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DEMENZ/048: Freiheitsentziehende Maßnahmen reduzieren (Alzheimer Info)


Alzheimer Info, Ausgabe 2/12
Nachrichten der Deutschen Alzheimer Gesellschaft Selbsthilfe Demenz

Abschlusstagung des Projekts "ReduFix ambulant"
Freiheitsentziehende Maßnahmen reduzieren

Von Heike von Lützau-Hohlbein, München



Unter dem Motto "Schwierige Pflege: Fixierung ist keine Lösung" fand die Abschlusstagung des Forschungs- und Praxisprojekts "ReduFix ambulant" (Reduzierung von Fixierungen im häuslichen Bereich) mit etwa 150 Teilnehmern am 28. März 2012 in Frankfurt statt. Das Projekt wurde 2009 gestartet und interdisziplinär, regional und Hochschulen übergreifend in den vergangenen drei Jahren durchgeführt. Verantwortet wurde es von Prof. Thomas Klie, Bereich AGP der Evangelischen Fachhochschule Freiburg, mit Kooperationspartnern sowie Prof. Doris Bredthauer von der Fachhochschule Frankfurt a.M., Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit. Gefördert wurde das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.

In den Beiträgen wurde deutlich, welche Ausmaße Fixierungen, d.h. alle Formen von freiheitsentziehenden Maßnahmen, im häuslichen Bereich haben. Zehn Prozent aller Pflegebedürftigen und 30 Prozent der Menschen, die an Demenz leiden, werden in der häuslichen Pflege regelmäßig festgebunden, medikamentös ruhig gestellt oder zu Hause eingeschlossen. Der Hintergrund ist in den meisten Fällen Unwissenheit, Überforderung, Aggression, Scham und Fürsorge. Angehörige wissen sich oft nicht anders zu helfen. Aber es wurde auch deutlich, dass Angehörige viele Überlegungen anstellen, wie sie am besten die Gratwanderung zwischen der Freiheit des Kranken einerseits und Fürsorge und eigenem Sicherheitsdenken andererseits bewerkstelligen können.

Auch ethische und rechtliche Fragen wurden angesprochen. Es zeigte sich, dass selbst Ärzte und Juristen meist nicht über ausreichendes Wissen verfügen, wenn es darum geht, freiheitsentziehende Maßnahmen im häuslichen Bereich zu legitimieren. Eine abgeschlossene Wohnungstür wird viel zu schnell als fürsorglicher Zwang akzeptiert. Ohne mögliche Alternativen und das Wissen darüber wird sich an dieser Situation wenig ändern. Das Projekt zeigt auf, wie praktisches Wissen durch zum Beispiel geschulte Case-Managerinnen in die Familien gebracht werden kann, um ganz realitätsnah und personenbezogen Fixierungen zu reduzieren. Denn, ein wichtiges Ergebnis des Projekts, Fixierungen sind gefährlich und führen in keiner Weise zu einer verbesserten Lebensqualität. Das Thema verdient in jedem Fall verstärkt gesellschaftliche, fachliche, aber auch rechtliche Aufmerksamkeit.


Infos:

agp-freiburg.de
www.redufix.de


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:

Heike von Lützau-Hohlbein im Gespräch mit Dr. Berringer (Bundesgesundheitsministerium) und einer weiteren Tagungsteilnehmerin

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Quelle:
Alzheimer Info, Ausgabe 2/12, S. 9
Nachrichten der Deutschen Alzheimer Gesellschaft Selbsthilfe Demenz
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. Juli 2012