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INFEKTION/1085: Creutzfeldt-Jakob-Krankheit - Übertragungsrisiken weiter ungeklärt (Thieme)


Thieme Verlag / FZMedNews - Donnerstag, 25. Juni 2009

Creutzfeldt-Jakob-Krankheit: Übertragungsrisiken weiter ungeklärt


fzm - Die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) ist durch den "Rinderwahn" BSE und ihre mögliche Übertragbarkeit auf den Menschen ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Die Variante "vCJD" ist in Deutschland glücklicherweise niemals aufgetreten. Es kommt aber immer wieder zu sogenannten sporadischen Erkrankungen, deren Ursache bisher nicht geklärt werden konnte, wie Expertinnen in der Fachzeitschrift "DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2009) berichten.

Die sporadische CJD ist weltweit verbreitet. Sie tritt in allen Ländern in etwa gleich häufig auf: Auf eine Million Einwohner kommen pro Jahr zirka 1,4 Erkrankungen, erläutert Professor Inga Zerr, die Leiterin der Prionenforschungsgruppe Göttingen. Nach den Informationen auf deren Webseite sind seit Mitte 1993 über 2500 Verdachtsfälle gemeldet worden. Bis Ende 2007 wurden 829 Erkrankungen bestätigt und 753 für wahrscheinlich erklärt.

Wie die BSE-Variante wird auch die sporadische CJD durch kleinste eiweißartige Partikel, Prionen genannt, ausgelöst. Prionen sind nach heutigem Verständnis körpereigene Proteine, deren dreidimensionale Struktur so verändert ist, dass die Hirnzellen sie nicht beseitigen können. Es kommt zu Ablagerungen, an denen die Hirnzellen dann rasch zugrunde gehen. Die meist älteren Menschen (Durchschnittsalter 66 Jahre) sterben innerhalb von wenigen Monaten an der sporadischen CJD, berichten Professor Zerr und ihr Team.

Gefährlich sind Prionen, weil sie normale Eiweiße in Prionen verwandeln können. Sie sind ansteckend. Dies gilt auch für die Prionen der sporadischen CJD. Zu Übertragungen ist es in der Vergangenheit gekommen, weil Hormone, Hornhauttransplantate oder Teile der Hirnhaut aus Leichen für medizinische Behandlungen verwendet wurden, was heute vermieden wird. Eine medizinisch ausgelöste "iatrogene" CJD war auch in der Vergangenheit sehr selten (11 Fälle bis Ende 2007). Für die meisten sporadischen CJD finden die Ärzte keine Ursache.

Für ein potenzielles Infektionsrisiko spricht nach Einschätzung von Professor Zerr, dass die ansteckenden Prionen bei Patienten mit sporadischer CJD nicht nur im Gehirn, sondern, wenn auch in geringer Menge, auch in anderen Organen etwa Milz oder Muskeln vorhanden sind. Hinzu kommt, dass sie durch die üblichen Sterilisierungsmaßnahmen nicht beseitigt werden können.

Damit ist eine Übertragung bei Operationen oder durch Bluttransfusionen theoretisch möglich. In Großbritannien sind in den letzten Jahren drei Menschen mit der "BSE-Variante" vCJD gestorben, die sich wahrscheinlich über Blutprodukte infiziert hatten, berichten die Mediziner. Bei der sporadischen CJD ist dies niemals beobachtet worden. Nicht ganz so eindeutig sind die Erkenntnisse zum Risikofaktor "Operationen". Einige Fall-Kontroll-Studien haben ein erhöhtes Risiko angezeigt, andere nicht. Professor Zerr und ihre Kolleginnen kommen zu einer zurückhaltenden Bewertung: "Operationen scheinen möglicherweise mit einem erhöhten Risiko verbunden zu sein." Aber selbst wenn eine Ansteckung möglich wäre, wird das Übertragungsrisiko nach Einschätzung der Expertin bereits durch die normalen Schutzmaßnahmen bei Operationen minimiert.

Besondere Vorsichtsmaßnahmen gelten bei den wenigen Patienten mit CJD. Diese müssen mit Einmalbestecken operiert werden. Geräte, die für eine Einmalverwendung zu wertvoll sind, beispielsweise Endoskope, können in Göttingen ausgeliehen werden. Sie werden auch nach einer Reinigung nur bei Patienten mit CJD eingesetzt.

Ein weiteres potenzielles Risiko sind Tierkontakte. BSE hatte ja gezeigt, dass Prionen die Speziesgrenze zum Menschen überschreiten können. Doch laut Professor Zerr gibt es keine Hinweise, dass dies auch bei der sporadischen CJD der Fall ist: Selbst für Menschen, die im Beruf täglich mit Tieren (oder deren Produkte) in Berührung kommen, fanden bisherige Fall-Kontroll-Studien keine Hinweise auf ein mögliches Übertragungsrisiko.


C. Kittner, U. Heinemann, I. Zerr:
Risikofaktoren der sporadischen Creutzfeldt-Jakob-Krankheit.
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2009; 134 (27): S. 1429-1434


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Quelle:
FZMedNews - Donnerstag, 25. Juni 2009
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Juni 2009