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MELDUNG/824: Ärztekammer Nordrhein - Beschlüsse der Kammersammlung am 18.03.2017 (AEKNO)


Ärztekammer Nordrhein - 20. März 2017

Beschlüsse der Kammersammlung am Samstag, den 18.03.2017:

1. Ärzte fordern wissenschaftliche Bestandsaufnahme der Wirkung von Rabattverträgen auf die Versorgung
2. Rheinische Ärzte lehnen Investitionsmittel der Kassen für Kliniken ab
3. Der Einheitsversicherung eine Absage erteilen
4. Rheinische Ärzteschaft für Verbot von Tabakwerbung und Erhalt rauchfreier Kneipen in NRW
5. Konzerne bedrohen Wahlfreiheit der Patienten


1. Ärzte fordern wissenschaftliche Bestandsaufnahme der Wirkung von Rabattverträgen auf die Versorgung

Düsseldorf - Patientinnen und Patienten reagieren auch zehn Jahre nach Einführung der Rabattverträge noch vielfach mit Unverständnis auf den damit verbundenen häufigen Wechsel von Präparaten. "Dieser Umstand erfordert zahllose Gespräche und Diskussionen zwischen Patienten und Heilberuflern", übten heute (Samstag, 18. März) die Delegierten der Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein Kritik an diesem Instrument zur Senkung der Ausgaben für Arzneimittel.

Das rheinische Ärzteparlament fordert daher eine wissenschaftliche Evaluierung der Auswirkungen dieser Rabattverträge. Untersucht werden sollen die zeitliche Inanspruchnahme von Ärzten und Apothekern und die Adhärenz. Nach Auffassung der Kammerversammlung ist fraglich, ob Patienten die ausgetauschten Arzneimittel auch wie besprochen einnehmen. "In letzter Konsequenz sollte auch, beispielsweise aus Routinedaten, analysiert werden, inwieweit häufige Präparatewechsel tatsächlich zu einem schlechteren therapeutischen Outcome führen", so die Delegierten.

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2. Rheinische Ärzte lehnen Investitionsmittel der Kassen für Kliniken ab

Düsseldorf - Die rheinische Ärzteschaft spricht sich entschieden gegen eine finanzielle Beteiligung der Krankenkassen an der Investitionsfinanzierung der Krankenhäuser in NRW aus. "Die Aufgabe der Krankenkassen liegt in der angemessenen Vergütung der in den Krankenhäusern erbrachten Behandlungen", heißt es in einem heute (Samstag, 18. März) gefassten Beschluss der Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein.

"Krankenhausversorgung ist Daseinsvorsorge. Die Sicherstellung liegt aus diesem guten Grund in den Händen des Staates", sagte der Präsident der rheinischen Ärztekammer, Rudolf Henke. "Dessen Planungsverantwortung kann nicht getrennt werden von der Finanzierungsverantwortung." Würden dagegen die Krankenkassen in die Investitionsfinanzierung eingebunden, erhielten sie einen unangemessen starken Einfluss auf die Planung, so Henke.

Die Krankenhausplanung und damit auch die Bereitstellung von Mitteln für Investitionen etwa in Operationssäle oder Bettentrakte lägen aus gutem Grund in der Verantwortung der Bundesländer, so die rheinischen Ärztinnen und Ärzte. Hintergrund der Resolution sind Überlegungen der Politik, die auch in NRW bestehende Lücke bei der Investitionsfinanzierung durch Krankenkassen-Gelder zu schließen.

Die Investitionen in die circa 400 Kliniken an Rhein und Ruhr beliefen sich zuletzt auf rund 500 Millionen Euro. Laut einer Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung liegt der Investitionsbedarf allerdings bei mindestens 1,5 Milliarden Euro. In den vergangenen Jahren hat sich so eine Investitionslücke im Umfang von 12,5 Milliarden Euro aufgetan.

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3. Der Einheitsversicherung eine Absage erteilen

Düsseldorf - Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein hat alle politischen Kräfte aufgefordert, am dualen System der Krankenversicherung in Deutschland festzuhalten und einer "Einheitsversicherung" eine Absage zu erteilen. "Deutschland verfügt über eine im internationalen Vergleich hervorragende Gesundheitsversorgung. Ein wesentlicher Grund ist die Dualität von Gesetzlicher Krankenversicherung (GKV) und Privater Krankenversicherung (PKV)", so die Delegierten in einem heute (Samstag, 18. März) in Düsseldorf gefassten Beschluss.

Die PKV leiste einen wesentlichen Beitrag zur Versorgungsqualität, weil sie es Ärztinnen und Ärzten unter anderem regelmäßig schneller ermögliche, ihren Patienten Innovationen zur Verfügung zu stellen. Nur so sei ein Vergleich der Leistungen zwischen der GKV und der PKV möglich. Nach Ansicht der rheinischen Ärzte wirkt dieser Dualismus als Bremse für Leistungseinschränkungen in der GKV.

Eine Einheitsversicherung, so Kammerpräsident Rudolf Henke, würde die Patienten in ein System ohne Alternative und Korrektiv zwängen. Zudem würden auch die noch vorhandenen Freiheiten im Gesundheitssystem weiter beschnitten. Das könne aber nicht im Interesse von Patienten und Ärzten sein, sagte Henke.

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4. Rheinische Ärzteschaft für Verbot von Tabakwerbung und Erhalt rauchfreier Kneipen in NRW

Düsseldorf - Die Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein hat den Deutschen Bundestag aufgefordert, noch in dieser Legislaturperiode über den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf für ein Tabakwerbeverbot zu entscheiden. "Es ist dringend Zeit, Tabakreklame im öffentlichen Raum zu unterbinden, denn diese Reklame wirkt auch auf Kinder und Jugendliche ein", heißt es in einer heute (Samstag, 18. März) gefassten Resolution.

Deutschland hatte sich bereits im Jahr 2003 verpflichtet, eine entsprechende EU-Richtlinie zur Tabakwerbung umzusetzen. Das von Gegnern einer solchen Regelung vorgetragene Argument, wonach der Gesetzgeber Werbung für legale Produkte nicht verbieten könne, überzeuge ihn jedenfalls nicht, sagte der Präsident der rheinischen Ärztekammer, Rudolf Henke.

An den künftigen Landtag von Nordrhein-Westfalen appellierten die rheinischen Delegierten, die heute in NRW geltenden Regeln zum Nichtraucherschutz - zum Beispiel in Kneipen und Restaurants - nicht anzutasten. "Krankheit und Tod infolge Passivrauchens sind kein Ausdruck von Freiheit, sondern von Unterwerfung und ein Signal der Gleichgültigkeit gegenüber fremder Gesundheit", so die Kammerversammlung in ihrem Beschluss.

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5. Konzerne bedrohen Wahlfreiheit der Patienten

Düsseldorf - In immer mehr Bereichen der ambulanten ärztlichen Versorgung an Rhein und Ruhr bilden sich nach Beobachtung der rheinischen Ärzteschaft besorgniserregende Konzern-Strukturen aus. Diese öffentlich bislang kaum wahrgenommene problematische Entwicklung zeige sich nicht mehr nur im Laborbereich, sondern auch bei der Dialyse, der Radiologie und der Augenheilkunde, sagte der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke, heute (Samstag, 18. März) in Düsseldorf.

"Regional kann dabei die Wahlfreiheit für Patientinnen und Patienten eingeschränkt werden oder sogar verloren gehen", heißt es in einem Beschluss der Ärztekammer. Für junge Ärztinnen und Ärzte werde es in betroffenen Regionen damit zunehmend schwerer oder gar unmöglich, sich in eigener Praxis niederzulassen, da die begrenzten Sitze in der Hand dieser häufig renditeorientierten Konzerne verblieben.

Das rheinische Ärzteparlament fordert den Gesetzgeber und die zuständigen Institutionen der Selbstverwaltung daher auf, dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, indem die Größe von Konzernen in der ambulanten Versorgung begrenzt wird und ärztliche Kooperationsmodelle konsequent gefördert werden, "bei denen selbstständig tätige und angestellte Ärztinnen und Ärzte gemeinsam in Zusammenschlüssen überschaubarer Größe eine freiberuflich geprägte, patientenorientierte, regional abgestimmte Versorgung gewährleisten und der Bevölkerung im Zulassungsbezirk Wahloptionen bieten".

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Quelle:
Ärztekammer Nordrhein
Pressemitteilung vom 20. März 2017
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Telefon: 0211 / 43 02 2011, Fax: 0211 / 43 02 2019
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Internet: www.aekno.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. März 2017

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