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ARTIKEL/1245: Strukturierte Weiterbildung macht den Beruf "Hausarzt" wieder attraktiv (idw)


Universitätsklinikum Heidelberg - 29.02.2012

Strukturierte Weiterbildung macht den Beruf "Hausarzt" wieder attraktiv

Fazit der Fachtagung des Kompetenzzentrums Allgemeinmedizin / Baden-Württemberg am 28. Februar 2012: Verbundweiterbildung plus ist ein wirksames Rezept gegen den Hausärztemangel


Das Nachwuchsprogramm des Kompetenzzentrums Allgemeinmedizin Baden-Württemberg, die Verbundweiterbildung plus, weckt neues Interesse am Berufsbild "Hausarzt": Inzwischen lassen sich rund 200 junge Mediziner in Baden-Württemberg im Rahmen dieses Programm zum Facharzt für Allgemeinmedizin weiterbilden. In 33 Regionalverbünden finden sie nahtlos ineinander übergehende, auf die spätere hausärztliche Tätigkeit ausgerichtete Stellen in Kliniken und Praxen. Und die Zahl der Bewerber und Partner steigt. Diese positive Bilanz zogen Experten des Kompetenzzentrums bei einer Fachtagung am 28. Februar 2012 in der Medizinischen Universitätsklinik Heidelberg. Seit 2008 bietet Verbundweiterbildung plus angehenden Hausärzten eine strukturierte und kontinuierliche Weiterbildung mit regelmäßigen Begleitseminaren an.

Unter den rund 100 Teilnehmern aus ganz Deutschland waren neben Hausärzten, angehenden Hausärzten und Studierenden auch Vertreter von Ärztekammer, Krankenkassen, Hausärzteverband, Krankenhausverwaltungen, Gemeindetag und Ministerien.

77 Prozent können sich Niederlassung in ländlichen Gemeinden vorstellen

Insbesondere im ländlichen Raum ist die Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung zukünftig gefährdet. An der Motivation der angehenden Allgemeinmediziner, liege das aber nicht, machte Privatdozentin Dr. Stefanie Joos, Projektleiterin des Kompetenzzentrums Allgemeinmedizin am Universitätsklinikum Heidelberg, deutlich. Von den 528 Teilnehmern einer Online-Befragung von 2010, die sich deutschlandweit in der Weiterbildung zum Allgemeinmediziner befanden, konnten sich 89 Prozent eine Niederlassung als Hausarzt vorstellen, 77 Prozent auch in ländlichen Gebieten.

Doch viele Motivierte erreichen dieses Ziel nicht: Bisher mussten sich die Ärzte passende Weiterbildungsstellen selbst zusammensuchen und häufig wechseln, um die Anforderungen zu erfüllen. Die Weiterbildung war kaum planbar, schlecht bezahlt und die Lerninhalte nicht unbedingt relevant für die spätere hausärztliche Tätigkeit.

Erstes kompetenzbasiertes Curriculum für die Allgemeinmedizin / "Landtage" fördern Austausch

Verbesserung verspricht das deutschlandweit erste kompetenzbasierte Curriculum zum Allgemeinmediziner, erarbeitet durch das Kompetenzzentrum Allgemeinmedizin in Kooperation mit der DEGAM (Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin). "Das Curriculum bietet als "roter Faden" den Ärzten in Weiterbildung schon früh eine Orientierung, welche Lerninhalte für ihre spätere Tätigkeit als Hausarzt relevant sind", sagte Dr. Jost Steinhäuser, Abteilung für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, der die Entwicklung des Curriculums von Heidelberg aus koordiniert und es bei der Tagung erstmals vorstellte. Wichtig seien auch zusätzliche Schulungen, die unternehmerischen Fähigkeiten eines selbstständig arbeitenden Praxisinhabers vermitteln. "63 Prozent der Umfrage-Teilnehmer gaben an, dass sie das unternehmerische Risiko einer Niederlassung schrecke", so Dr. Stefanie Joos.

Damit Ärzte in Weiterbildung und Bürgermeister ländlicher Gemeinden sich austauschen können, bietet die Verbundweiterbildung plus seit 2011 die sogenannten "Landtage" an. Dabei lernen die Vertreter der Gemeinden die Bedürfnisse der angehenden Hausärzte kennen, z.B. ein familienfreundliches Umfeld, und diese die vorhandenen Möglichkeiten und Strukturen ihrer vielleicht zukünftigen Wirkungsorte.

Gutachten bescheinigt Verbundweiterbildung plus hohe Qualität

"Mit der Verbundweiterbildung plus wollen wir nicht nur die Rahmenbedingungen der Weiterbildung verbessern, sondern erreichen, dass sich mehr junge Kollegen mit dem Berufsbild Hausarzt identifizieren können", so Professor Dr. Joachim Szecsenyi, Leiter des Kompetenzzentrums und der Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung. Nicht nur die steigende Nachfrage bestätigt das Heidelberger Konzept. Ein aktuelles Gutachten im Auftrag des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg bescheinigt dem Modellprojekt eine hohe Qualität nach den Kriterien einer europaweiten "Best Practice" in der allgemeinmedizinischen Weiterbildung.

Die Verbundweiterbildung plus habe einen Prozess in Gang gebracht, der für die Weiterentwicklung der Allgemeinmedizin in Baden-Württemberg und hoffentlich in ganz Deutschland sehr bedeutsam sei, bilanzierte Gutachter Professor Dr. Roar Maagaard von der Universität Aarhus in Dänemark. Maagaard war als Vorsitzender des Bildungskomitees am Danish College für Allgemeinmedizin (DSAM) verantwortlich für Entwicklung und Umsetzung eines entsprechenden Weiterbildungsprogramms in Dänemark und gehört seit 2009 dem wissenschaftlichen Beirat des Kompetenzzentrums Allgemeinmedizin Baden-Württemberg an.

Weitere Informationen und Anmeldung:
www.weiterbildung-allgemeinmedizin.de
www.kompetenzzentrum-allgemeinmedizin.de


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Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der größten und renommiertesten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international bedeutsamen biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung neuer Therapien und ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 10.000 Mitarbeiter und sind aktiv in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 Departments, Kliniken und Fachabteilungen mit ca. 2.000 Betten werden jährlich rund 550.000 Patienten ambulant und stationär behandelt. Derzeit studieren ca. 3.600 angehende Ärzte in Heidelberg; das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland.
www.klinikum.uni-heidelberg.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution665

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung 20 / 2012
Universitätsklinikum Heidelberg, Dr. Annette Tuffs, 29.02.2012
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. März 2012

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