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BUCH/1232: Geschichte - Chirurgie zwischen 1933 und 1945 (DGCH)


Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) - Donnerstag, 9. Juni 2011

Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie zwischen 1933 und 1945

Ein Zeichen gegen das Verschweigen und Vergessen


Berlin - Die Geschichte der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) zwischen 1933 und 1945 ist bislang nur ungenügend aufgearbeitet. Denn vorliegende historische Rückblicke und Analysen beziehen kaum die Geschehnisse aus der Zeit des "Dritten Reichs" ein. Die DGCH beschäftigt sich jetzt in einem Buch mit den Reden der Präsidenten und deren Position in der Diktatur. Sie hinterfragt darin anhand einzelner Biografien Motive und Umstände und thematisiert Moral, Tradition aber auch persönliche Verstrickungen und Schuld. Das Buch stellt die DGCH am 16. Juni 2011 in Berlin in einer Pressekonferenz vor.

Die Fachgesellschaft setzt damit ein Zeichen gegen das Verschweigen und Vergessen, so die Herausgeber Professor Dr. med. Hans-Ulrich Steinau, aus Bochum, Past-Präsident der DGCH 2007 und Initiator des Projekts und Professor Dr. med. Hartwig Bauer, Generalsekretär der DGCH in Berlin. Denn die Fragen, wie es dazu kommen konnte und was diese Entwicklungen begünstigte, drängen noch heute: Abhandlungen zur deutschen Chirurgie in den Jahren zwischen 1933 und 1945 hinterfragen kaum die essenziellen ethischen und moralischen Veränderungen. "Stattdessen wurden die persönlichen Aufzeichnungen und kompromittierenden Passagen der DGCH-Präsidenten dieser Zeit nach 1945 bereinigt publiziert", betont Professor Steinau. Erst im Jahr 2003 gelangen schließlich Teile davon ungekürzt an die Öffentlichkeit.

Die Autoren setzen sich in dem Buch insbesondere mit den Reden der Präsidenten und deren persönlichen Niederschriften auseinander. Die vorgestellten Biografien, wissenschaftlichen Erkenntnisse und politischen Aktivitäten stützen sich auf ungekürzte Quellen und Dokumentationen. Sie belegen: Im nationalsozialistischen System ergaben sich für herausragende Chirurgen Sonderkonditionen. Hervorragende Chirurgie in Kombination mit Parteitreue ermöglichte damals sogar Einlass in die Führeretage, verbunden mit Lehrstühlen und dem Präsidentenamt in der DGCH.

Anlass zu kritischen Fragen geben schließlich verbrecherische Versuche an KZ-Häftlingen oder Evaluationsbögen für "lebensunwertes Leben" und "Ballastexistenzen". Darüber hinaus findet sich in dem Buch eine Liste von Chirurginnen und Chirurgen, die diskriminiert, mit Berufsverbot belegt, verfolgt, in Lager interniert wurden, dort zu Tode kamen oder Selbstmord begingen.


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Quelle:
Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH)
Pressestelle DGCH
Anna Julia Voormann
Postfach 30 11 20, 70451 Stuttgart
Telefon: 0711/89 31 552, Fax: 0711/89 31 567
E-Mail: voormann@medizinkommunikation.org
Internet: www.dgch.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. Juni 2011