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AUSLAND/2287: Kenia - Internationales Bündnis gegen Müttersterblichkeit und Genitalverstümmelung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 20. Oktober 2015

Kenia: Internationales Bündnis kämpft gegen Müttersterblichkeit und Genitalverstümmelung

von Siddharth Chatterjee *


MANDERA COUNTY, KENIA (IPS) - Viele Frauen in Mandera County, einem schwer zugänglichen und unwirtlichen Bezirk im Nordosten Kenias, müssen von Kindheit an um ihr Überleben kämpfen. Als kleine Mädchen sind sie gezwungen, die Verstümmelung ihrer Genitalien zu ertragen. Die körperlichen und psychischen Narben bleiben ein Leben lang. Die meisten jungen Kenianerinnen werden zudem verheiratet, wenn sie gerade das Teenageralter erreicht haben. Sie müssen die Schule abbrechen und bekommen Kinder, bevor sie die nötige Reife dazu erlangt haben.

In Mandera, das zwei Flugstunden von der modernen Großstadt Nairobi entfernt liegt, ist die Müttersterblichkeit mit 3.795 Todesfällen je 100.000 Lebensgeburten sogar höher als während des Bürgerkriegs in Sierra Leone (2.000 Todesfälle pro 100.000 Lebendgeburten). Der nationale Durchschnitt liegt in Kenia bei 448 Todesfällen je 100.000 Lebendgeburten.


Frauen und Mädchen schwächste Glieder der Gesellschaft

Die Bewohner des Bezirks leben am Rande der Gesellschaft. Der Entwicklungsstand ist niedrig, Konflikte beherrschen den Alltag. Die Menschen sitzen in der Armuts- und Verzweiflungsfalle. Der niedrige gesellschaftliche Status von Frauen, die gängige Praxis der Genitalverstümmelung und der Kinderehe tragen zu einer weiteren Verschlimmerung der Lage bei. Unter den Armen leiden Frauen und Mädchen am meisten unter der Ungleichbehandlung.

Doch die Dinge wenden sich allmählich zum Besseren. Kenias Entscheidung, den lokalen Behörden mehr Entscheidungsvollmachten zu übertragen, hat sichtbare Auswirkungen. Eine größere Zahl von Gesundheitseinrichtungen bietet mittlerweile eine Basisversorgung für Mütter und Kinder, und mehr Frauen als früher bringen ihre Babys in Kliniken zur Welt.

Genauso wichtig wie diese Verbesserungen sind gemeinsame Anstrengungen des Privatsektors zur Umgestaltung des Gesundheitsektors. Bis vor Kurzem galt dies noch als aussichtsloses Unterfangen. Das neue Bündnis verfolgt das Ziel, neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln. Entstanden sind unter anderem Gemeinschaftszentren, wo arme Mütter und ihre Neugeborenen betreut werden.


Gesundheitskooperation zwischen Regierung, UN und Privatsektor

Ein behördenübergreifendes Team aus Vertretern des Präsidentenbüros, des Gesundheitsministeriums, des Kenianischen Roten Kreuzes, des Weltbevölkerungsfonds UNFPA, des UN-Nothilfekoordinators, der Organisation 'Save the Children' sowie vom Technologieunternehmen Philips, von Amref, Safaricom und GlaxoSmithKlein besuchte am 13. Oktober Mandera, um gemeinsam mit Botschaftern aus der Türkei und Schweden eine Gesundheitspartnerschaft von Regierung, UNFPA und Philips vorzustellen.

Das Projekt soll eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung von etwa 25.000 Menschen ermöglichen. Die Funktionalität von Krankenhäusern soll etwa durch eine Beleuchtung rund um die Uhr verbessert werden, damit auch nach Sonnenuntergang Gebärende und kranke Kinder gut betreut werden können. Wenn sich diese Initiative als erfolgreich erweist, kann sich die Versorgung von Müttern und Kindern in Mandera grundlegend verändern.

Aufgrund der angespannten Sicherheitslage haben die meisten UN-Mitarbeiter und Diplomaten den Bezirk bisher gemieden. Es ist nun zu hoffen, dass der Besuch der Botschafter der Türkei und Schwedens, die sich beide für Frauen- und Kinderrechte engagieren, auch Verbesserungen für andere Krisengebiete im Nordosten Kenias anstoßen kann. Die Botschafter betonten die Entschlossenheit ihrer Staaten, gemeinsam mit der Regierung Kenias das Wohlergehen aller Frauen und Mädchen im Land zu fördern.


Förderung durch Weltbank-Fonds

Die erweiterte Partnerschaft, die unter anderem auch die Initiative 'H4+' der Vereinten Nationen einschließt, wird sich auf sechs Bezirke mit einer hohen Müttersterblichkeitsrate konzentrieren: neben Mandera auch auf Wajir, Marsaibit, Lamu, Isiolo und Migori. In der Hauptsache sollen die Versorgungsketten für die Gesundheitseinrichtungen ausgebaut und mehr speziell auf junge Patienten zugeschnittene Behandlungen angeboten werden. Zudem ist geplant, die Ausbildung von Gesundheitsarbeitern zu verbessern. Diese Aktivitäten werden durch den 'Health Results Innovation Trust Fund' der Weltbank finanziert.

Diese Bemühungen entsprechen den Zielsetzungen der kenianischen Regierung zur Senkung der Müttersterblichkeit und zur Bereitstellung einer kostenlosen Gesundheitsversorgung für Frauen mit Kindern.

Kenias First Lady Margaret Kenyatta sagte einmal: "Ich bin zutiefst betrübt darüber, dass Frauen und Kinder in unseren Land an Ursachen sterben, die vermieden werden können. Das muss nicht so sein." Deshalb starte die 'Beyond Zero Campaign', die eine pränatale und postnatale Versorgung von Frauen und Mädchen ermöglichen soll.

Gesündere Frauen können dazu beitragen, dass die Gesellschaft insgesamt gebildeter und gesünder sein wird, größere wirtschaftliche Chancen bietet und die Marginalisierung reduziert. Daraus kann Frieden entstehen und der gewalttätige Extremismus hoffentlich zurückgedrängt werden.

Mandera wird einen großen Schritt hin zur Erfüllung der Vision der UN-Sicherheitsratsresolution 1325 tun, die eine Stärkung der Rechte von Frauen und deren gesellschaftliche Partizipation vorsieht. Damit würden der Diskriminierung und schädlichen Praktiken wie der Genitalverstümmelung und der Verheiratung von Kindern ein Ende gesetzt. (Ende/IPS/ck/20.10.2015)

* Siddharth Chatterjee ist der Vertreter des Weltbevölkerungsfonds UNFPA in Kenia


Link:

http://www.ipsnews.net/2015/10/kenya-transforming-mandera-countys-deadly-reputation-for-maternal-health/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 20. Oktober 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Oktober 2015

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