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HERZ/553: Pharmakologe empfiehlt Schokolade - 'Zartbitter' gegen hohen Blutdruck (Thieme)


Thieme Verlag / FZMedNews - Mittwoch, 21. Dezember 2011

Pharmakologe empfiehlt Schokolade - "Zartbitter" gegen hohen Blutdruck


fzm - Kaum ein anderes Nahrungsmittel ist so reich an Inhaltsstoffen, die Herz und Kreislauf schützen, wie Kakaopulver und die aus ihm hergestellte dunkle Schokolade. Die Vorteile sind nach Einschätzung eines Pharmakologen in der Fachzeitschrift "DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2011) größer als das Risiko, infolge des hohen Kaloriengehalts zuzunehmen.

Eine 100-Gramm-Tafel Milchschokolade enthält etwa 500 Kilokalorien, bittere Schokolade etwas weniger. Schokoladenliebhaber bekommen deshalb schnell Gewichtsprobleme. Um sich vor Herz- und Kreislauferkrankungen zu schützen, reicht nach Einschätzung von Professor Dr. med. Gustav Belz, emeritierter Pharmakologe aus Wiesbaden, jedoch der Verzehr von täglich einer Viertel Tafel Schokolade. Es sollte allerdings Zartbitter sein, am besten mit einem Kakao-Gehalt von 85 Prozent. Milchschokolade enthalte relativ wenig Kakao und der Milchanteil könnte die Aufnahme der Flavonoide im Darm vermindern, schreibt Professor Belz.

Flavonoide sind Farb- und Schutzstoffe von Pflanzen, die in der Kakaobohne in größerer Menge enthalten sind. Wie hoch der Flavonoidgehalt von Kakaopulver oder Schokolade ist, wird dem Pharmakologen zufolge stark vom Herstellungsprozess beeinflusst. Weil Flavonoide bitter schmecken, werde ihr Gehalt in kommerziellen Produkten meist vermindert. Der Extremfall sind weiße Schokoladensorten, die kaum noch Flavonoide enthalten.

Flavonoide entfalten, wie der Autor berichtet, gleich mehrere günstige Wirkungen. Durch eine Erweiterung der Arterien werde ein zu hoher Blutdruck gesenkt, der ein Risikofaktor für Herzkreislauferkrankung ist. Die Zusammenlagerung von Blutplättchen, die in den Herzkranzgefäßen die Bildung eines Blutgerinnsels und damit einen Herzinfarkt initiieren kann, werde in ähnlicher Weise vermindert wie durch den Thrombozytenaggregationshemmer Aspirin, der Patienten nach einem Herzinfarkt verschrieben wird. Professor Belz: Flavonoide mindern zudem Entzündungsreaktionen im Körper, und die Bildung von Stammzellen, den sogenannten endotheliale Progenitorzellen, wird gesteigert. Außerdem können Kakaoprodukte trotz ihres hohen Fett- und Zuckergehaltes sich günstig auf die Blutfette und den Blutzucker auswirken. Selbst ein positiver Einfluss auf die Darmbakterien sei nachweisbar, so der Experte.

Ob der Verzehr von Schokolade tatsächlich vor Herzinfarkten schützt, konnte bisher nicht zweifelsfrei belegt werden. Ein Vergleich mit Placebo, wie er bei der Prüfung von Medikamenten üblich ist, wurde bisher nicht durchgeführt. Doppeltblinde Studien, bei denen Patient und Prüfer nicht wissen, ob ein Placebo oder ein Wirkstoff verabreicht wird, seien wegen des Kakao-Geschmacks nur schwer durchführbar, schreibt Professor Belz: Die in sogenannten Beobachtungsstudien gesammelten Erfahrungen zeigen aber übereinstimmend eine dosisabhängige, leicht blutdrucksenkende Wirkung sowie deutliche protektive Effekte von Schokolade auf Herz- und Kreislauf. Danach sterben Menschen mit einem hohen Kakaokonsum nur halb so häufig an Herzinfarkt oder anderen Kreislauferkrankungen. Auch wenn die Beweislage nicht lückenlos sei, könne Kakao bei Herzkranken eine Wirkung erzielen, die in ihrer Intensität mit Medikamenten vergleichbar sei, so der Experte.

Die Nebenwirkungen seien gering. Der bittere Geschmack der Flavonoide verhindere in der Regel den Verzehr einer zu großen Menge. Auch die in Kakaobohnen nachgewiesene Belastung mit dem Metall Kadmium sei gering und stehe einer Empfehlung nicht im Wege. Professor Belz sieht im Verzehr von dunkler Schokolade oder Kakao eine Möglichkeit, andere Maßnahmen wie gesunde Ernährung, körperliche Aktivität und Medikamente bei der Verhinderung von Herzkreislauferkrankungen, insbesondere des Herzinfarkts zu unterstützen.


G. Belz, S. Mohr-Kahaly:
Kakao und dunkle Schokolade zur kardiovaskulären Prävention?
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2011; 136 (51/52): S. 2657-2663


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Quelle:
FZMedNews - Mittwoch, 21. Dezember 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Dezember 2011