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ARTIKEL/1348: Chance oder Bedrohung - Medizinische Versorgungszentren in Hamburg bleiben umstritten (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 7/2014

MVZ
Chance oder Bedrohung: MVZ in Hamburg bleiben umstritten

Von Dirk Schnack


Zur Entwicklung der Medizinischen Versorgungszentren (MVZ): Immer größere Einheiten, die zunehmend auf angestellte Ärzte setzen.


MVZ: ein Reizthema, das in der Vergangenheit in vielen Bundesländern zu Spannungen zwischen niedergelassenen Ärzten und Klinikträgern führte. Auch in Schleswig-Holstein wurde in den vergangenen Jahren kontrovers diskutiert. Seit 2004 MVZ-Gründungen möglich wurden, gab es viele Probleme zwischen niedergelassenen Ärzten bzw. deren Netzen auf der einen und den Klinikträgern auf der anderen Seite. In einigen Regionen fühlten sich niedergelassene Ärzte durch Klinik-MVZ bedroht und warfen den Trägern vor, die MVZ als reine Portal-Einrichtungen zu etablieren. Ziel sei also nicht in erster Linie die Patientenversorgung, sondern die Akquise von Patienten für die benachbarten Kliniken des jeweiligen Trägers. Allerdings gab es auch Praxisinhaber, die trotz ihrer Kritik später froh waren, ihren Sitz an solche Träger noch zu einem anständigen Preis weitergeben zu können. In vielen Fällen war es fraglich, ob sich ein anderer Interessent, zumal aus dem niedergelassenen Bereich, für diesen Praxissitz gefunden hätte.

Inzwischen ist es zumindest in Schleswig-Holstein deutlich ruhiger um das einstige Reizthema geworden. Anders in Hamburg: In der Hansestadt setzt sich die KV mit den Interessen großer Klinikkonzerne auseinander, die oft nicht mit denen der niedergelassenen Ärzte korrespondieren.

Verständlich war deshalb das große Interesse an der Veranstaltung eines Hamburger Kreditinstituts zum Thema "Zehn Jahre MVZ - ein Auslaufmodell?". Auch aus Schleswig-Holstein waren Ärzte zu dieser Vortragsveranstaltung gekommen. Sie erfuhren u. dass MVZ zunehmend zu größeren Einheiten werden, die immer stärker auf angestellte Ärzte setzen. Schon 13 Prozent aller KV-Mitglieder in der Hansestadt arbeiten in einem MVZ - größer ist dieser Anteil nur noch in Thüringen. Insgesamt 75 MVZ gibt es in Hamburg, in denen insgesamt 604 Ärzte arbeiten. Auf ein MVZ kommen in Hamburg nur noch 38 Einzel- oder Gemeinschaftspraxen. Bundesweit sind dies nach Angaben von KV-Vorstand Dr. Stephan Hofmeister 53. Er stellte aber klar, dass kleinere MVZ und Einrichtungen, die ausschließlich mit selbstständigen Ärzten arbeiten, tendenziell eher abnehmen. Deutlich im Zuwachs sind dagegen MVZ mit angestellten Ärzten.

Der Entwicklung im MVZ-Sektor gewinnt Hofmeister positive und negative Seiten ab. Als Vorteil sieht er an, dass MVZ erheblich zu einer stärkeren ärztlichen Kooperation beigetragen haben. Eher skeptisch ist die KV dagegen beim starken Engagement von Klinikträgern in der MVZ-Landschaft. Denn für die Versorgung ist dieses Engagement in dem gut versorgten Stadtstaat kaum erforderlich.

Bundesweit sieht das anders aus. In vielen Bundesländern ist das MVZ nach Ansicht von Johannes Kalläne aus der Kanzlei medlegal eine unverzichtbare Option für die Versorgung. Dennoch hat der Rechtsanwalt unter niedergelassenen Ärzten viel Skepsis in Bezug auf MVZ erfahren. Diese wurden zumindest in den ersten Jahren oft mit einer Kommerzialisierung der MVZ in Verbindung gebracht und als Bedrohung für Versorgung und Freiberuflichkeit wahrgenommen. Teils seien ihre Träger als "Heuschrecken in der Medizin" bezeichnet worden. Diese Befürchtungen haben sich nach seiner Ansicht weitestgehend nicht bewahrheitet; allerdings hat eine Gesetzesänderung inzwischen auch dafür gesorgt, dass der Einstieg für branchenfremde Investoren stark erschwert wurde. MVZ bieten nach Darstellung Kallänes auch einige Vorteile, zu denen etwa bessere Managementmöglichkeiten, bessere Finanzausstattung durch Investoren, ein reduziertes Haftungsrisiko und die höhere Chance zur Akquise ärztlicher Arbeitskraft zählen.

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Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 7/2014 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2014/201407/h14074a.htm

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt
67. Jahrgang, Juli 2014, Seite 57
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dr. Franz-Joseph Bartmann (V.i.S.d.P.)
Bismarckallee 8-12, 23795 Bad Segeberg
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. August 2014

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