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KREBS/1057: Wirtschaftswachstum fördert Krebs - Weltweiter Anstieg der Neuerkrankungen um 70 Prozent erwartet (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 11. April 2014

Gesundheit: Wirtschaftswachstum fördert Krebs - Weltweiter Anstieg der Neuerkrankungen um 70 Prozent erwartet

von Kanya D'Almeida


Bild: © K.S. Harikrishnan/IPS

Patient im regionalen Krebszentrum in der indischen Stadt Thiruvananthapuram
Bild: © K.S. Harikrishnan/IPS

New York, 11. April (IPS) - Der Welt-Krebs-Bericht 2014 zeichnet ein düsteres Bild. In den kommenden 20 Jahren wird ein Anstieg der Zahl der Krebsfälle um etwa 70 Prozent erwartet. Bereits im Jahr 2025 wären demnach um die 25 Millionen Menschen weltweit von der heimtückischen Krankheit betroffen. Nicht nur die Bevölkerung der Industrienationen, sondern auch die Einwohner von Staaten mit niedrigen und mittleren Einkommen, die in jüngster Zeit ein kräftiges Wirtschaftswachstum verzeichnen, sind zunehmend gefährdet.

Aus der neuesten Ausgabe des vom Internationalen Krebsforschungszentrum IARC erstellten Berichts, der alle fünf Jahre veröffentlicht wird, geht hervor, dass die Zahl der Neuerkrankungen von 12,7 Millionen in 2008 auf 14,1 Millionen im Jahr 2012 angestiegen ist. In dem Jahr wurden weltweit 8,2 Millionen Krebstote registriert.

Ganz oben auf der Liste der am häufigsten diagnostizierten Krebsarten steht Lungenkrebs mit insgesamt 1,8 Millionen Betroffenen. Damit hat er einen Anteil von rund 13 Prozent an allen global auftretenden Krebserkrankungen. Dicht dahinter folgt Brustkrebs mit 1,7 Millionen Fällen, während Dickdarmkrebs insgesamt 9,7 Prozent aller bekannten Krebsleiden ausmacht.

Die meisten Todesfälle - jährlich 1,6 Millionen - sind auf Lungenkrebs zurückzuführen. Etwa 800.000 Menschen auf der Welt sterben jedes Jahr an bösartigen Lebertumoren und 700.000 an Magenkrebs. Die Kosten für die Behandlungen haben mit etwa 1,6 Billionen US-Dollar astronomische Höhen erreicht.


70 Prozent aller Krebstoten in Asien, Afrika, Zentral- und Südamerika

Die gefährliche Krankheit verbreitet sich zunehmend auch in Staaten mit niedrigen und mittleren Einkommen, die weder über die Erfahrungen noch über die finanziellen Mittel verfügen, um adäquat mit Krebs umzugehen. Gut 60 Prozent der Fälle treten inzwischen in Asien, Afrika sowie in Zentral- und Südamerika auf. In diesen Regionen werden 70 Prozent aller Krebstoten gezählt.

In Entwicklungsländern werden einerseits häufig Gebärmutterhals-, Magen- und Leberkrebs diagnostiziert. Das Auftreten dieser Erkrankungen wird durch Armut, mangelnden Zugang zu Impfungen, das Fehlen flächendeckender Vorsorge und unzureichende Behandlungsmöglichkeiten begünstigt.

Andererseits zeigen sich dort die Folgen des Lebensstils wohlhabender Gesellschaften. Lungen-, Brust- und Dickdarmkrebs werden nämlich durch übermäßigen Konsum von Alkohol, Tabak und weiterverarbeiteten Lebensmitteln begünstigt. In den aufstrebenden Mittelschichten der Entwicklungsländer sind auch diese Krebsarten auf dem Vormarsch.

Erst vor wenigen Monaten berichtete die 'American Cancer Society' über einen "alarmierenden Anstieg" des Tabakkonsums in Afrika. Bis zum Jahr 2100 könnte demnach die Zahl der rauchenden Erwachsenen auf dem Kontinent von derzeit 77 Millionen auf 572 Millionen in die Höhe schnellen, wenn keine neuen Gegenstrategien umgesetzt werden.

Evan Blecher, der Direktor des internationalen Forschungsprogramms zur Kontrolle des Tabakkonsums bei der American Cancer Society und Autor des Berichts 'Tobacco use in Africa' führte die Entwicklung auf mehrere Faktoren zurück, darunter vor allem auf das Wirtschaftswachstum.


Wirtschaftswachstum fördert Rauchen

"Die Volkswirtschaften in Afrika wachsen derzeit so rasch und beständig wie seit 50 Jahren nicht", erklärte der Experte aus Kapstadt in Südafrika. "Wirtschaftswachstum und Entwicklung treiben den Tabakkonsum voran, weil die Menschen mehr Geld zur Verfügung haben."

"Unter den Staaten, in denen besonders viele neue Krebsfälle auftreten, sind Angola, die Demokratische Republik Kongo, Äthiopien, Madagaskar, Mosambik, Senegal und Nigeria. Sie gehören zu den am raschesten wachsenden Ländern Afrikas und der Welt", sagte er.

Krebs, der zugleich mit Wachstum und mit Armut in Verbindung gebracht wird, ist eine enorme Belastung für die Gesundheitssysteme, die ohnehin schon an ihre Grenzen stoßen. Die Internationale Atomenergieagentur IAEA fand heraus, dass in den Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen, wo 85 Prozent der Weltbevölkerung leben, aufgrund technischer Einschränkungen nur 35 Prozent der global durchgeführten Strahlentherapien angeboten werden können.

Etwa 50 bis 65 Prozent aller Krebspatienten benötigen eine Strahlentherapie. Daher lässt die Unterversorgung nichts Gutes für die Entwicklungsländer erwarten. Nach Angaben der IAEA gibt es in 23 Ländern mit jeweils mehr als einer Million Einwohner - die meisten davon in Afrika - nicht ein einziges Bestrahlungsgerät.


Geringere Überlebenschancen für schwarze US-Amerikaner

R. Sankaranarayanan, IAEA-Sonderberater für Krebskontrolle, sieht nicht nur eine Kluft zwischen Ländern, die sich auf einem unterschiedlichen Entwicklungsstand befinden. Auch Bevölkerungsgruppen innerhalb eines einzigen Staates haben nicht die gleichen Chancen. "Das große Gefälle bei den Überlebensraten von Brustkrebs- und Dickdarmkrebspatienten in ländlichen Gebieten und Städten in Ländern wie China, Indien und Thailand sowie die Chancen weißer und schwarzer Frauen, die in den USA an Brustkrebs erkranken, sind gute Beispiele dafür", erklärte er.

Forscher in den USA haben bereits darauf hingewiesen, dass Schwarze bei Brustkrebs eine um 8,8 Prozent geringere Überlebensrate haben als Weiße. Laut Daten, die die American Cancer Society im März veröffentlichte, ist Armut ein Faktor, der die Kluft entscheidend weiter vergrößert.

Etwa die Hälfte der Afro-Amerikaner in den USA sind übergewichtig, im Vergleich zu 35 Prozent der weißen Erwachsenen. Daher erstaunt es nicht, dass Schwarze häufiger an kolorektalen Karzinomen (an Dick- und Mastdarm) erkranken, die mit dem übermäßigen Konsum von industriell verarbeiteten Lebensmitteln in Verbindung gebracht werden.

In Indien, wo 2012 mehr als eine Million weiterer Krebsfälle registriert wurden und fast eine Million Menschen an den Folgen der Krankheit starben, wurden die meisten neuen Erkrankungen in dem wirtschaftlich rasant wachsenden Bundesstaat Mizoram im Nordosten bekannt. Die geringste Zahl wurde in Barshi im westlichen Staat Maharashtra registriert, wo ein Großteil der Bevölkerung Landwirtschaft betreibt. (Ende/IPS/ck/2014)


Link:
http://www.ipsnews.net/2014/04/malignant-growth-battling-new-cancer-pandemic

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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. April 2014