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RHEUMA/253: Wechsel zur Erwachsenenmedizin oft zu früh - Jugendliche mit Rheuma brechen Arztkontakt ab (DGRH)


Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie - 15. September 2014

Wechsel zur Erwachsenenmedizin oft zu früh / Jugendliche mit Rheuma brechen Arztkontakt ab

42. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh)
17. bis 20. September 2014, CCD Congress Center Düsseldorf



Düsseldorf - Die Verordnungen der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) der meisten Bundesländer sehen vor, dass Jugendliche mit Rheuma nach dem 18. Lebensjahr vom Kinderarzt zum Erwachsenenmediziner wechseln. Etwa ein Drittel bricht in dieser Zeit den Arztkontakt ab. Suchen die Betroffenen Jahre später wieder einen Rheumatologen auf, können bereits dauerhafte Schäden an Gelenken oder auch Augen aufgetreten sein. Die Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR) und die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) fordern daher, den Betreuungswechsel flexibler zu gestalten und bestehende Transitionsprogramme bundesweit umzusetzen. Experten beider Fachgesellschaften sowie zwei betroffene Jugendliche werden auf der Pressekonferenz im Rahmen der 42. Jahrestagung der DGRh am 18. September 2014 in Düsseldorf zur Problematik von Kindern mit Rheuma Stellung nehmen.

Entzündlich-rheumatische Erkrankungen, wie die juvenile idiopathische Arthritis (JIA) oder Kollagenosen, gehören bei Kindern und Jugendlichen zu den häufigsten chronischen Erkrankungen. Werden die Jugendlichen erwachsen, benötigt immer noch jeder zweite eine kontinuierliche Betreuung durch einen Rheumatologen.

"Die Phase des Erwachsenwerdens ist besonders schwer", warnt Dr. med. Hans-Jürgen Laws, Kongresspräsident der GKJR und Oberarzt an der Unikinderklinik Düsseldorf. Die Patienten lehnen die Krankheit ab, führen ihre Therapie gar nicht oder nur unzureichend durch. "Dass viele junge Patienten in dieser kritischen Zeit den regelmäßigen Arztkontakt verweigern, kann unwiderrufliche gesundheitliche Folgen haben, die sogar das Augenlicht gefährden können", so die Kinderrheumatologin Dr. med. Kirsten Minden, Kinderrheumatologin an der Universitäts-Kinderklinik, Charité Berlin.

Die Ursachen für die schwierige Übergangsphase wurden in aktuellen Studien untersucht: Für jeden Dritten kam der Wechsel zu früh und für jeden Vierten war er zu abrupt. Mit dem Arztwechsel müssen sich die Jugendlichen zudem neu orientieren: "Die Therapiekonzepte in der Erwachsenenmedizin sind andere und die Betreuungsintensität ist geringer" ergänzt Laws.

Bereits 2009 stellte der Sachverständigenrat eine mangelnde Versorgung der Kinder und Jugendlichen in dieser Übergangsphase fest. "Das blieb jedoch ohne gesundheitspolitische Konsequenzen", kritisiert der GKJR-Kongresspräsident. Nach den KV-Verordnungen der meisten Bundesländer sei mit dem 18. Lebensjahr eine Betreuung durch den Pädiater nur mit besonderer Begründung möglich.

"Dabei können wir den Wechsel zur Erwachsenenmedizin nicht allein am Alter festmachen", betont Laws. Viel wichtiger sei es, die körperliche, psychosoziale und berufliche Entwicklung zu berücksichtigen. Studien haben zudem gezeigt, dass sich die Patienten eine bessere Vorbereitung auf den Betreuungswechsel wünschten und eine flexible, überlappende Betreuung, ergänzt Minden.

Sprechstunden, die die Transition vorbereiten, bieten bereits mehr als 20 kinderrheumatologische Einrichtungen bundesweit an - nicht mal jeder Fünfte nutzt diese aber auch. Das 2009 für Menschen mit Diabetes und Epilepsie entwickelte Berliner Transitions-Programm wird derzeit in einzelnen Bundesländern auch auf seine Anwendbarkeit in der Rheumatologie überprüft. "Wir hoffen auf eine positive Bewertung und fordern gesundheitspolitische Entscheidungsträger und Krankenkassen auf, endlich Konsequenzen aus den längst nachgewiesenen Defiziten zu ziehen", so die beiden Kinderrheumatologen Minden und Laws im Vorfeld des DGRh-Kongresses in Düsseldorf.


Weitere Infos:
Erwachsen werden mit Kinderrheuma
http://www.gkjr.de/jugendliche.html

Kinderrheumatologische Einrichtungen, die eine Sprechstunde anbieten:

Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein
Berlin, Brandenburg
Nordrhein-Westfalen
Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen
Baden Württemberg, Bayern
http://www.gkjr.de/365.html

Berliner Transitions-Programm:
http://dgrh.de/transitioncare.html

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Quelle:
Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie
Kongress-Pressestelle
Kathrin Gießelmann/Stefanie Schweigert
Postfach 30 11 20, 70451 Stuttgart
Telefon: 0711 8931-981/-649, Fax: 0711 8931-167
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schweigert@medizinkommunikation.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. September 2014