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AUSLAND/1447: Nachrichten zu den Themen Bevölkerung und reproduktive Gesundheit (DSW)


Deutsche Stiftung Weltbevölkerung

DSW [news] - Februar 2009

Uganda: Regierung will Bevölkerungswachstum verlangsamen
Einem neuen Papier zufolge soll Familienplanung zukünftig stärker gefördert werden.

Hoffnungsschimmer in der Mikrobizid-Forschung
In Südafrika hat eine Studie mit einem Vaginalgel vielversprechende Ergebnisse geliefert.

Aids in China auf dem Vormarsch
Während Aktivisten bereits seit längerem auf die wachsende Aids-Gefahr im Land aufmerksam machen, hat die Regierung bislang nur wenig unternommen.

Bis zu 140 Millionen Frauen von Genitalverstümmelung betroffen
Die schwerwiegende Menschenrechtsverletzung kann nur durch Aufklärung und in enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen Gemeinden erfolgreich bekämpft werden.


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Uganda: Regierung will Bevölkerungswachstum verlangsamen

Einem neuen Papier zufolge soll Familienplanung zukünftig stärker gefördert werden.

Die Regierung in Uganda befürchtet, dass sich das massive Bevölkerungswachstum negativ auf die Wirtschaftsleistung des Landes auswirkt, und hat deshalb ein neues Bevölkerungsprogramm gestartet. Während das Hauptaugenmerk bislang auf der Bekämpfung von HIV/Aids lag, steht nun die Verlangsamung des Bevölkerungswachstums im Mittelpunkt. Hierfür soll unter anderem stärker in Familienplanungsdienste investiert werden, um den zeitlichen Abstand zwischen Schwangerschaften zu vergrößern und so die Fruchtbarkeitsraten zu senken. Frauen in Uganda bringen im Durchschnitt sieben Kinder zu Welt. Seit den 1960er Jahren hat sich diese hohe Fertilität kaum verändert.

Ulrike Neubert, Leiterin der DSW-Entwicklungsprogramme, begrüßt die neue Linie der Regierung: "Wir hoffen, dass sich jetzt auch die Versorgung mit Verhütungsmitteln im Land verbessert und dass Frauen mehr Zugang zu medizinischer Betreuung während Schwangerschaft und Geburt bekommen." Bislang können nicht einmal ein Viertel der verheirateten Frauen in Uganda verhüten und nur 40 Prozent haben Zugang zu reproduktiven Gesundheitsdienstleistungen.

Bevölkerung verdreifacht sich

Die Bevölkerung des ostafrikanischen Landes gehört zu den am schnellsten wachsenden der Welt. Nach derzeitigen Prognosen wird sich die Zahl der Menschen in Uganda bis zur Mitte des Jahrhunderts voraussichtlich mehr als verdreifachen - von heute 29 Millionen auf knapp 100 Millionen Menschen. "Zweifellos setzt ein derartiger Bevölkerungszuwachs die Regierung unter großen Druck, wenn es um die Bereitstellung von Wohnraum, Bildung und Gesundheit geht", erklärt Fred Omach vom ugandischen Finanzministerium.

Laut dem neuen Regierungsdokument gehören Armut, fehlender Wohnraum, Krankheit und hohe Arbeitslosigkeit zu den zentralen Problemen des Landes. Sie verhindern, dass sich das wirtschaftliche Potenzial, das eine große Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter mit sich bringt, entfalten kann. Dies soll sich zukünftig ändern.

Millennium-Entwicklungsziele in Gefahr

Schon lange warnen Experten, dass das massive Bevölkerungswachstum in Uganda die Entwicklung des Landes behindert. Die Erreichung der Millennium-Entwicklungsziele sei unter den derzeitigen Bedingungen äußerst unwahrscheinlich. Zwar konnte die Armut Regierungsangaben zufolge seit Anfang der 1990er Jahre von 56 Prozent auf heute 30 Prozent gesenkt werden. Doch die Mütter- und Säuglingssterblichkeit ist weiterhin unverändert hoch. Das Risiko für Frauen während Schwangerschaft oder Geburt zu sterben, liegt bei 1 zu 25.

Quelle: People and the Planet, 18. Februar 2009.


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Hoffnungsschimmer in der Mikrobizid-Forschung

In Südafrika hat eine Studie mit einem Vaginalgel vielversprechende Ergebnisse geliefert.

Bei der Erprobung von Mikrobiziden konnten Forscher Anfang Februar einen ersten Erfolg vermelden. In einer klinischen Studie mit Vaginalgels, die eine HIV-Infektion von Frauen beim Geschlechtsverkehr verhindern sollen, habe das Gel "PRO 2000" etwa ein Drittel der Studien-Teilnehmerinnen vor einer Ansteckung mit dem HI-Virus geschützt. Das erklärte Salim Abdul Karim vom Center for the Aids Program of Research in Südafrika.

"Erstmals konnten wir damit zeigen, dass ein Mikrobizid HIV-Infektionen vorbeugen kann", sagte Karim. "Für Millionen von Frauen, besonders für junge Frauen in Afrika, gibt das Anlass zur Hoffnung." "PRO 2000" sei ein vielversprechendes Präparat, doch erst weitere Untersuchungen würden zeigen, ob es als effektives Mikrobizid betrachtet werden könne. An der Studie haben insgesamt 3.000 Frauen in Malawi, Sambia, Südafrika, Simbabwe und den USA teilgenommen.

Neben Impfstoffen gelten Mikrobizide in Fachkreisen derzeit als größte Hoffnungsträger im Kampf gegen die Aids-Epidemie. Bislang werden Produkte in Form von vaginal anzuwendenden Gels, Cremes oder Ringen getestet. Bereits seit längerem suchen Forscher nach wirksamen Mikrobiziden - bisher allerdings mit wenig Erfolg. Vor zwei Jahren mussten sogar zwei Studien mit Vaginalgels abgebrochen werden, weil das auf Zellulosesulfat basierende Präparat das Aidsrisiko von Frauen nicht verringert, sondern erhöht hatte.

Bedarf an Mikrobiziden nach wie vor hoch

Weltweit leben circa 33 Millionen Menschen mit dem HI-Virus, die meisten von ihnen in Afrika. Dort sind vor allen Dingen Frauen von der Aids-Epidemie betroffen, 60 Prozent aller Infizierten auf dem Kontinent sind weiblich. Die Frauen stecken sich in erster Linie bei ihren Männern an.

"Der Bedarf an Mikrobiziden ist nach wie vor hoch", sagt Zeda Rosenberg, Vorstandsvorsitzende der International Partnership for Microbicides (IPM), einer gemeinnützigen US-amerikanischen Organisation, die seit 2002 in der Entwicklung von Mikrobiziden aktiv ist. "Frauen brauchen dringend Verhütungsmethoden, die sie selbstbestimmt einsetzen und kontrollieren können", betont Rosenberg. Mikrobizide als Teil einer umfassenden HIV-Präventionsstrategie seien der beste Weg, um die Aids-Epidemie zu stoppen.

Weitere Informationen zu Mikrobiziden und zur Arbeit der IPM erhalten Sie unter:
http://www.ipm-microbicides.org

Quelle: International Partnership for Microbicides (IPM) und Microbicide Trial Network (MTN), 9. Februar 2009.


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Aids in China auf dem Vormarsch

Während Aktivisten bereits seit längerem auf die wachsende Aids-Gefahr im Land aufmerksam machen, hat die Regierung bislang nur wenig unternommen.

Aids ist in China ein größeres Gesundheitsproblem als bislang von Regierungsseite angenommen. Das zeigen die jüngst vom Gesundheitsministerium veröffentlichten Aids-Zahlen des vergangenen Jahres. Demnach sind allein in den ersten neun Monaten des Jahres 2008 fast 7.000 Menschen an der Infektionskrankheit gestorben - so viele wie nie zuvor. Auch die Zahl der HIV-Infektionen ist deutlich gestiegen und hat sich im Vergleich zu 2005 fast verdoppelt.

Die Ausweitung der Aids-Epidemie in China könnte Medienberichten zufolge in den massiven sozio-ökonomischen Veränderungen im Land begründet sein. Millionen Männer haben ihre Gemeinden verlassen, um sich in den Städten auf der Suche nach Arbeit niederzulassen. Weit entfernt von ihren Familien haben diese Wanderarbeiter mehr sexuelle Kontakte, wodurch das Risiko einer HIV-Infektion steigt. Auch die Prostitution habe in China zugenommen und vorehelicher Sex sei heute eher gesellschaftlich akzeptiert.

Bereits seit Jahren versuchen Aktivisten auf die wachsende Gefahr von Aids im Land aufmerksam zu machen. Doch ihre Anstrengungen wurden von der Regierung meist strikt unterbunden. Erst seit kurzem scheinen sich die Staatsoberen einer Anti-Aids-Politik gegenüber zu öffnen. So hat die Regierung Aufklärungskampagnen gestartet und die kostenlose Behandlung von mittellosen HIV-Infizierten versprochen.

Quelle: AP und BBC News Online, 18. Februar 2009.


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Bis zu 140 Millionen Frauen von Genitalverstümmelung betroffen

Die schwerwiegende Menschenrechtsverletzung kann nur durch Aufklärung und in enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen Gemeinden erfolgreich bekämpft werden.

Schätzungen zufolge sind weltweit bis zu 140 Millionen Mädchen und Frauen von Genitalverstümmelung betroffen. Jedes Jahr kommen rund drei Millionen Opfer hinzu. Die meisten von ihnen leben in afrikanischen Ländern und sind nicht einmal 15 Jahre alt, wenn der Eingriff vorgenommen wird. Darauf machte die DSW anlässlich des Internationalen Tages gegen Genitalverstümmelung am 6. Februar aufmerksam.

Bei der grausamen Praktik wird die Klitoris teilweise oder vollständig entfernt. In besonders gravierenden Fällen wird die Vagina zugenäht und nur eine kleine Öffnung belassen. Meist wird der Eingriff von Laien, ohne Narkose und mit primitiven Hilfsmitteln wie Glasscherben oder Rasierklingen durchgeführt. Für die Frauen und Mädchen bedeutet die Genitalverstümmelung neben lebenslangen Traumata oft Infektionen, Blutungen und Komplikationen bei der Geburt, die zum Tod führen können. Die schädliche Praktik ist einer der Hauptgründe für die hohen Müttersterblichkeitsraten in Afrika und Asien.

Entschiedenes Vorgehen gegen Genitalverstümmelung

"Diese schwerwiegende Verletzung der Menschenrechte dürfen wir nicht hinnehmen", betont DSW-Geschäftsführerin Renate Bähr. "Es ist höchste Zeit, dass die Regierungen in den betroffenen Ländern entschieden gegen die grausame Praktik vorgehen." Aber auch die internationale Gemeinschaft stehe in der Pflicht zu handeln. Seit 1993 gilt die Genitalverstümmelung offiziell als Menschenrechtsverletzung, ihre Abschaffung steht auf der internationalen Agenda. Zwar verurteilen bereits heute viele Staaten die Genitalverstümmelung und haben entsprechende Gesetze erlassen, doch häufig reichen gesetzliche Bestimmungen nicht aus, um die tief verwurzelte Tradition zu bekämpfen.

"Eine der wichtigsten Maßnahmen ist es, den Menschen durch Aufklärung sinnvolle Alternativen zu der schädlichen Praktik aufzuzeigen, und zwar in enger Zusammenarbeit und Absprache mit der jeweiligen Gemeinschaft", sagt Bähr. Dies ist auch eine der zentralen Forderungen des aktuellen Weltbevölkerungsberichts des UN-Bevölkerungsfonds.

DSW klärt über Genitalverstümmelung auf

In Jugendklubs, die mit Hilfe der DSW eingerichtet wurden, klären junge Menschen in Äthiopien über die weibliche Genitalverstümmelung und deren schwerwiegende gesundheitliche Folgen auf. Mit ihren Botschaften erreichen die Jugendklubs nicht nur Jugendliche, sondern auch viele Erwachsene in ihren Gemeinden. So konnten einige Klubs bereits Erfolge im Kampf gegen die Genitalverstümmelung verbuchen.


Genitalverstümelung: Wieviele Frauen sind betroffen?


Anteil der Frauen (15-49 Jahre)
           in Prozent
Ägypten (2005)
Äthiopien (2005)
Burkina Faso (2003)
Eritrea (2002)
Guinea (2005)
Kenia (2003)
Mali (2006)
Sudan (2000)
Tansania (2004)
Zentralafrikanische Republik (2000)
96             
74             
77             
89             
96             
32             
85             
90             
15             
36             

Quelle:
Measure DHS, Demographic and Health Surveys, 2000-2006;
UNICEF, Multiple Indicators Cluster Survey, 2000


Jedes Jahr werden rund drei Millionen Mädchen an ihren Geschlechtsorganen beschnitten. Insgesamt betroffen sind schätzungsweise 100 bis 140 Millionen Mädchen und Frauen in mehr als 28 Ländern Afrikas sowie in wenigen Ländern Asiens und des Mittleren Ostens.


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Die DSW [news] werden im Rahmen der europäischen Öffentlichkeitskampagne "Reproductive Health For All" herausgegeben. Die Kampagne wird von der Europäischen Union finanziell gefördert. Für den Inhalt der DSW [news] ist allein die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung verantwortlich; der Inhalt kann in keiner Weise als Standpunkt der Europäischen Union angesehen werden.

Internet: www.weltbevoelkerung.de/DSW_news/pdfs/DSW__news__Februar_2009.pdf


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Quelle:
DSW [news] - Februar 2009
Herausgeber: Deutsche Stiftung Weltbevölkerung (DSW)
Göttinger Chaussee 115, 30459 Hannover
Telefon: 0511/943 73-0, Telefax: 0511/943 73-73
E-mail: info@dsw-hannover.de, dswnews@dsw-hannover.de
Internet: www.weltbevoelkerung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. März 2009