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AUSLAND/1695: Afrika - Blindheit bei Kindern, rechtzeitige Behandlung rettet Leben (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 6. Mai 2011

Afrika: Blindheit bei Kindern - Rechtzeitige Behandlung rettet Leben

Von Erna Curry


Kapstadt, 6. Mai (IPS) - Jede Minute verliert irgendwo auf der Welt ein Kind sein Augenlicht. Bei drei von fünf Kindern folgt nach der Erblindung innerhalb von zwei Jahren der Tod. Dabei könnte die Blindheit bei Kindern in der Hälfte aller Fälle verhindert werden.

In Schwarzafrika erblinden weltweit die meisten Menschen. Dort verlieren von 1.000 Kindern durchschnittlich 1,24 während des Heranwachsens ihre Sehfähigkeit. In Indien sind 0,8 und in Europa 0,3 pro 1.000.

"In ostafrikanischen Ländern, wie zum Beispiel Kenia, Uganda und Sambia ist grauer Star (Katarakt) die häufigste Ursache für Blindheit bei Kindern", sagt der Augenarzt Daniel Etya'ale. Er ist Geschäftsführer der 'International Agency for the Prevention of Blindness' (APB), die 1975 als Dachorganisation für internationale Projekte zur Verhütung von Blindheit gegründet wurde.

Blinde Kinder in Schwarzafrika haben vor allem drei Probleme: Erstens kommt bei vielen von ihnen die Hilfe zu spät. Eine erfolgreiche Behandlung kann dann nicht mehr gewährleistet werden. Zweitens sind die meisten von ihnen extrem anfällig für Krankheiten, weshalb die Hälfte der Kinder kurz nach der Erblindung stirbt. Drittens fehlen die Infrastruktur und fachärztlich ausgebildetes Personal, um die kleinen Patienten angemessen zu versorgen.


Afrika braucht mehr Spezialkliniken

Nach Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sollte auf eine Gruppe von zehn Millionen Menschen ein pädiatrisches Kompetenzzentrum für Ophthalmie (Autoimmunerkrankung des Auges) kommen. In Schwarzafrika stehen erheblich weniger solcher Spezialkliniken zur Verfügung. Südafrika hat für diesen medizinischen Bereich nur die 'Rot-Kreuz Klinik für Kinder' in Kapstadt. Insgesamt können auf dem afrikanischen Kontinent nur noch elf weitere Länder Einrichtungen für die Behandlung von Augenerkrankungen bei Kindern vorweisen.

Laut Etya'ale könnten bestimmte Grunderkrankungen für die hohe Sterblichkeitsrate bei blinden Kindern verantwortlich sein. Die Xerophthalmie beispielsweise führt zu einer extremen Austrocknung des Auges. Ohne Behandlung entstehen daraus Hornhautgeschwüre, und es kommt zu Einschmelzungsvorgängen. Schließlich stirbt das Gewebe ab und der Betroffene wird blind.

Diese Erkrankung ist die häufigste Ursache für Erblindung bei Kleinkindern in Entwicklungsländern und wird durch Vitamin-A-Mangel verursacht. Diese Mangelerscheinung schwächt auch das Immunsystem stark. Die extreme Abwehrschwäche könnte der Grund sein, warum so viele erblindete Kinder früh sterben.

Professor Colin Cook, Chef der Ophthalmieabteilung im Rot-Kreuz Krankenhaus und Experte für Ophthalmie an der Universität von Kapstadt sagt, die Anforderungen für Prävention gegen Blindheit bei Kindern seien sehr unterschiedlich. Je nach Region seien verschiedenste Maßnahmen erforderlich. Manchmal wären Operationen notwendig. In anderen Fällen bräuchten die Kinder Brillen. Oder aber es gelte eine medizinische Grundversorgung aufzubauen, Impfungen durchzuführen und die Ernährung zu verbessern.


Blindheit durch Vitamin-A-Mangel

In vielen Fällen konnte in Südafrika, Sambia und Kenia auch eine Verbindung zwischen angeborenen Augenerkrankungen und Röteln hergestellt werden. Röteln sind besonders gefährlich für Ungeborene. Die Infektion kann Taubheit, Herzfehler und Katarakte verursachen. Daher werden nun verstärkt Schutzimpfungen gegen das Virus durchgeführt. Besonders wird darauf geachtet, Mädchen zu impfen, bevor sie das gebärfähige Alter erreichen.

Um Sehstörungen bei Kindern möglichst früh entdecken und behandeln zu können, brauchen die Länder und Gemeinden eine flächendeckende Versorgung mit fachlich ausgebildetem Personal. Beispielsweise sollten Mitarbeiter in Gemeindezentren lernen, einfache Sehtests durchzuführen.

"Wenn bei so einem Test Anzeichen für eine Augenerkrankung auftauchen, kann das betroffene Kind sofort zu einer gründlichen Untersuchung geschickt werden", erläutert der Augenarzt Etya'ale, der auch dem Lenkungsausschuss der Afrika-Initiative von ORBIS angehört. ORBIS ist eine global operierende Non-Profit-Organisation, die sich dem Kampf gegen Blindheit in Entwicklungsländern verschrieben hat.

Rechtzeitige Diagnose kann den Unterschied zwischen einem Dasein in Elend oder sogar vorzeitigem Tod und einem erfüllten Leben machen. Um diese Art von Unterstützung zu leisten, setzt ORBIS zwei ganz spezielle Hilfsmittel ein.


'Flying Eye Hospital'

Die Organisation arbeitet mit einer fliegenden Lehrklinik zur Behandlung von Augenkrankheiten. Sie trägt den Namen 'Flying Eye Hospital' und befindet sich an Bord eines DC-10-Flugzeugs. Außerdem betreibt ORBIS die Internetplattform 'Cyber Sight'. Dort kann auf elektronischem Weg medizinische Beratung von erfahrenen Fachärzten eingeholt werden.

Hunter Cherwek ist der ärztliche Leiter der fliegenden Klinik. Er beklagt, dass es an so vielen Orten nicht einmal eine jährliche Routineuntersuchung für Kinder gibt. Er sagt: "Blindheit und Armut sind ein Teufelskreis. Kinder, die mit beidem geschlagen sind, haben kaum eine Chance. Die Wiederherstellung der Sehfähigkeit hilft, den Teufelskreis zu durchbrechen. So gewinnen die Kinder ihre Lebensqualität zurück." (Ende/IPS/jb/2011)


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http://www.orbis.org/Default.aspx?cid=5712&lang=1
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Mai 2011