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STELLUNGNAHME/184: Die Geburtshilfe in Deutschland braucht ein Umdenken (Deutscher Hebammenverband)


Deutscher Hebammenverband e.V. - 9. Oktober 2018

Die Geburtshilfe in Deutschland braucht ein Umdenken

Hebammenverband fordert mehr Personal und neue Finanzierung


Der Deutsche Hebammenverband e. V. (DHV) veröffentlicht aktuell zehn Maßnahmen für eine Verbesserung der aktuellen Schieflage in Deutschlands Kreißsälen. Kern der Forderungen sind der Erhalt einer flächendeckenden Geburtshilfe in Deutschland und eine gute Versorgung rund um die Geburt von jeweils einer Hebamme für eine Frau - die Eins-zu-eins-Betreuung. Im Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestags wird morgen im Rahmen der Anhörung zum Pflegepersonalstärkungsgesetz (PPSG) auch die Arbeitssituation von Hebammen in Kliniken thematisiert. Der DHV fordert, dass die vorgesehenen Verbesserungen für die Pflege im Krankenhaus auch auf die Geburtshilfe übertragen werden. Der Bundesrat hat sich ohne Gegenstimme diesen Forderungen angeschlossen und um eine Berücksichtigung der Geburtshilfe im weiteren Gesetzgebungsverfahren gebeten. Die Bundesregierung hat zugesagt dies zu prüfen. Wie in der Pflege sollte künftig jede zusätzliche Hebammenstelle, jede Aufstockung auf Vollzeit sowie jede Tarifsteigerung vollständig refinanziert werden. Ebenso muss die Geburtshilfe in das langfristige neue Finanzierungkonzept ab 2020 einbezogen werden.

"Wir benötigen eine gute und sichere Geburtshilfe für Mutter und Kind und bessere Arbeitsbedingungen für Hebammen in den Klinken", betont Susanne Steppat, Präsidiumsmitglied des Deutschen Hebammenverbandes e. V. "Die Aufnahme von Hebammen in die geplanten Verbesserungen für die Pflege wäre ein guter Schritt hin zu besseren Arbeitsbedingungen." Deutschlandweit gibt es eine immer schwierigere Situation in Kreißsälen. Hebammen stehen vor denselben Herausforderungen wie die Pflege insgesamt. Bei steigenden Geburtenzahlen hat aktuell fast jede zweite Klinik mit Geburtshilfe Probleme offene Hebammenstellen zu besetzen. Hebammen in Deutschland betreuen aktuell bereits mehr als doppelt so viele Frauen unter der Geburt wie in anderen europäischen Ländern. Darunter leidet die Versorgung für Mutter und Kind rund um die Geburt.

Eine flächendeckende Versorgung mit guter und sicherer Geburtshilfe ist nach Auffassung des DHV in Deutschland vor allem dann möglich, wenn die Finanzierung der klinischen Geburtshilfe nachhaltig gesichert ist und der Arbeitsplatz Klinik für Hebammen wieder attraktiver wird. Dafür sind strukturelle Veränderungen notwendig.

Der Deutsche Hebammenverband schlägt dafür folgende weitergehende Maßnahmen vor:

1. Schwangere und Gebärende müssen flächendeckend eine sichere und frauenzentrierte geburtshilfliche Versorgung vorfinden.

2. Vorhaltekosten der Geburtshilfe sollten berücksichtigt werden: Auch wenn keine Geburt stattfindet, muss der Kreißsaal mit Personal besetzt sein.

3. Für die Patientensicherheit von Mutter und Kind ist die international übliche sogenannte Eins-zu-eins-Betreuung einzuführen.

4. Die räumliche Situation in den Kreißsälen ist dem tatsächlichen Bedarf anzupassen.

5. Die physiologische Geburt muss in Kliniken gefördert werden.

6. Zusätzliche geburtshilfliche Notfallambulanzen bzw. ein geburtshilflich-gynäkologischer kassenärztlicher Notdienst sollen eingerichtet werden.

7. Alle durch Hebammen erbrachten Leistungen müssen vergütet und berufsfremde Tätigkeiten vermieden werden.

8. Hebammenpotenziale sollen genutzt und neue Arbeitsplatzmodelle geschaffen werden.

9. Hebammen sollen in leitende Tätigkeiten: Hebammen haben eine Schlüsselfunktion für die Gesundheit von Mutter und Kind. Das muss in den Organisationsstrukturen und Leitungsfunktionen einer Klinik gespiegelt werden.

10. In allen Kliniken muss ein interprofessionelles und nachhaltiges Fehlermanagement in der Geburtshilfe umgesetzt werden.

Das Zehn-Punkte-Papier "Geburtshilfliche Versorgung in den Kliniken flächendeckend sicherstellen, Hebammenpotenziale nutzen!"

sowie eine Stellungnahme des DHV zur Anhörung im Gesundheitsausschuss im Deutschen Bundestag finden Sie unter
https://www.hebammenverband.de/standpunkte/verband-und-berufspolitik/


Der Deutsche Hebammenverband e.V. (DHV) ist der größte Hebammenberufsverband in Deutschland und setzt sich aus 16 Landesverbänden mit über 19.500 Mitgliedern zusammen. Er vertritt die Interessen aller Hebammen. Im DHV sind angestellte und freiberufliche Hebammen, Lehrerinnen für Hebammenwesen, Hebammenwissenschaftlerinnen, Hebammen in den Frühen Hilfen, hebammengeleitete Einrichtungen sowie Hebammenschülerinnen und Studierende vertreten. Über die berufliche Interessenvertretung hinaus ist eine gute medizinische und soziale Betreuung der Frauen und ihrer Kinder vom Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende der Stillzeit ein zentrales Anliegen des Verbandes. Als Mitglied in der European Midwives Association (EMA), im Network of European Midwifery Regulators (NEMIR) und in der International Confederation of Midwives (ICM) setzt er sich auch auf europäischer und internationaler Ebene für die Stärkung der Hebammenarbeit sowie die Gesundheit von Frauen und ihren Familien ein.

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Quelle:
Deutscher Hebammenverband e.V.
Pressemitteilung vom 9. Oktober 2018
Geschäftsstelle:
Gartenstraße 26, D-76133 Karlsruhe
Telefon: 0721-98189-0, Fax: 0721-98189-20
Mail: info@hebammenverband.de
Internet: www.hebammenverband.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Oktober 2018

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