Schattenblick →INFOPOOL →MEDIZIN → KRANKHEIT

FORSCHUNG/505: Genduplikation als Erfolgsgeheimnis der sexuell übertragbaren Krankheitserreger Chlamydien (idw)


Universität Wien - 16.10.2014

Genduplikation als Erfolgsgeheimnis der Chlamydien



Chlamydien gehören mit mehr als 100 Millionen infizierten Personen weltweit zu den häufigsten sexuell übertragbaren Krankheitserregern. Matthias Horn und sein Team vom Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung der Universität Wien untersuchten, was hinter dem evolutionären Erfolg der Chlamydien steht und entdeckten, dass Genduplikationen eine entscheidende Rolle gespielt haben dürften. Diese neuen Erkenntnisse wurden aktuell in der renommierten Fachzeitschrift "Molecular Biology and Evolution" veröffentlicht.

Daryl Domman, Matthias Horn und KollegInnen haben dazu die Genome von vier Chlamydienarten sequenziert. Diese sind zwar nahe mit den für den Menschen relevanten Krankheitserregern verwandt, leben aber als Symbionten innerhalb einzelliger Amöben. Der Vergleich mit den Genomen der Krankheitserreger zeigte, dass das Durchmischen der genomischen Ausstattung eine wichtige Rolle in der Evolution der Chlamydien gespielt hat, oft mit dem Ziel der Optimierung der Manipulation und Ausbeutung ihrer Wirtszellen.

Die ForscherInnen konnten genomische Regionen identifizieren, die offenbar eine Schlüsselrolle bei der Anpassung an verschiedene Wirtszellen spielen. "Bei vielen ist die genaue Funktion unbekannt, bemerkenswerterweise besitzen jedoch alle charakteristische Eigenschaften, sogenannte Proteindomänen, die sie von ihren Wirtszellen erworben und für ihre Zwecke umfunktioniert haben", erklärt Matthias Horn, Leiter der Arbeitsgruppe. Tatsächlich konnten die AutorInnen experimentell zeigen, dass diese Proteine sekretiert werden, also in die Wirtszelle eingeschleust. Dort verhindern sie die natürlichen Abwehrmechanismen und übernehmen die Kontrolle über die Wirtszelle.

Die Evolution dieser sogenannten Effektor-Proteine, die in ungewöhnlich großer Kopienzahl in den Genomen der Chlamydien vorkommen, ist besonders interessant. Sie ist geprägt von einem ständigen Wechsel zwischen der Entstehung neuer Gene ("gene birth") und dem Verschwinden vorhandener Gene ("gene death"). Dabei spielen Genduplikationen, Neofunktionalisierung und zufälliger Verlust der Gene durch stochastische Ereignisse eine entscheidende Rolle. "Eine der überraschendsten Beobachtungen war für uns, dass ähnliche Evolutionsmuster bisher fast ausschließlich von Pilzen, Pflanzen und Tieren bekannt sind, nicht aber bei Bakterien", erklärt Domman, Doktorand am Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung und Erstautor der Studie. Matthias Horn ergänzt abschließend: "Unsere Studie zeigt, wie wichtig die Untersuchung von Umweltbakterien auch für unser Verständnis der Evolution und Entstehung bakterieller Krankheitserreger ist".


Publikation in Molecular Biology and Evolution
Domman D., Collingro A., Lagkouvardos I., Gehre L., Weinmaier T., Rattei T., Subtil A., Horn M.:
Massive expansion of ubiquitination-related gene families within the Chlamydiae. 2014. In: Molecular Biology and Evolution
DOI: 10.1093/molbev/msu227

Wissenschaftlicher Kontakt
Univ.-Prof. Dr. Matthias Horn
Department für Mikrobiologie und Ökosystemforschung
Universität Wien
1090 Wien, Althanstrasse 14
matthias.horn@univie.ac.at

Rückfragehinweis
Mag. Alexandra Frey
Pressebüro der Universität Wien
Forschung und Lehre
Universität Wien
1010 Wien, Universitätsring 1
alexandra.frey@univie.ac.at


Die Universität Wien ist eine der ältesten und größten Universitäten Europas: An 15 Fakultäten und vier Zentren arbeiten rund 9.700 MitarbeiterInnen, davon 6.900 WissenschafterInnen. Die Universität Wien ist damit auch die größte Forschungsinstitution Österreichs sowie die größte Bildungsstätte: An der Universität Wien sind derzeit rund 92.000 nationale und internationale Studierende inskribiert. Mit über 180 Studien verfügt sie über das vielfältigste Studienangebot des Landes. Die Universität Wien ist auch eine bedeutende Einrichtung für Weiterbildung in Österreich. 1365 gegründet, feiert die Alma Mater Rudolphina Vindobonensis im Jahr 2015 ihr 650-jähriges Gründungsjubiläum.
www.univie.ac.at

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution84

*

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universität Wien, Alexandra Frey, 16.10.2014
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Oktober 2014