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DEMENZ/025: Gemeinsam aktiv - Musik auf allen Ebenen (Alzheimer Info)


Alzheimer Info, Ausgabe 1/12
Nachrichten der Deutschen Alzheimer Gesellschaft Selbsthilfe Demenz

Gemeinsam aktiv
Musik auf allen Ebenen

Von Dorothea Muthesius, Berlin



Im Café Mozart wollte ich kurz nach 18.00 Uhr noch einen Kaffee trinken, sah auch noch Gäste dort sitzen. Aber das Café hatte eigentlich schon geschlossen. Die Wirtin saß im Gastraum mit am Tisch. Musiker packten ihre Instrumente aus, setzten zur Probe an. Ich durfte noch eine Weile bleiben. Außer den Musikern und der Wirtin bemerkte ich ein Ehepaar, das auch nur zuhörte. Nach einer Weile kamen wir ins Gespräch. Frau Händel (Name geändert) erzählte, dass sie hier jede Woche herkommen dürften, Ihrem Mann - an Demenz erkrankt - ginge es hier so gut. Und tatsächlich bemerkte ich dann, dass er sich an dem Gespräch gar nicht beteiligt hatte, weil er völlig absorbiert war von der Musik. Mit großem gestischem Engagement gestaltete er die Musik nach, sang auch mal mit und strahlte große Vitalität aus.

Alle wissen inzwischen, dass Musik für Menschen mit Demenz ein Lebenselixier ist. Die Broschüre "Mit Musik Demenzkranke begleiten"(*) liefert neben Begründungen für dieses Phänomen viele hilfreiche Tipps, wie man "Musik auf allen Ebenen" suchen, finden, initiieren kann.

Außer Haus zu gehen, um Musikveranstaltungen zu besuchen, ist einer der wichtigen Vorschläge der Broschüre. Allerdings erweisen sich viele Orte immer noch als schwierig, weil man auf Ablehnung stößt, wenn ein Mensch mit Demenz sich "unpassend" verhält. Deshalb möchte ich die Idee der Frau Händel aus dem Café propagieren: Suchen Sie nach Vereinen oder Gruppen von Musikern (eine Band, die Blaskapelle der Feuerwehr, der Kirchen- oder Männerchor, das Akkordeonorchester ...) und fragen Sie, ob Sie mal - und vielleicht sogar regelmäßig - zuhören dürfen. Scheuen Sie sich nicht, auch nach Musik zu suchen, von der Sie bisher dachten, dass sie nicht gefällt. Meist liegen die Probenzeiten günstiger als die der offiziellen Veranstaltungen. Außerdem sind die Proben regelmäßiger als die dann gegebenen Konzerte. Es ist auch nicht so viel Öffentlichkeit da, die sich gestört fühlen kann.

Falls man nicht außer Haus gehen kann, gibt es heutzutage ja unbegrenzt Musik "aus der Konserve". Sicherlich hat jeder bereits vieles ausprobiert."Ein Lied auf den Lippen, ob's stürmt oder schneit ist aber meist das Beste. Auch für den Pflegenden. Man kann sich - gepfiffen, gesungen oder gesummt - damit selbst gezielt gute Laune machen! Vielleicht hilft es auch, sich einmal professionellen Rat eines Musiktherapeuten zu holen. Der § 45 SGB XI ermöglicht die Erstattung von "musikalischer Betreuung" durch die Pflegekasse sowohl für die häusliche Versorgung als auch für Wohngemeinschaften. Im Land Berlin gibt es in der "Landesliste gesonderter Betreuungsangebote" Einzelanbieter von Musiktherapie, die man direkt beauftragen kann. In anderen Bundesländern muss man die Kooperation mit Pflegediensten dafür in Anspruch nehmen. Detailfragen beantwortet die Deutsche Musiktherapeutische Gesellschaft.


(*) Mit Musik Demenzkranke begleiten (Broschüre)
Tipps und Informationen (2009)
Einzelpreis inkl. Porto 4 EUR

Bestellungen an Ihre regionale Alzheimer Gesellschaft oder an:
Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. Selbsthilfe Demenz
Friedrichstraße 236, 10969 Berlin
Fax: 030/259 3795-29
info@deutsche-alzheimer.de - www.deutsche-alzheimer.de

Infos:

Deutsche Musiktherapeutische Gesellschaft e.V.
Tel. 030/294 2493
info@musiktherapie.de

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Quelle:
Alzheimer Info, Ausgabe 1/12, S. 6
Nachrichten der Deutschen Alzheimer Gesellschaft Selbsthilfe Demenz
Friedrichstraße 236, 10969 Berlin
Telefon: 030/259 37 95-0, Fax: 030/259 37 95-29
Alzheimer-Telefon: 01803/17 10 17
(9‍ ‍Cent pro Minute aus dem deutschen Festnetz)
E-Mail: info@deutsche-alzheimer.de
Internet: www.deutsche-alzheimer.de
 
Das Alzheimer Info erscheint vierteljährlich.
Jahresabonnement: 12,00 Euro, Einzelheft: 3,00 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. April 2012