Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen - 22.03.2016
Borreliose: Übertragung durch Mückenstich?
Frankfurt, den 22.03.2016. Senckenberg-Wissenschaftler haben erstmalig Borrelien in deutschen Stechmücken nachgewiesen. Die drei identifizierten Arten der Bakterien können beim Menschen die Multisystemerkrankung Lyme-Borreliose auslösen. In ihrer kürzlich im Fachjournal "Ticks and Tick-borne Diseases" veröffentlichten Studie zeigen die Forschenden außerdem, dass die Krankheitserreger die Umwandlung der Mückenlarve zur Puppe und schließlich zum erwachsenen Tier überleben. Auch wenn die Mücken potentielle Borreliose-Vektoren sein können, spielen sie nach derzeitigem Erkenntnisstand höchstens eine untergeordnete Rolle bei der Übertragung der Krankheitserreger.
Auf Borrelien-Erreger untersucht: Die Südliche Hausmücke (Culex
quinquefasciatus).
Foto: © Senckenberg
Arbeiten im Insektenlabor.
Foto: © Senckenberg
Kreisrunde, rote Verfärbungen um einen Zeckenstich - da schrillen bei den meisten Menschen die Alarmglocken. Die sogenannte "Wanderröte" ist eines der wenigen klaren Anzeichen für eine Borreliose-Infektion. "Obwohl die Lyme-Borreliose in Europa als die häufigste vektorübertragene Krankheit gilt und schwere Schäden verursachen kann, sind Daten bezüglich ihrer Verbreitung sowie den Ursachen und Folgen nur unzureichend vorhanden", erklärt Prof. Dr. Sven Klimpel vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum und der Goethe Universität Frankfurt und fährt fort: "Dies liegt vor allem daran, dass eine Meldepflicht von Borreliose nur in wenigen Staaten besteht und die Grundlagen der Meldepflichten nicht einheitlich sind."
Die geschätzten Neuerkrankungen an Lyme-Borreliose schwanken entsprechend stark: In Deutschland bewegen sich die jährlichen Zahlen zwischen 40.000 und 214.000 Personen, die sich mit den Erregern der Multisystemerkrankung anstecken.
Als allgemein bekannter Überträger (Vektor) des Borreliose-Erregers fungiert in Deutschland der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus) aus der Familie der Schildzecken und als sogenannte Reservoirwirte werden Nagetiere (Wildmäuse) und Vögel genutzt. Vor dem Hintergrund, dass auch in weiteren Arthropoden wie Bremsen, Flöhen oder Kriebelmücken vereinzelt Borrelien-Erreger gefunden wurden, hat das Wissenschaftlerteam rund um Klimpel nun auch Mücken auf ihr Übertragungspotential untersucht. Der Frankfurter Parasitologe hierzu: "Mücken sind bekannte Überträger zahlreicher Infektionserreger wie beispielsweise Malaria, dem Dengue-Virus oder auch dem aktuell grassierenden Zika-Virus. Wir wollten überprüfen, ob die Insekten theoretisch auch Borreliose-auslösende Borrelien übertragen können."
An 42 Fangstandorten über das gesamte Bundesgebiet verteilt haben die Wissenschaftler im Jahr 2013 von April bis Oktober Stechmücken gefangen - von den insgesamt 3615 gefangenen Mücken wurden 682 Pools gebildet und auf Borrelien getestet, wobei 28 positive Pools identifiziert wurden. Dies bedeutet, dass zehn verschiedene Stechmückenarten aus vier Gattungen an 11 Standorten Borrelien in sich trugen. "Wir haben bestimmte Borrelien-spezifische Gene mit molekularbiologischen Methoden nachgewiesen und konnten so die Borrelien-Arten Borrelia afzelii, Borrelia bavariensis und Borrelia garinii identifizieren", ergänzt Klimpel. Alle drei Borrelien-Arten sind humanpathogen und gelten in Deutschland sowie Europa als die bedeutendsten Erreger der Lyme-Borreliose.
In ihrer Studie konnten die Parasitologen zudem erstmalig in wild-gefangenen und unter Laborbedingungen geschlüpften und aufgezogenen Stechmücken Borrelien-DNA nachweisen. "Dass wir die DNA der Erreger auch in den aufgezogenen Mücken gefunden haben, ist erstaunlich und zeigt, dass die Borrelien die Umwandlung der Larve zur Puppe und schließlich zum ausgewachsenen Tier überdauern können", erläutert Klimpel.
Bei den untersuchten Mücken lagen die Befallshäufigkeiten mit den Borrelien-Erregern zwischen 0,13 und 8,33 Prozent - bei der Rheinschnake (Aedes vexans) zum Beispiel bei 0,3 Prozent, bei der häufigen Stechmückenart Aedes cataphylla bei 11,1 Prozent.
"Es besteht aber kein Grund zur Panik", beruhigt Klimpel und fährt fort: "Nach unserem derzeitigen Erkenntnisstand sind Stechmücken als Überträger der Lyme-Borreliose auslösenden Erreger nur bedingt geeignet. Wenn überhaupt spielen sie eine eher untergeordnete Rolle."
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Wissenschaftler der bundesweit 88 Leibniz-Einrichtungen widmen.
www.bestewelten.de
Kontakt
Prof. Dr. Sven Klimpel
Senckenberg Biodiversität und
Klima Forschungszentrum
Goethe-Universität Frankfurt
sven.klimpel@senckenberg.de
Judith Jördens
Pressestelle
Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung
pressestelle@senckenberg.de
Publikation
Christian Melaun, Sina Zotzmann, Vanesa Garcia Santaella, Antje Werblow, Helga
Zumkowski-Xylander, Peter Kraiczy, Sven Klimpel, Occurrence of Borrelia
burgdorferi s.l. in different genera of mosquitoes (Culicidae) in Central
Europe, Ticks and Tick-borne Diseases, Volume 7, Issue 2, March 2016, Pages 256-
263, ISSN 1877-959X
http://dx.doi.org/10.1016/j.ttbdis.2015.10.018.
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution639
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen, Judith Jördens, 22.03.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 25. März 2016
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