Schattenblick → INFOPOOL → MEDIZIN → KRANKHEIT


DEMENZ/240: Ein Lebenszweck verbessert die Kognition (Pressenza)


Internationale Presseagentur Pressenza - Büro Berlin

Ein Lebenszweck verbessert die Kognition

von Silvia Swinden, 6. Januar 2016


Eine schon 2012 in den Archives of General Psychiatry veröffentlichte Studie findet aktuell vermehrt Beachtung.

Der Titel der Studie lautet: "Die Wirkung eines Lebenszwecks in Verbindung mit Alzheimer Erkrankungen und pathologischen Veränderungen der kognitiven Funktionen im fortgeschrittenen Alter".

Die Studie definiert Lebenszweck als "die Tendenz einen Sinn aus den Lebenserfahrungen zu ziehen und führt zu einem Gefühl der Absichtlichkeit und Zielgerichtetheit, die das Verhalten lenkt". Sowohl klinische Studien, als auch Autopsien wurden durchgeführt. Die Untersuchungen ergaben, dass "ein höherer Lebenszweck zu besseren kognitiven Funktionen führt, trotz der Belastung durch die Krankheit" [Alzheimer]. Darüber hinaus gab es deutliche Hinweise darauf, dass ein Lebenszweck die Wirkung der pathologischen Veränderungen der Krankheit, vor allem der Kognition vermindert. Die Studie kann man auf der NCBI-Website [1] einsehen.

Eine weitere im Juni 2015 bei Cerebrum [2] von der British Neuroscience Association veröffentlichte Studie bezieht sich erneut auf den Lebenszweck.

Darin wird Friedrich Nietzsche zitiert: "Wer ein Warum zum Leben hat, erträgt fast jedes Wie", sie bezieht sich auf Viktor Frankls Arbeit: "Die aktuelle Forschung zeigt spannende Verbindungen zwischen dem Lebenszweck und positiven gesundheitlichen Ergebnissen". 1940 führt Viktor Frankl den Lebenszweck in die Psychiatrie ein. Die Tatsache, dass Frankl in der Lage war seine Theorie teilen zu können, grenzt fast an ein Wunder. Er war ein sowohl in der Psychiatrie, als auch in der Neurologie ausgebildeter jüdischer Arzt, der in Österreich praktizierte, als die Nazis dieses besetzten. Er überlebte drei schlimme Jahre in verschiedenen Konzentrationslagern, unter anderem in Auschwitz. Von seinen Erfahrungen dort erzählt er in seinem Hauptwerk "Der Mensch vor der Frage nach dem Sinn", in dem er auch seine "Logotherapie" zusammenfasst, eine Sammlung von Ideen, die ihm im Holocaust geholfen haben und seine berufliche Karriere krönten. Frankl schreibt: "Das wichtigste Streben des Menschen geht nicht dahin, Lust zu erleben oder Schmerz zu vermeiden, sondern einen Sinn in seinem Leben zu finden. Aus diesem Grund ist der Mensch auch bereit zu leiden, wohlgemerkt unter der Voraussetzung, dass sein Leben einen Sinn hat". Frankl legt den Nachdruck darauf, dass dieser Sinn nicht individuell ist, sondern ein allgemeiner Wunsch sei - Menschen müssen ihre Mission im Leben für sich definieren. Im Vergleich zu anderen Zweigen der Psychologie, die eher auf die Wirkung von Ereignissen in der Vergangenheit schauen, oder nach innen in Form von Selbstbeobachtung, schaut die Logotherapie eher in die Zukunft und auf den Willen des Menschen, damit er etwas Sinnvolles tun kann"...

"Neue Arbeiten von Patricia Boyle und ihren Kollegen am Rush Alzheimer's Disease Center behaupten ein Lebenszweck könne neuro protektiv (Gehirn erhaltend) wirken. Sie haben über neunhundert demenzgefährdete ältere Menschen über sechs Jahre beobachtet und dabei herausgefunden, dass diejenigen mit einem höheren Lebenszweck nur halb so gefährdet waren eine Alzheimer Krankheit zu entwickeln, als jene mit einem niedrigeren Lebenszweck. Dabei wurden auch demographische Faktoren, depressive Symptome, persönliche Schwächen und eine Reihe chronischer medizinischer Bedingungen berücksichtigt. Bei den Teilnehmern traten auch 30 Prozent weniger kognitive Schäden auf, ein Zustand, der, charakterisiert als geringere kognitive Defizite, zu Alzheimer führen kann (es aber nicht immer tut).

"Boyles Gruppe hat auch die Verbindung zwischen Lebenszweck und kognitiven Veränderungen im Laufe der Zeit untersucht. Bei Menschen, die kein Alzheimer haben, wurde ein höherer Lebenszweck mit einer Verlangsamung der altersbedingten kognitiven Schwäche, gleichgesetzt.

Science Daily [3] berichtet ebenfalls zu diesem Thema in Zusammenhang mit der positiven Wirkung, den ein Lebenszweck auf das Herz hat.

"Das Gefühl, einen hohen Lebenszweck zu haben, kann das Risiko auf Herzinfarkt oder Herzschlag verringern", besagt eine neue Studie, die am Mount Sinai St. Luke's und Mount Sinai Roosevelt durchgeführt und am 6. März an der American Heart Association's EPI/Lifestyle 2015 Scientific Sessions in Baltimore vorgestellt wurde.

Im materialistischen, entmenschlichten gegenwärtigen Wirtschaftssystem gibt es nur einen Sinn: Geld. Weitere Studien zeigen, dass Sinn nicht nur eine philosophische oder spirituelle Sache ist, er trägt auch zur geistigen und körperlichen Gesundheit bei und kann nicht unter den Teppich gekehrt werden.


Übersetzung: Marita Simon


Über den Autor

Silvia Swinden - Autorin von "From Monkey Sapiens to Homo Intentional: The Phenomenology of the Nonviolent Revolution" - Adonis & Abbey, London 2006


Anmerkungen

[1] http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC3389510/

[2] New Movement in Neuroscience: A Purpose-Driven Life By: Adam Kaplin, M.D., Ph.D., and Laura Anzaldi
http://www.dana.org/Cerebrum/2015/New_Movement_in_Neuroscience__A_Purpose-Driven_Life/

[3] http://www.sciencedaily.com/releases/2015/03/150306132538.htm


Der Text steht unter der Lizenz Creative Commons 4.0
http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/

*

Quelle:
Internationale Presseagentur Pressenza - Büro Berlin
Johanna Heuveling
E-Mail: johanna.heuveling@pressenza.com
Internet: www.pressenza.com/de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Januar 2016

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang