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AUSLAND/1564: Studie zu Scheidenfisteln in Kenia (DSW)


DSW [news] - Juli 2010
Deutsche Stiftung Weltbevölkerung

Studie zu Scheidenfisteln in Kenia


Human Rights Watch fordert die kenianische Regierung auf, den Zugang zu medizinischer Versorgung im Zusammenhang mit der Geburtsverletzung Scheidenfisteln zu verbessern. In einer aktuellen Studie wird die verheerende Situation der Betroffenen dargestellt.


Zehntausende kenianische Mädchen und Frauen leiden unter Scheidenfisteln. Der aktuelle Bericht "I Am Not Dead, But I Am Not Living" beschreibt die verheerenden Bedingungen, unter denen die Betroffenen in dem ostafrikanischen Land leben müssen. So müssen sie Stigmatisierung und Verachtung über sich ergehen lassen und sind oft Gewalt ausgesetzt. Human Rights Watch zeigt in dem Bericht, dass dies vor allem mit unzureichenden Gesundheitseinrichtungen und einer verfehlten Regierungspolitik zusammenhängt.

Scheidenfisteln sind eine folgenschwere Geburtsverletzung und treten vor allem bei jungen Frauen auf, deren Körper für eine Geburt noch nicht ausgereift ist. Oftmals sind die Betroffenen erst 13 oder 14 Jahre alt, wenn sie das erste Mal schwanger werden. In diesem Alter ist das Becken meist noch sehr schmal, was leicht zu Komplikationen führen kann. Während der langen Wehen drückt der Kopf des Babys ununterbrochen auf das Gewebe im Unterleib. Dadurch wird die Blutzufuhr unterbrochen und Teile des Gewebes sterben ab. So entstehen Löcher zwischen Scheide, Blase und Darm - die Scheidenfisteln. In der Folge können die betroffenen Frauen ihre Ausscheidungen nicht mehr kontrollieren, viele werden sozial ausgegrenzt.


Kenianische Gesundheitspolitik weist Mängel auf

Human Rights Watch deckt die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit der kenianischen Regierungspolitik im Bereich der reproduktiven Gesundheit auf. Der Bericht identifiziert fünf Bereiche, in denen die kenianische Gesundheitspolitik besonders große Mängel aufweist:

bei der Information und Aufklärung zum Thema Müttergesundheit
bei der Sexualaufklärung im Schulunterricht
beim Zugang zu Notfall-Geburtshilfe
bei der Bereitstellung einer bezahlbaren medizinischen Versorgung im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Fistelerkrankungen sowie
bei der Rechenschaftspflicht gegenüber den Patienten.

Um Scheidenfisteln zu bekämpfen, reiche gute Politik auf dem Papier nicht aus, erklärt Agnes Odhiambo von Human Rights Watch. Vielmehr müsse Kenia sein Versprechen einer Gesundheitsversorgung für alle endlich einlösen. Vor allem Gebühren für die Gesundheitsversorgung stellen laut der Studie eine große Hürde für viele Frauen dar. Dies gilt sowohl für die Versorgung vor und während der Schwangerschaft als auch im Zusammenhang mit einer vorliegenden Fistula-Erkrankung. Viele Betroffenen seien arm und hätten so Schwierigkeiten, die Kosten für eine Behandlung aufzubringen.


Gebührenbefreiung kommt nicht an

Dieses Problem hat die Kenias Regierung bereits erkannt. Deshalb hat sie damit begonnen, in Gesundheitszentren eine kostenlose Versorgung für werdende Mütter anzubieten. Dies helfe jedoch Frauen in den Krankenhäusern wenig, die nach wie vor Gebühren erheben. Kommt es bei ihnen während der Geburt zu Komplikationen, können sie sich oft die notwendigen Notfallmaßnahmen, wie beispielsweise einen Kaiserschnitt, nicht leisten. Es wurde zwar inzwischen eine Gebührenbefreiung für ärmere Frauen von der Regierung verfügt, allerdings erweist sich auch hier die Umsetzung als problematisch: Da die Krankenhäuser nur unzureichend Rechenschaft darüber ablegen müssen, inwieweit sie die Vergünstigung tatsächlich anbieten, kommen diese nicht bei allen bedürftigen Patientinnen an. So wurde keine der Patientinnen, die von Human Rights Watch interviewt wurden, von den Gebühren befreit.

Der Bericht fordert von der kenianischen Regierung, eine Strategie zur Prävention von Scheidenfisteln einzuführen, und die bereits Betroffenen zu versorgen. Operationen von Scheidenfisteln sollten staatlich gefördert und für arme Patientinnen kostenlos angeboten werden. Wichtig sei zudem, in Öffentlichkeitskampagnen über die Krankheit aufzuklären und Sexualerziehung verbindlich in die Lehrpläne aufzunehmen.


Die Studie von Human Rights Watch (in englischer Sprache) finden Sie unter:
http://www.hrw.org/node/91514

Quelle: African Press Organization, 13. Juli 2010


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DSW [news] - Juli 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. August 2010