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MELDUNG/338: Erneut Heroin-Ersatzstoff an Kind verabreicht - Kritik an BMG wegen Untätigkeit (DSÄ)


Dachverband substituierender Ärzte Deutschlands e. V. - 29. März 2012

Erneut Heroin-Ersatzstoff an Kind verabreicht

Dachverband substituierender Ärzte Deutschlands (DSÄ) kritisiert BMG wegen Untätigkeit



Nur wenige Tage nachdem der Dachverband substituierender Ärzte Deutschlands e. V. (DSÄ) den Methadon-Todesfall der kleinen "Chantal" in Hamburg zum Anlass nahm, um die verantwortlichen Akteure dazu aufzufordern die Substitutionstherapie sicherer zu machen, wird erneut ein gerichtsanhängiger Fall schwerer Kindeswohlgefährdung durch ein methadonhaltiges Substitutionsmittel bekannt.

Laut einer Anklage vor dem Kassler Landgericht soll eine 29-jährige Mutter, die mit ihrem ebenfalls drogenabhängigen Lebensgefährten zusammenlebt, im September 2011 ihrer vier Monate alten Tochter den Heroin-Ersatzstoff L-Polamidon in einer Trinkflasche verabreicht haben. In der Folge kam es zu einem lebensgefährlichen Atemstillstand. Der durch das Paar herbeigerufene Notarzt verbrachte den leblosen Säugling daraufhin in die Klinik, wo das Leben des Kindes gerettet werden konnte. Die Staatsanwaltschaft erhob Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung.

Levomethadon (Polamidon) ist ein für die Substitutionsbehandlung zugelassenes Opioid und wird ähnlich wie Methadon wegen seiner suchtstillenden Wirkung bei Heroinabhängigkeit eingesetzt. Für Menschen, die nicht an Opiate gewöhnt sind, kann der Ersatzstoff aber lebensgefährlich sein. Erst im Januar war in Hamburg die elf Jahre alte Chantal an einer tödlichen Dosis Methadon gestorben. Alternativ sind andere Ersatzstoffe gleichfalls zur Substitutionsbehandlung zugelassen, von denen keine lebensbedrohlichen Gefährdungen für Dritte ausgehen.

Nach Auffassung des DSÄ ließe sich ein Großteil der Gefahren, welche sich durch die sogenannte take home-Vergabe von Drogenersatzstoffen ergeben, durch geeignete gesetzgeberische Maßnahmen auflösen. Nämlich dann, wenn das besondere Gefahrenpotenzial der einzelnen zugelassenen Substitutionsmittel mit berücksichtigt wird.

Dem DSÄ ist völlig unverständlich, dass das BMG in der Beantwortung einer kleinen Anfrage der Grünen an die Bundesregierung am 22. März 2012 mitteilt, es strebe derzeit keine Änderungen der betäubungsmittelrechtlichen Regelungen zur Substitution Opiatabhängiger an.


Der Dachverband der substituierenden Ärzte Deutschlands e.V. setzt sich regional und bundesweit für alle Belange der niedergelassenen Substitutionsärzte ein. Dazu gehören die Qualität der Substitution, die Rechtssicherheit für die substituierenden Ärzte sowie deren angemessene Honorierung. Dabei steht der Verband in allen Fachfragen in regem Kontakt zu anderen Disziplinen.

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Quelle:
Dachverband substituierender Ärzte Deutschlands e. V.
Pressemitteilung vom 29. März 2012
Generalsekretär Dr. Ingo Rempel
Hasseldieksdammer Weg 29, 24114 Kiel
E-Mail: doc.rempel@gmx.de
Internet: www.dsae.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 31. März 2012