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STUDIE/438: Interdisziplinäre Hormonanalytik - Testosteron ein Biomarker der Gesundheit (DGKL)


Deutsche Vereinte Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL) - 5. September 2012

Testosteron - ein Biomarker der Gesundheit

Eine Verbesserung der Hormonanalytik gelingt nur interdisziplinär



Bonn/Mannheim - Männer mit niedrigen Testosteronwerten sind neueren Studien zufolge besonders anfällig für Bluthochdruck oder Diabetes Typ 2. "Um die Hormonwerte zuverlässig zu ermitteln und anhand dessen auf mögliche Gesundheitsrisiken zu schließen, sind sowohl Kenntnisse in der Laboranalytik als auch die Beurteilung des klinischen Kontextes erforderlich", betont Professor Dr. med. Henri Wallaschofski vom Institut für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin der Universitätsmedizin Greifswald. Die indikationsgerechte Labordiagnostik und aktuelle Entwicklungen zur Verbesserung der Laboranalytik von Sexualhormonen sind Themen der 9. Jahrestagung der Deutschen Vereinten Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL) vom 26. bis 29. September 2012 im Congress Center Rosengarten in Mannheim.

Hormone sind Botenstoffe, die nahezu an allen Regulationsvorgängen und Prozessen des Körpers beteiligt sind und zahlreiche Abläufe in unterschiedlichen Geweben und Organen steuern. Sowohl manifeste Stoffwechselerkrankungen als auch gesundheitliche Risikosituationen weisen häufig charakteristische Störungen der Hormonsekretion auf. Die Konzentrationsbestimmung von Hormonen im Blut und anderen Körperflüssigkeiten ist eine wichtige Grundlage bei der Diagnostik, Verlaufsbeurteilung und Therapie vieler Stoffwechselerkrankungen. Zu den am häufigsten untersuchten Hormonen zählt das Sexualhormon Testosteron, das bei Männern und Frauen vorkommt, sich aber in Konzentration und Wirkungsweise bei beiden Geschlechtern deutlich unterscheidet. Die vielfältigen biologischen Funktionen umfassen neben dem sexuellen Verlangen und Lustempfinden auch eine Beeinflussung des Protein- und Muskelstoffwechsels, den Knochenaufbau und die Fortpflanzung.

Studien deuten darauf hin, dass die Testosteron-Konzentration im Blut von Männern auch Hinweise auf Erkrankungen geben kann. So zeigte eine Untersuchung an rund 2000 männlichen Einwohnern aus Mecklenburg-Vorpommern, die im Kontext der Gesundheitsstudie Study of Health in Pomerania (SHIP) untersucht wurden, dass das Sexualhormon eng mit der Blutdruckregulation verknüpft ist. Demnach gehen niedrige Testosteronwerte mit einer um fast 20 Prozent erhöhten Gefahr für zu hohen Blutdruck einher. Bluthochdruck ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie etwa Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Bei SHIP handelt es sich um eine Bevölkerungsstudie mit umfangreichen Untersuchungen sowie Blut- und Urinproben, die seit über zehn Jahren mit über 4000 Probanden mit mittlerweile drei Untersuchungswellen läuft. In einer anderen Studie, die ebenfalls auf SHIP-Daten basiert, sind geringe Konzentrationen des Hormons bei Männern mit einer um das Dreifache erhöhten Gefahr für die Entstehung von Typ-2-Diabetes verbunden. Eine dritte Untersuchung deutet sogar darauf hin, dass ein Testosterondefizit auch mit einem deutlich gesteigerten Risiko, zu versterben, einhergeht. "Unklar ist allerdings bislang, ob geringe Testosteronkonzentrationen solche Gesundheitsprobleme verursachen oder ob sie lediglich als Biomarker auf diese Risiken hinweisen", betont Professor Wallaschofski, der an allen drei Studien beteiligt war.

Dennoch weist die aktuelle Analytik auch noch Limitationen durch unzureichende Harmonisierung oder Standardisierung von unterschiedlichen Immunoassays oder die Frage adäquater Referenzbereiche auf. Zudem werden präanalytische Einflussfaktoren bei der Interpretation der Befunde unzureichend beachtet. Trotz ihrer Limitationen werden diese Verfahren jedoch aufgrund ihrer weiten Verbreitung und leichten Automatisierbarkeit auch in den nächsten Jahren praktisch eine wesentliche Rolle spielen. "Deshalb ist es der DGKL ein besonderes Anliegen, für die Qualität der Labordiagnostik ein Problembewusstsein zu schaffen und durch eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit klinisch endokrinologisch tätigen Kollegen eine nachhaltige Verbesserung der Qualität in diesem Bereich zu erzielen", betont der DGKL-Präsident Professor Dr. med. Joachim Thiery vom Institut für Laboratoriumsmedizin der Universität Leipzig. Möglichkeiten und Grenzen von Sexualhormon-Untersuchungen erörtern Experten auf der 9. Jahrestagung der DGKL vom 26. bis 29. September 2012 im Congress Center Rosengarten in Mannheim.


Literatur:

Torkler S., Wallaschofski H., Baumeister S.E., Volzke H., Dorr M., Felix S., et al. Inverse association between total testosterone concentrations, incident hypertension and blood pressure. Aging Male 2011;14:176-82

Schipf S., Haring R., Friedrich N., Nauck M., Lau K., Alte D., et al. Low total testosterone is associated with increased risk of incident type 2 diabetes mellitus in men: results from the Study of Health in Pomerania (SHIP). Aging Male 2011;14:168-75


Terminhinweise:

9. Jahrestagung der Deutschen Vereinten Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL) vom 26. bis zum 29. September 2012
Congress Center Rosengarten, Rosengartenplatz 2, 68161 Mannheim

Sitzung: Sexualhormone - Klinische und laborchemische Herausforderungen in der Diagnostik
Termin: Donnerstag, 27. September 2012, 11.00 bis 12.30 Uhr
Ort: Raum Arnold Schönberg, Congress Center Rosengarten,
Anschrift: Rosengartenplatz 2, 68161 Mannheim


Über die DGKL

Die Deutsche Vereinte Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL) e. V. ist die führende Fachgesellschaft in Deutschland für alle medizinisch-labordiagnostischen Untersuchungen. Sie entstand im Jahr 2003 aus zwei medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften: Der Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie (DGKC) und der Deutschen Gesellschaft für Laboratoriumsmedizin (DGLM). Heute vereint die DGKL mehr als 1100 Ärzte und Wissenschaftler unter einem Dach. Die DGKL repräsentiert, fördert und entwickelt die Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin in Forschung, Lehre und Krankenversorgung. Sie setzt sich dafür ein, Lehrstühle für die Aus- und Weiterbildung zu sichern, Forschung in allen Gebieten der Laboratoriumsmedizin bzw. der Klinischen Pathologie zu fördern sowie Diagnostik und Versorgung für die Patienten in allen Bereichen zu verbessern.

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. September 2012