Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → GESUNDHEITSWESEN

AUSLAND/1656: Indien - Gericht bezeichnet Müttersterblichkeit als Menschenrechts-Verletzung (DSW)


DSW [news] - Februar 2011
Deutsche Stiftung Weltbevölkerung

Indien: Gericht bezeichnet Müttersterblichkeit als Menschenrechts-Verletzung


Ein Grundsatzurteil zwingt in Indien die Politik dazu, mehr für die medizinische Versorgung mittelloser schwangerer Frauen zu tun.

Delhis Oberster Gerichtshof hat die Regierung der Hauptstadt aufgefordert, Gesundheitseinrichtungen für arme schwangere Frauen zur Verfügung zu stellen. Zudem soll eine Entschädigung an die Familien von Frauen gezahlt werden, die aufgrund fehlender medizinischer Versorgung ihre Schwangerschaft nicht überlebt haben. In dem Grundsatzurteil wird erstmals Müttersterblichkeit als Menschenrechts-Verletzung behandelt und auf dieser Basis die Regierung dazu verpflichtet, die Situation schwangerer Frauen zu verbessern.

Verhandelt wurden die Fälle von Shanti und Laxmi, zwei Schicksalen, wie es sie in Indien tausendfach gibt. Shanti starb Anfang letzten Jahres. Sie war sehr arm und musste die letzten drei Tage vor ihrer Geburt hungern. So war sie sehr geschwächt, als sie ihr Kind als Frühgeburt zur Welt brachte und überlebte die Geburt nicht. Mit Laxmi starb wenig später erneut eine mittelose Frau direkt nach der Geburt ihres Kindes. Nachdem sie ihr Baby unter freiem Himmel zur Welt bringen musste, lag sie für vier Tage mit ihrem Neugeborenen auf der Straße, ehe sie dort an einer Infektion starb.

Gericht fordert medizinische Einrichtungen für mittellose Schwangere

Nach den beiden Todesfällen hat der Oberste Gerichtshof die Stadt in einer Grundsatzentscheidung dazu verpflichtet, mindestens zwei Schutzzentren für minderbemittelte schwangere und stillende Frauen zu errichten. Künftig solle keine arme Frau mehr dazu gezwungen sein, ihr Kind auf dem Fußweg zu bekommen, heißt es in der Entscheidung. Das Gericht hatte zunächst die Regierung Neu-Delhis dazu verurteilt, der Familie von Shanti eine Kompensation in Höhe von 240.000 Rupien (3.870 Euro) zu zahlen, da der Schwangeren reproduktive Rechte verweigert wurden. "Dies ist weltweit die erste Entscheidung, die wir kennen, die Müttersterblichkeit als Menschenrechts-Verletzung behandelt und die eine Regierung zu Kompensationen und anderen Unterstützungen verpflichtet", erklärt der Anwalt für reproduktive Rechte Sukti Dhital im Interview mit der indischen Tageszeitung The Guardian.

Diese Fälle zeigen die großen Lücken in Indiens Gesundheitssystem. Alle fünf Minuten stirbt in Indien eine Frau an vermeidbaren Ursachen im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft oder einer Geburt. Es gibt in Indien bisher kaum Notfall-Geburtshilfe und medizinische Nachsorge für mittellose Frauen. In Indien ist die Müttersterblichkeit nach wie vor höher als beispielsweise in seinen Nachbarländern Sri Lanka, Bangladesch oder Nepal. Ein Viertel der Fälle von Müttersterblichkeit weltweit findet in Indien statt. Die Müttersterblichkeitsrate liegt bei 230 Todefällen pro 100.000 Lebendgeburten.

Quelle: The Guardian (Indien), 3. Februar 2011.


Die DSW [news] werden im Rahmen der europäischen Öffentlichkeitskampagne "Reproductive Health for All" herausgegeben. Die Kampagne wird von der Europäischen Union finanziell gefördert. Für den Inhalt der DSW [news] ist allein die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung verantwortlich; der Inhalt kann in keiner Weise als Standpunkt der Europäischen Union angesehen werden.

Internet: www.weltbevoelkerung.de/DSW_news/pdfs/DSW__news__Februar_2011.pdf


*


Quelle:
DSW [news] - Februar 2011
Herausgeber: Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW)
Göttinger Chaussee 115, 30459 Hannover
Telefon: 0511/943 73-0, Telefax: 0511/943 73-73
E-mail: info@dsw-hannover.de, dswnews@dsw-hannover.de
Internet: www.weltbevoelkerung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Februar 2011