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ARTIKEL/1465: Physician Assistant - Übertragung ärztlicher Aufgaben nach dem Delegationsprinzip (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 2/2018

Physician Assistant
Kein "Arzt light"

von Dirk Schnack


Der Deutsche Ärztetag in Freiburg hat sich für Modelle der Übertragung ärztlicher Aufgaben nach dem Delegationsprinzip ausgesprochen - der Physician Assistant (PA) bleibt aber umstritten. Veranstaltung in Heide.


Von manchen wird er etwas abwertend als "Arzt light" beschrieben: Der Physician Assistant (PA) hat in der Ärzteschaft noch einen schweren Stand. Dabei haben Bundesärztekammer und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) das Modell des PA selbst entwickelt und der Deutsche Ärztetag hat dieses Modell auch gebilligt. Der PA ist eine aus dem internationalen Sprachgebrauch abgeleitete Bezeichnung für einen in Deutschland neuen Gesundheitsberuf. Er soll Aufgaben übernehmen, die ihm vom Arzt übertragen werden und diesen damit unterstützen und entlasten.

Zu seinem Aufgabenspektrum zählen u. a. die Erhebung der Krankengeschichte und ihre Dokumentation, die Einordnung typischer Laborbefunde, das Anlegen von Infusionen, das Vorund Nachbereiten des OP- und Instrumententischs. Auch bei der Erläuterung von Diagnosen oder bei der DRG-Kodierung könnten PAs laut Konzept mitwirken. Nicht delegieren dürfen Ärzte dagegen die Anamnese, die Indikationsstellung, die Untersuchung des Patienten, das Stellen der Diagnose und weitere urärztliche Aufgaben.

Anstreben sollen den PA auf Wunsch der Ärzteschaft Ausbildungsberufe wie etwa Medizinische Fachangestellte (MFA), die eine akademische Weiterbildung mit Bachelor-Abschluss absolvieren. Der Deutsche Ärztetag forderte die ärztlichen Spitzenorganisationen ausdrücklich auf, sich dafür einzusetzen, dass für den PA kein grundständiges Studium ohne vorherige Ausbildung eingerichtet wird. Das nämlich würde zu einem Gesundheitsberuf führen, der dann möglicherweise tatsächlich ein "Arzt light" und damit eine kostengünstigere Konkurrenz wäre. Genau um diesen Punkt drehen sich die Befürchtungen mancher Ärzte. Sie erwarten, dass Krankenhäuser und Krankenkassen die mit der Entlastung frei werdende Zeit den Ärzten doch nicht am Patienten zugestehen, sondern im Gegenteil auf weitere Einsparungen drängen werden.

Die Vertreterversammlung der KV in Brandenburg hat sich deshalb in einer Resolution gegen den PA ausgesprochen. Auch der Deutsche Hausärztetag lehnt die Übernahme hausärztlicher Tätigkeiten durch den PA ab; allerdings wird dort ausdrücklich nur von der Substitution gesprochen, nicht von Delegation. Unter Hausärzten befürchtet man Kompetenzgerangel. Manche Hausarzt-Funktionäre sind strikt gegen den PA, obwohl dessen Einsatzgebiet eher auf das Krankenhaus ausgerichtet ist. Die Vorstellung, dass der PA eventuell später auch im hausärztlichen Bereich Einzug halten könnte, bewegt den Verband zu einer klaren Abwehrhaltung.

In Schleswig-Holstein steht man dem PA-Modell bislang aufgeschlossen gegenüber. Dr. Henrik Herrmann, Vizepräsident der Ärztekammer Schleswig-Holstein, hat zwar Verständnis für die geäußerten Bedenken, teilt sie aber nicht. Er verweist darauf, dass der PA ein reiner Delegationsberuf ist, dessen Einsatzgebiete von den ärztlichen Körperschaften mitbestimmt werden. "Der PA wird ins ärztliche Team integriert und ist dem Arzt untergeordnet, auch den frisch approbierten", betont Herrmann. Insbesondere junge Ärzte könnten von der Entlastung profitieren, weil ihnen mehr Zeit am Patienten bliebe. Die derzeit hohe Arbeitsverdichtung könne durch den Einsatz von PAs abnehmen. Strikten Ablehnern entgegnet Herrmann: "Wir sind aufgefordert Ideen zu entwickeln, wie die Arbeit besser aufgeteilt werden kann. Die zusätzlich geforderten 1.000 - 2.000 Medizinstudienplätze werden nicht ausreichen und eine noch höhere Zahl wird es nicht geben." Bei diesen Überlegungen sei es besser, mit eigenen Vorschlägen der Ärzteschaft initiativ zu werden, als auf den Gesetzgeber zu warten.

Was die Einführung des PA bedeuten könnte und wie PAs selbst ihre Arbeit erleben, wird am 7. März (16:00 bis 19:30 Uhr, zwei Fortbildungspunkte) in Heide gezeigt. Das Westküstenklinikum widmet sich dem Thema in einem Symposium unter dem Titel "Notfall Personal: Akademisierung der Gesundheitsberufe - Ausweg oder Irrweg". Nach einem Impulsvortrag von Prof. Marcus Hoffmann, Studiendekan des Fachbereichs Gesundheit an der dualen Fachhochschule Baden-Württemberg, und einem Vortrag von Landesgesundheitsminister Dr. Heiner Garg wird mit Experten und angehenden PAs diskutiert. Weitere Infos: aemisch@wkk-hei.de. (di)


Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 2/2018 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2018/201802/h18024a.htm

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt
70. Jahrgang, Februar 2018, Seite 22
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der Kassenärztlichen Vereinigung
Schleswig-Holstein
Redaktion: Dirk Schnack (Ltg.)
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. März 2018

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