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REISEMEDIZIN/116: Kontakt mit giftigen Tieren vermeiden und im Notfall richtig handeln (Thieme)


Thieme Verlag - FZMedNews - 28. Mai 2019

Kontakt mit giftigen Tieren vermeiden und im Notfall richtig handeln


fzm, Stuttgart, Mai 2019 - Auch wenn Unfälle mit Gifttieren bei Reisenden selten vorkommen, sollten gerade Familien sich vor der Abreise über mögliche Gefahren im Urlaubsland informieren. Das gilt insbesondere bei exotischen Reisezielen. Denn für Kinder kann ein Skorpionstich oder Schlangenbiss ungleich gefährlicher sein als für Erwachsene. In der Fachzeitschrift "Kinder- und Jugendmedizin" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2019) gibt eine Expertin Tipps, wie sich Klein und Groß vor unliebsamen Bekanntschaften mit Gifttieren an Land und im Meer schützen können und was im Notfall zu tun ist.

Weltweit gibt es mehr als tausend giftige Tierarten. Jedes Jahr sterben allein in Afrika südlich der Sahara 7300 Menschen an Schlangenbissen, die Zahl der tödlich verlaufenden Skorpionstiche wird auf 3000 jährlich geschätzt. Auch wenn die Gefahr für Pauschalreisende geringer ist als für Einheimische, sei dennoch Vorsicht geboten, schreibt Dr. med. Judith Lindert in ihrem Beitrag. Die Medizinerin ist seit 2018 Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Tropenpädiatrie & Internationale Kindergesundheit e. V. und befindet sich derzeit in der Weiterbildung zur Kinderärztin und Kinderchirurgin am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) in Lübeck.

Schlangen Fluchtweg bieten

Vor Schlangen schützt man sich am besten mit einer Taschenlampe, so Dr. Lindert. Die meisten sind nachtaktiv. Bei Licht ziehen sie sich zurück. Menschen werden nur angegriffen, wenn die Tiere sich bedroht fühlen. Deshalb empfiehlt die Autorin, sich den Tieren niemals zu nähern und ihnen immer einen Fluchtweg zu lassen. Da einige Schlangen auch in Häusern nach Beute suchen, sollte man nicht auf dem Boden schlafen und das Essen getrennt vom Schlafplatz aufbewahren, rät Dr. Lindert.

Skorpione können sich in Schuhen und abgelegter Kleidung verbergen

Skorpione verbergen sich normalerweise in Felsspalten, hinter Baumrinden, in Hausritzen und im Sand. Aber auch Schuhe oder abgelegte Kleidungsstücke sind als Rückzugsgebiete beliebt. Vor dem Anziehen sollte man Schuhe und Kleidungsstücke stets ausschütteln. Vorsicht ist laut Dr. Lindert auch beim Abbau von Zelten oder beim Einrollen von Isomatten geboten, weil sich die Tiere darin versteckt haben könnten. Wo Skorpione verbreitet sind, sollte man niemals barfuß laufen und nachts Wege mit der Taschenlampe ausleuchten.

In Ländern wie Australien Quallenwarnung ernst nehmen

In Gebieten mit bekanntem Quallenrisiko sollten Badende "Stinger suits" tragen. Die Schutzanzüge verhindern nach Einschätzung von Dr. Lindert Quallenverletzungen zu annähernd 100 Prozent. In manchen Ländern, wie beispielsweise Australien, gibt es zudem Stinger Net Areas. Die ausgewiesenen Strandabschnitte sind mit Netzen gegen Quallen gesichert. Sie bieten jedoch nur Schutz gegen die größeren Arten.

Badeschuhe schützen gegen Seeigel und andere Meeresbewohner

Im seichten Wasser kann der Tritt in einen Seeigel oder Seestern schmerzhaft sein. Auch die Petermännchen in der Nordsee können zustechen. In unbekannten Gewässern sollten deshalb Kinder und Erwachsene stets Badeschuhe tragen.

Im Notfall besonnen handeln und einen Arzt aufsuchen

Wenn es dennoch zu einer Verletzung durch Gifttiere kommt, sollten Betroffene möglichst schnell einen Arzt aufsuchen. Bei Schlangenbissen gilt es, Ruhe zu bewahren und die betroffene Extremität ruhigzustellen. "Auf keinen Fall die Bissstelle ausschneiden oder aussaugen", mahnt Lindert. Auch Abbinden sowie das aktive Kühlen oder Wärmen der Bissstelle mache keinen Sinn. Viel wichtiger sei es, zu wissen, welche Schlange zugebissen hat. Wer ein Handy zur Hand hat und das Tier gefahrlos fotografieren kann, hilft sich oder dem Betroffenen sowie dem behandelnden Arzt am besten. Von Hausmitteln, wie etwa dem Auftragen von Haushaltsessig nach einem Quallenkontakt, rät Dr. Lindert ebenfalls ab. "Essig deaktiviert die Nesselkapseln nur bei bestimmten Arten, wie der in Australien vorkommenden Würfelqualle", so die Expertin. Bei anderen ist die Behandlung nutzlos oder kann die Verletzung noch verschlimmern.


J. Lindert und S. Kotsias-Konopelska:
Urlaubsbekanntschaft mit Gifttieren an Land und im Meer
Kinder- und Jugendmedizin 2019; 19 (2); S. 107-116

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Quelle:
FZMedNews - 28. Mai 2019
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Juni 2019

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