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ARTIKEL/1353: Patienten vor unwirksamen oder schädlichen Medizinprodukten schützen (idw)


Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e.V. - 25.09.2014

Patienten vor unwirksamen oder schädlichen Medizinprodukten schützen


Durch zentralisierte Zulassung und frühe Nutzenbewertung können Patienten vor unwirksamen oder schädlichen Medizinprodukten geschützt werden. Mit ihrer gemeinsamen Presseerklärung schließen sich das Deutsche Netzwerk Evidenzbasierte Medizin (DNEbM) und der Verein zur Förderung der Technologiebewertung im Gesundheitswesen (HTA.de) den Forderungen des Sachverständigenrats nach einer weitreichenden Reform der Versorgung mit Medizinprodukten an.

Anlässlich eines Symposiums des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR) am 30. September 2014 in Berlin weisen das Netzwerk Evidenzbasierte Medizin und HTA.de erneut auf gravierende Defizite bei der Regulation von Medizinprodukten hin. Das Gutachten 2014 des SVR geht ausführlich auf die Versorgung mit Medizinprodukten in Deutschland ein und kommt zu einem überaus kritischen Ergebnis. Unter anderem wird moniert, dass es keine belastbaren Daten zur Gesamtzahl der auf dem Markt befindlichen Medizinprodukte gibt, auch nicht zur Verteilung auf die Risikoklassen. Insbesondere im Vergleich zum demgegenüber strikt geregelten Arzneimittelmarkt fallen die Defizite besonders auf: weitgehend fehlende Transparenz zum Marktgeschehen und zu Vorkommnissen mit Medizinprodukten, kein obligatorischer Wirksamkeitsnachweis, kaum Möglichkeiten zur Rückverfolgbarkeit bei Implantaten usw.

Der SVR spricht sich dafür aus, Hochrisikoprodukte künftig zentral zu regulieren und wendet sich damit dagegen, dass das Primat des freien Verkehrs von Waren in Europa unterschiedslos auf Konsumgüter ebenso wie auf Medizinprodukte angewendet wird: "Das einzige grundlegende Differenzierungsmerkmal zwischen der Konformitätsbewertung eines nichtmedizinischen technischen Produkts - wie beispielsweise einem Fernseher - und einem Medizinprodukt besteht in dem Erfordernis einer klinischen Bewertung" (Ziffer 134). Diese "klinische Bewertung" bedeutet in vielen Fällen lediglich, dass Hersteller sich auf Daten anderer Medizinprodukte beziehen können. Veröffentlicht werden solche Bewertungen nicht, so dass niemand nachvollziehen kann, aufgrund welcher Daten ein Produkt eigentlich zugelassen wurde.

Die Forderungen, die der SVR aus dieser Analyse ableitet, unterstützen HTA.de und DNEbM daher ausdrücklich:

  • Eine europaweite zentrale und unabhängige Zulassung von Medizinprodukten der Klassen IIb und III.
  • Für diese Hochrisikoprodukte muss die Wirksamkeit und Sicherheit vor dem Marktzugang methodisch adäquat belegt werden.
  • Es ist ein Vergleich zur besten verfügbaren Alternative durchzuführen, um Nachteile für Patienten durch den verzögerten Einsatz von wirksamen Methoden zu vermeiden.
  • Alle klinischen Studien mit Medizinprodukten sind vor Beginn der Studie verpflichtend und öffentlich zugänglich zu registrieren.
  • Einrichtung einer öffentlich zugänglichen Informationsplattform für alle Medizinprodukte mit Daten zur Zulassung, zur Wirksamkeit und zur Sicherheit.


Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.svr-gesundheit.de/index.php?id=485
http://www.ebm-netzwerk.de/
http://www.health-technology-assessment.de/

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution640

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e.V., Karsta Sauder, 25.09.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Oktober 2014

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