktion stark eingeschränkt - das Baby war auf eine ständige Sauerstoffversorgung und Dialyse angewiesen. Hautveränderungen wie Erosionen und Blasen nach geringen mechanischen Belastungen wurden von den behandelnden Ärzten zunächst nicht mit den organischen Störungen in Verbindung gebracht. Doch schließlich war eine Hautprobe der Schlüssel zur Identifikation der rätselhaften Krankheit: "Das Muster der Hautveränderungen - in der elektronenmikroskopischen Aufnahme zeigte sich eine auffällige Spaltbildung - in Kombination mit den Nieren- und Lungenfehlbildungen erinnerte mich an die seit Jahren bekannte Integrin-α3-Knockout-Maus", berichtete Cristina Has in ihrem Vortrag am Montagabend. Die weitere Untersuchung der extrem fragilen Haut des Säuglings ebnete schließlich den Weg zur Identifikation des betroffenen Proteins und des Gendefekts: Tatsächlich sind Mutationen im Gen für eine Integrin-α3-Untereinheit ursächlich für das ILNEB ("Interstitial Lung Disease, Nephrotic Syndrome and Epidermolysis Bullosa") genannte Krankheitsbild. "Bei den Betroffenen führt der Integrin-α3-Verlust zu einer Basalmembrananomalie in Haut, Lunge und Nieren, die Barrierefunktion der Gewebe ist nachhaltig gestört", erklärte Has. Dies hätten auch zwei weitere, von der Forschergruppe identifizierte Krankheitsfälle untermauert.

Um die neue Multisystemkrankheit, die nach wenigen Monaten zum Tode führt, besser zu verstehen und letztlich zu heilen, ist allerdings noch viel Forschung nötig. Die diesjährige Preisträgerin Cristina Has, die aktuell an der Uniklinik für Dermatologie und Venerologie in Freiburg arbeitet, ist sicher die richtige Kandidatin für diese Aufgabe. "Die eingereichte Arbeit ist eine Pionierleistung und auch Has' weitere Publikationen sind vom Feinsten", bekräftigte Karin Scharffetter-Kochanek.

Cristina Has et al.: Integrin α3 Mutations with Kidney, Lung, and Skin Disease. The New England Journal of Medicine 2012; 366:1508-1514April 19, 2012. DOI: 10.1056/NEJMoa1110813

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution22

Quelle: Universität Ulm, Annika Bingmann, 09.12.2014

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Dezember 2014


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