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INFEKTION/1436: Forschung - Gesundheit von Mensch und Tier untrennbar verknüpft (idw)


Nationale Forschungsplattform für Zoonosen - 16.10.2015

One Health: Exzellente Forschung braucht die Zusammenarbeit mit dem Öffentlichen Gesundheitsdienst


60 bis 70 Prozent aller beim Menschen neu auftretenden Infektionskrankheiten stammen ursprünglich von Tieren. Die Gesundheit von Menschen und Tieren ist untrennbar verknüpft, die Gesundheit von Bevölkerungen kann nur mit einem umfassenden und interdisziplinären Ansatz gesichert werden: One Health. Dies machten Vertreter aus Wissenschaft und Öffentlichem Gesundheitsdienst beim Nationalen Symposium für Zoonosenforschung am 15. und 16. Oktober in Berlin deutlich.

Drei Patienten versterben an einer Gehirnentzündung, die Ärzte finden keine Ursache. Erst als auffällt, dass alle drei exotische Bunthörnchen gezüchtet hatten, finden Veterinärmediziner in den Tieren ein neues Virus - das dann rückblickend auch in den Patientenproben der Verstorbenen nachgewiesen werden kann. "Hier haben sich auf ideale Weise Humanmediziner, Veterinäre und Biologen miteinander verbunden. Nur so konnten wir das Virus entdecken", sagte Prof. Dr. Jonas Schmidt-Chanasit (Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin) in seinem Vortrag am zweiten Tag des Nationalen Symposiums für Zoonosenforschung in Berlin.

"Für Szenarien mit neuen Erregern gibt es noch viele andere Beispiele, denn die natürliche Grenze zwischen Menschen und exotischen wilden Tieren, die es früher gab, wird immer mehr durchbrochen", so Schmidt-Chanasit. "Jetzt müssen wir noch stärker mit dem Öffentlichen Gesundheitsdienst zusammenarbeiten - nur in der Zusammenarbeit erreicht man eine Stufe, die wirklich exzellente Forschung ermöglicht, insbesondere im Bereich der neu auftretenden Erreger in Deutschland".

Mit ähnlich intensiver Kooperation auf internationaler Ebene konnten Forscher jüngst auch zeigen, dass das Middle East respiratory syndrome coronavirus (MERS), das beim Menschen SARS-ähnliche Symptome auslöst, eine klassische Zoonose ist: "Die Infektion wird überwiegend vom Tier auf den Menschen übertragen, die befürchtete Übertragbarkeit zwischen Menschen findet nur sehr limitiert statt", so Prof. Dr. Christian Drosten (Universität Bonn). "Die vorhandenen Daten zeigen, dass Menschen in der Region schon seit Jahrzehnten mit dem Virus konfrontiert sind" - eine wichtige Erkenntnis, nicht zuletzt auch für den Öffentlichen Gesundheitsdienst.

Die Gesundheit von Menschen und Tieren ist untrennbar verknüpft

60 bis 70 Prozent aller beim Menschen neu auftretenden Infektionskrankheiten stammen ursprünglich von Tieren. Die Gesundheit von Menschen und Tieren ist untrennbar verknüpft, die Gesundheit von Bevölkerungen kann nur mit einem umfassenden und interdisziplinären Ansatz gesichert werden: One Health.

Mit diesem Ansatz ist die Nationale Forschungsplattform für Zoonosenforschung seit ihrer Gründung 2009 schon gut vorangekommen. Sie hat Wissenschaftler, Behörden- und Ministeriumsvertreter und viele mehr über die klassischen Ressorts von Human- und Veterinärgesundheit hinweg zusammengebracht. "Dass wir das Symposium in diesem Jahr gemeinsam mit dem Öffentlichen Gesundheitsdienst durchführen, wird dazu beitragen, die wissenschaftlichen Ergebnisse in die Praxis zu bringen und relevante praktische Fragen in die Forschung zu tragen", so Prof. Dr. Stephan Ludwig (Universität Münster), einer der drei Leiter der Zoonosenplattform.

Feuerwehr-Fonds: Das Unerwartete erwarten

Neu auftretende Zoonosen sind nicht vorhersehbar. Die Teilnehmer des Symposiums griffen deshalb in den Diskussionen eine Idee wieder auf, die bereits 2009 im Zusammenhang mit dem pandemischen H1N1-Virus ("Schweinegrippe") in der Zoonosenplattform diskutiert worden war: Die Regierung sollte einen Fonds einrichten, aus dem bei bevölkerungsrelevanten Krankheitsausbrüchen durch neue zoonotische Erreger schnell Mittel bereitgestellt werden könnten. Die Wissenschaft ist in der Situation gefordert, ganz akut an dem jeweiligen Thema zu forschen, während der Öffentliche Gesundheitsdienst nicht nur Fragen und Prioritäten in die Forschung einbringen kann, sondern insbesondere auch Unterstützung braucht - beispielsweise Fortbildungen -, um die Gefahr beurteilen und bestmögliche Schutzmaßnahmen für die Bevölkerung entwickeln zu können.


Kontakt:
Nationale Forschungsplattform für Zoonosen
Dr. Ilia Semmler
info@zoonosen.net

• Nationale Forschungsplattform für Zoonosen

Forschung zu Zoonosen - also Forschung zu Infektionskrankheiten, die zwischen Tieren und Menschen übertragen werden können - findet in Deutschland an vielen verschiedenen Orten und Einrichtungen statt: an Universitäten und in Bundesinstituten, in kleinen Arbeitsgruppen und in großen Verbünden. Dabei sind Wissen und Erfahrung sowohl von Human- und Tiermedizinern als auch von Infektionsbiologen und Wissenschaftlern anderer Fachdisziplinen von großer Bedeutung. Deshalb ist es notwendig, dass in diesem Bereich alle Forscherinnen und Forscher eng zusammen arbeiten.

Die Nationale Forschungsplattform für Zoonosen als infrastrukturelle und wissenschaftliche Organisation, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird, ermöglicht und unterstützt diese Vernetzung. Aufgabe der Zoonosenplattform ist es, biomedizinische Grundlagenforschung sowie Human- und Veterinärmedizin enger zu verknüpfen, um die Zoonosenforschung in Deutschland effektiver zu gestalten. Die Zoonosenplattform wird gemeinsam von der Universität Münster, dem Friedrich-Loeffler-Institut (Standort Riems) und der TMF getragen.

Weitere Informationen finden Sie unter

http://www.zoonosen.net
Twitter: #zoonoses2015

http://www.zoonosen.net/News/articleType/ArticleView/articleId/1815.aspx
Interview mit Prof. Dr. Schmidt-Chanasit über die Kooperation zwischen Human- und Tiermedizin und die Entdeckung eines neuen Borna-Virus

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution1803

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Nationale Forschungsplattform für Zoonosen, Dr. Ilia Semmler, 16.10.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Oktober 2015

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