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DEMENZ/291: Forschungsprojekt PHAGO - Entwicklung neuer immun-regulierenden Therapien für Alzheimerpatienten (idw)


Fraunhofer-Institut für Algorithmen und Wissenschaftliches Rechnen SCAI - 12.01.2017

PHAGO Projekt: Neuer Ansatz zur Hilfe für Patienten mit Alzheimer


Seit dem 1. November 2016 fördert die Innovative Medicines Initiative (IMI) gemeinsam mit industriellen Partnern das Forschungsprojekt PHAGO. Ziel des Verbundprojekts ist es, neue immun-regulierende Therapien für Alzheimerpatienten zu entwickeln.

Die Krankheit Alzheimer ist eine neurodegenerative Erkrankung, die sich in ihrer häufigsten Form bei betroffenen Personen mit zunehmendem Alter entwickelt. Sie geht einher mit einem fortschreitenden Verlust an Nervenzellen und ihrer Vernetzung im Gehirn. Heute leben bereits über 46 Millionen Menschen weltweit mit Demenzerkrankungen und man schätzt, dass diese Zahl bis 2050 auf 131,5 Millionen steigen wird (World Alzheimer Report 2015). Betroffene Personen leiden unter Gedächtnisverlust und voranschreitender Demenz. Derzeitige Behandlungsmethoden sind zwar in der Lage, einige mentale Symptome zu lindern, jedoch gibt es bis jetzt keine Heilungsmöglichkeit. Dies ist eine große Belastung für die pflegenden Personen, meist Familienangehörige. Mit Behandlungskosten von etwa 160 Milliarden Euro pro Jahr ist die Erkrankung darüber hinaus auch in finanzieller Hinsicht eine große Herausforderung für Europa.

Seit vielen Jahren weiß man, dass sich bei den betroffenen Personen spezielle Immunzellen mit gestörter Funktion an sogenannten Amyloid-Plagues ansammeln, einer für Alzheimer charakteristischen Veränderung im Gehirn. Erst vor kurzem konnten systembiologische Untersuchungen - basierend auf Genom-Studien und Untersuchungen der Hirn-spezifischen Gen-Muster - feststellen, dass die angeborenen Immunrezeptor-Gene TREM2 und CD33/SIGLEC3 eine Rolle bei der Erkrankung spielen. Diese Erkenntnis weist zwar einerseits auf mögliche neue und attraktive Therapieansätze hin, die genaue Bedeutung der identifizierten Gene und des zellulären Mechanismus' ist jedoch noch nicht ausreichend erforscht. Das Ziel von PHAGO ist es deshalb, diese Wissenslücke zu schließen und neue Tools und Testverfahren zu entwickeln, die an diesen Immunrezeptoren ansetzen und den Weg öffnen zur Entwicklung von Medikamenten, die den Verlauf der Alzheimer-Krankheit hemmen können.

"Wir möchten die Immunantwort bei Alzheimer genauer verstehen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden wir die Funktionen beider Immunrezeptoren im Detail analysieren und die Entwicklung neuer Tools und Testverfahren für eine pharmazeutische Intervention vorantreiben", sagt Projektkoordinator Prof. Harald Neumann vom Universitätsklinikum Bonn.

PHAGO möchte die Immunrezeptoren TREM2 und CD33/SIGLEC3 und deren biologisches Netzwerk und zelluläre Funktion erforschen, um - darauf basierend - die Behandlungsmöglichkeiten für Patienten zu verbessern. Die avisierte neue Therapie soll diese Immun-Fehlfunktion regulieren. Hierzu vereint PHAGO Experten aus Industrie und Forschung in einer leistungsstarken Kooperation.

Dr. Andreas Ebneth, Projektleiter bei Janssen Pharmaceutica NV sieht den Wert des Forschungsprojekts im interdisziplinären Ansatz mit dem man die beiden Immun-Zell-Rezeptoren untersucht. "Das Wissen führender europäischer Experten aus unterschiedlichen Disziplinen über TREM2 und CD33 zu vereinen, sind beste Voraussetzungen, die es uns ermöglichen, innovative Tools für TREM2 und CD33 zu entwickeln und im pharmazeutischen und industriellen Bereich anzuwenden. Langfristig ist es unser Ziel, zur Entwicklung neuer Medikamente für die Behandlung von Alzheimer beizutragen."

Auch Laurent Pradier, Ko-Projektleiter bei Sanofi, sieht in diesem Projekt ein großes Potential für die Entwicklung pharmakologischer Interventionen in TREM2 und CD33 abhängigen Prozessen. Ziel sei die Behandlung dieser verheerenden Krankheit Alzheimer.

Christian Ebeling von Fraunhofer SCAI hat im IMI-Projekt AETIONOMY die Wissensbasis implementiert. Er arbeitet jetzt an der Daten- und Wissensmanagement-Infrastruktur von PHAGO. "Die Herausforderungen des Daten- und Wissensmanagements im Projekt sind enorm", sagt Prof. Dr. Martin Hofmann-Apitius, verantwortlich für die informatischen Arbeitspakete von PHAGO. "Die im Projekts gewonnenen Daten stammen aus einem breiten Spektrum biologischer Testsysteme und reichen von Genom- und Transkriptomdaten bis hin zu zellbasierten Assay- und Proteomikdaten. Die Aufgabe von Christian besteht darin, einen einfachen und sicheren Austausch von Daten und Wissen zu ermöglichen. Insbesondere wird er die Daten für eine integrative Modellierung und für Minig-Verfahren aufbereiten."


Die IMI fördert das Projekt PHAGO mit 8,8 Millionen Euro, industrielle Partner unterstützen es mit weiteren 9,1 Millionen Euro. Die Förderdauer beträgt fünf Jahre und endet am 31. Oktober 2021.

• Projektpartner

Das PHAGO-Konsortium setzt sich aus pharmazeutischen Unternehmen, kleinen Biotechnologie-Firmen und öffentlichen Forschungseinrichtungen aus ganz Europa zusammen.
Pharmazeutische Partner sind: Janssen Pharmaceutica NV (Belgien); Sanofi (Frankreich); Eli Lilly, AstraZeneca AB (UK); Lundbeck (Dänemark); Abbvie (Deutschland); Roche (Schweiz) and Orion Pharma (Finnland).
Auf Biotechnologie basierte, beteiligte Unternehmen sind:
Axxam SpA (Italien), Life & Brain GmbH (Deutschland) und ARTTIC (Frankreich).
Zu den wissenschaftlichen Institutionen zählen:
Universitätsklinikum Bonn, Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen, Charité, Fraunhofer Institute (Germany); King's College London, University College London und University of Cambridge (UK); und Universität Gothenburg (Schweden).

- Über die Innovative Medicines Initiative
Die Innovative Medicines Initiative (IMI) arbeitet daran, die allgemeine Gesundheit zu verbessern, indem sie die Entwicklung einer neuen Generation von Medikamenten und den Zugang hierzu für Patienten in Bereichen beschleunigt, in denen medizinische oder soziale Bedürfnisse bisher unzureichend erfüllt sind. Dies erreicht sie durch die Unterstützung von Kollaborationen zwischen den wichtigsten Akteuren in der Gesundheitsforschung, wie Universitäten, Pharmaunternehmen, anderen Unternehmen im Gesundheitsbereich, kleinen und mittelständigen Unternehmen, Patientenorganisationen und medizinischen Aufsichtsbehörden. Dieser erfolgreiche Ansatz hat dazu geführt, dass IMI-Projekte bereits spannende Ergebnisse erzielen, die dazu beitragen, die Entwicklung dringend benötigter Behandlungen in verschiedenen Bereichen voranzutreiben.

- IMI ist eine Partnerschaft zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Pharmaindustrie, vertreten durch die European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA). Mit dem Programm IMI 2 verwaltet die IMI ein Budget von € 3,3 Mrd. für den zehnjährigen Zeitraum von 2014 bis 2024. Die Hälfte der Fördermittel kommt aus dem Forschungs- und Innovationsprogramm der EU, Horizont 2020. Die andere Hälfte wird von Großfirmen aufgebracht, hauptsächlich aus dem Pharmasektor. Diese Firmen erhalten selber keine EU-Förderung, vielmehr tragen sie mit eigenen Leistungen ("in kind") zu den Projekten bei, indem sie beispielsweise Forschungspersonal abstellen oder Zugang zu Einrichtungen und Ressourcen gewähren.

Kontakt:

Projektbüro/allgemeine Informationen:
E-Mail: info@phago.eu

Projektleiter:
Dr. Andreas Ebneth, Janssen Pharmaceutica NV

Projektkoordinator:
Dr. Harald Neumann, Universitätsklinikum Bonn

Projektwebseite:
www.phago.eu

Ansprechpartner Fraunhofer SCAI:
Prof. Dr. Martin Hofmann-Apitius
Leiter der Abteilung Bioinformatik
Fraunhofer Institute for Algorithms and Scientific Computing SCAI
53754 Sankt Augustin, Germany
E-Mail: martin.hofmann-apitius@scai.fraunhofer.de

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.imi.europa.eu
http://www.phago.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution641

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Fraunhofer-Institut für Algorithmen und Wissenschaftliches Rechnen SCAI
Dipl.-Journalist (TU Dortmund) Michael Krapp, 12.01.2017
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Januar 2017

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