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MEINUNG/053: Pauschale Kassenaufschläge zur Krankenversicherung sind ungerecht (Peter Koch)


Pauschale Kassenaufschläge zur Krankenversicherung sind ungerecht

Von Peter Koch - 20. Februar 2010


Pauschalzuschläge - Krankenkasse



Sehr geehrte Damen und Herren,

ich stelle fest, dass sich durch die Pauschalaufschläge der DAK seit Februar 2010, der prozentuale Krankenkassenaufschlag von 8,00 Euro monatlich, je nach Einnahmenhöhe mit abnehmenden Einkommen unsozial erhöht.

So ist ein Einkommen/Rente mit 2400 Euro mit 0,3 %, ein Einkommen mit 1200 Euro mit 0,6 % und ein Einkommen mit 268 Euro mit 3 % Aufschlag belastet.

Das bedeutet, dass gerade untere Einkommen unverhältnismäßig stark belastet sind.

Das kann doch mit sozialer Gerechtigkeit nicht vereinbar sein. Hier ist aus meiner Sicht eine deutliche Abkehr des gesetzlich festgelegen Solidarprinzips festzustellen. Auch das Ende der Betrags-Parität bürdet Arbeitnehmer/innen einseitig diese Kostensteigerung auf, nachdem sie schon mal 2005 einseitig verändert wurde.

Ein Blick in die Schweiz zeigt, dass sich pauschalierte Beiträge dort nicht bezahlt gemacht haben. Viele Versicherte können sich den pauschalen Beitrag nicht mehr leisten.

Zudem führen derartige Maßnahmen zu einem bürokratischen Mehraufwand der Kassen und verursachen erneut Kostensteigerungen.

Einige Krankenkassen berechnen bislang gar keinen Aufschlag. Das heißt doch, ich finanziere nicht das Solidarsystem, sondern lediglich die defizitäre Ausgabenpolitik der DAK. Eine diesbezügliche Reformierung wäre aus meiner Sicht aber eine innerbetriebliche Aufgabe und bei konsequenter Anwendung eine kostensenkende Maßnahme. Es wäre mal an der Zeit die Aus- und Einnahmenbilanz offen zu legen. Wenig bekannt sind die viel zu hohen Verwaltungskosten der Kassen, die teilweise bis zu 40 % der Einnahmen liegen. Bequemer ist es natürlich einfach die Beiträge zu erhöhen.

Die Begründung zur Erhöhung bezieht sich auf Kostensteigerungen für Ärzte, Krankenhäuser und Arzneimittel, sowie auf sinkende Einnahmen verursacht durch die Wirtschafts- und Finanzkrise. Das kann aber nicht stimmen, da sonst alle Kassen ihre Beiträge erhöhen müssten. Im Gegensatz zu den Kostensteigerungsgründen kenne ich aus der täglichen Praxis nur Leistungseinschränkungen und Kostenbeteiligungen bei Arzneimitteln, Krankenhausaufenthalten, Fahrgelderstattungen usw., sofern sie überhaupt noch von der Kasse übernommen werden. So sind z. B. die Arzneimittelpreise bei Produktgleichheit in Deutschland ausnahmslos, teilweise bis zu 75 % überteuert gegenüber den Preisen im Ausland. Oder die Mitversicherung gefährlicher Risikosportarten, könnte längst schon in einer getrennten Versicherungssparte die Solidargemeinschaft und Kassen entlasten. In diesem Punkt wird eine längst notwendige Eigenverantwortung ganz außer Acht gelassen.

Eine ebenfalls viel zu wenig beachtete Tatsache sind die Korruptions- und Betrugspraktiken im System, sie werden ständig von der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International angeprangert, finden aber viel zu wenig Gehör. Schon lange ist dort die Rede von geschätzten 40 Milliarden Euro Einsparpotential in Deutschland. Die Gesamtanzahl der ca. 260 deutschen Krankenkassen scheint mir nicht notwendig, sondern verteuert das System unnötig, weil gleichzeitig mangelnde Transparenz im Abrechnungswesen den Wettbewerb auf niedrigem Niveau hält.

Auch die Länderabkommen unter Einbezug der im Ausland lebenden Angehörigen sind reformbedürftig, allein schon deshalb, weil sie inländische Versicherungsteilnehmer einseitig belasten und Kontrollmöglichkeiten im Ausland nahezu unmöglich sind. Dies sind zwar politische Entscheidungen, aber die Kassen sind durch ihre Versichertenvertreter in diese Politik mit einbezogen. In dieser Beziehung herrscht ebenfalls deutlicher Informationsmangel seitens der Kassen und der Medien. Eine sinnvolle Reform muss eine solidarische Perspektive ermöglichen. Dazu gehört zwingend, dass sich zukünftig alle Bürger/innen mit allen Einkommensarten an der Finanzierung beteiligen und dass Besserverdienende aufgrund ihrer finanziellen Stärke dazu mehr beitragen als Menschen mit geringem Einkommen. Nur so lässt sich eine gerechte Gesundheitsversorgung für alle aufrechterhalten.

Als besondere Erleichterung wird eine Einzugsermächtigung des Pauschalbeitrages vorgeschlagen. Dies wird verbunden bei halb- oder ganzjähriger Vorauszahlung mit einem Abschlag von 1,00 oder 3,00 Euro, ersatzweise mit der Verbindung einer einjährigen, kostenfreien Auslandsreise-Krankenversicherung einer privaten "GesundAktiv-ReisenGmbH". Zusätzlich sollen auch noch "Wellnessreisen" verlost werden.

Auch diese Kosten werden letztendlich von den Beitragszahlern finanziert. Es gibt einfach keine kostenlosen Angebote, diese Lockreize sind immer in eine Kalkulation mit einbezogen. Sie haben mit dem Solidaritätsprinzip oder mit Kosteneinsparung nichts zu tun.

Was kann die Politik tun um solche Ausuferungen zu unterbinden?


Mit freundlichen Grüßen
Peter Koch


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Quelle:
Peter Koch
mit freundlicher Genehmigung
E-Mail: peter.koch44@googlemail.com


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Februar 2010