Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → FAKTEN

FORSCHUNG/1920: Neuer Regulationsmechanismus bei Sauerstoffmangel entdeckt (idw)


Justus-Liebig-Universität Gießen, Christel Lauterbach, 08.01.2009

Neuer Regulationsmechanismus bei Sauerstoffmangel entdeckt

Gießener Biochemiker publizieren Forschungsergebnisse in Januar-Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift


Normalerweise hat unser Körper genug Sauerstoff zur Wahrnehmung seiner normalen Funktionen zur Verfügung. Dabei werden zunächst in der Lunge die roten Blutkörperchen mit Sauerstoff "betankt". Anschließend können die roten Blutkörperchen dann über die Blutgefäße ins Innere des Körpers wandern, um dort den Sauerstoff wieder abzugeben. Unter bestimmten Umständen kann es aber dazu kommen, dass nicht mehr genug Sauerstoff zur Verfügung steht. Ein Sauerstoffmangel - wissenschaftlich auch Hypoxie genannt - ist nicht nur für Bergsteiger in großen Höhen ein Problem, sondern kann auch bei einigen Krankheiten eine wichtige Rolle spielen. Hypoxische Bedingungen herrschen beispielsweise im Inneren von Tumoren, die nicht ausreichend mit Blutgefäßen versorgt sind. Sie kommen aber auch bei anderen Krankheiten vor, beispielsweise bei Unterversorgung mit Sauerstoff nach einem Schlaganfall oder Herzinfarkt oder bei obstruktiven Erkrankungen der Lunge. Um mit diesen extremen Bedingungen klar zu kommen hat der Körper ein spezielles biochemisches Programm entwickelt.

Bei Hypoxie werden bestimmte Gene abgelesen, die unter Bedingungen der guten Sauerstoffversorgung nicht benötigt werden. Diese unter hypoxischen Verhältnissen neu gebildeten Genprodukte sorgen beispielsweise dafür, dass neue Blutgefäße gebildet werden oder dass der zelluläre Stoffwechsel so umgeschaltet wird, dass er auch ohne ausreichende Sauerstoffversorgung funktioniert. Dieser Umschaltungsprozess wird durch ein ausgeklügeltes biochemisches Programm reguliert. Dabei spielen eine Reihe von Proteinen eine Rolle, die sich gegenseitig regulieren. Ein wichtiges Regulationsprotein in der Antwort des Körpers auf niedrige Sauerstoffkonzentrationen ist das so genannte Siah-Protein: Siah kann andere Proteine binden und so modifizieren, dass der Abbau des Bindungspartners veranlasst wird. Daher ist es wichtig, dass dieses Siah-Protein nicht unkontrolliert arbeitet, denn das würde durch die ständige Zerstörung der Partnerproteine zu einer bedrohlichen Situation führen.

Die Arbeitsgruppe von Prof. Lienhard Schmitz am Biochemischen Institut des Fachbereichs Medizin der Justus-Liebig-Universität Gießen fand einen neuen molekularen Mechanismus, der die Aktivität von Siah kontrolliert. Wie seine Gruppe in der Januar-Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift "Nature Cell Biology" publiziert, wird das Siah-Protein bei ausreichenden Sauerstoffkonzentrationen ständig kontrolliert. Dies geschieht durch ein zweites Protein, das als Wächter funktioniert und permanent chemische Gruppen an Siah anheftet, um es in seiner zerstörerischen Aktivität zu behindern und zu destabilisieren. Unter Bedingungen des Sauerstoffmangels bindet das Siah-Protein besser an seinen Wächter und veranlasst somit seinen Abbau. In Abwesenheit des Wächters kann nun das Siah-Protein ungehindert die hypoxische Antwort auslösen. Wie Prof. Schmitz und seine Arbeitsgruppe zeigen konnten, ist dieser Regulationsmechanismus von zentraler Bedeutung für das Anschalten der Hypoxie-Antwort des Körpers.


"Nature Cell Biology":
Calzado, M.A., de la Vega, L., Möller, A., Bowtell, D.L. and M.L. Schmitz (2009)
An inducible autoregulatory loop between HIPK2 and Siah2 at the apex of the hypoxic response.
Nature Cell Biol. 11, 85-91.

Kontakt:
Prof. Dr. Lienhard Schmitz
Biochemisches Institut
Friedrichstraße 24
35392 Gießen
Telefon: 0641 99-47571
E-Mail: Lienhard.Schmitz@biochemie.med.uni-giessen.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution217


*


Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Justus-Liebig-Universität Gießen, Christel Lauterbach, 08.01.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Januar 2009