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POLITIK/094: Anhörung des Deutschen Ethikrates zum Thema "Zwang in der Psychiatrie" (Soziale Psychiatrie)


Soziale Psychiatrie Nr. 157 - Heft 3/17, 2017
Rundbrief der Deutschen Gesellschaft für Soziale Psychiatrie e.V.

Kann Zwang eine Wohltat sein?
Bericht von der Anhörung des Deutschen Ethikrates zum Thema "Zwang in der Psychiatrie"

Von Thomas R. Müller


Das Thema "Zwang" hat die Psychiatrie durch die UN-BRK und die höchstrichterlichen Urteile nachhaltig in Bewegung gebracht. Die Rechtsprechung schreitet voran und fordert von der psychiatrischen Praxis Antworten. Der Deutsche Ethikrat erarbeitet derzeit eine Stellungnahme zum Zwang in der Psychiatrie und hat dazu am 23. Februar 2017 eine öffentliche Anhörung unter dem Titel "Wohltätiger Zwang" veranstaltet.


Empfangen werden die Besucher vor dem Veranstaltungsort in der Berliner Friedrichstraße von Aktivisten der Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener e.V. Die Gruppe um René Talbot und Uwe Pankow hatte schon im Vorfeld die Position des Ethikrates kritisiert, der sich nicht zu einer bedingungslos gewaltfreien Psychiatrie bekenne, sondern den Zwang als Paradigma in der Psychiatrie akzeptiere. Damit würde sich der Ethikrat "als legitimatorischer Steigbügelhalter der psychiatrischen Gewalt auf der Schleimspur einer verlogenen Regierung" bewegen. Folgerichtig ruft das am Eingang verteilte Flugblatt zum Boykott der Anhörung auf.

Komplexe Fragestellung

Im Konferenzsaal erwarten etwa 150 Zuhörer den Beginn der auf neun Stunden angesetzten Veranstaltung. Statements von mehr als einem Dutzend Expertinnen und Experten stehen auf der Tagesordnung, darunter Betroffene, Profis (mit einem deutlichen Ärzteübergewicht), Betreuer, Begleiter, Juristen und Philosophen. Leider fehlen die Angehörigen wegen der krankheitsbedingten Absage der Vertreterin des Angehörigenverbandes.

Den geladenen Experten war schon im Vorfeld ein Fragenkatalog zu den verschiedensten Aspekten des Themas (Zwang und Alternativen in der Praxis, Faktoren für Zwangsanwendungen und Auswirkungen, normative Probleme) zugegangen. Auf der Anhörung haben sie jeweils ca. fünfzehn Minuten Zeit, um ihre Positionen in einem Statement darzustellen. Im Anschluss werden sie von den Mitgliedern des Ethikrates ausführlich befragt.

Diese feste Struktur und eine respektvolle, alle Experten gleichermaßen wertschätzende Moderation tragen dazu bei, dass die Veranstaltung - die größte in der Geschichte des Ethikrates - trotz des vielschichtigen und streitbaren Themas mit einer erstaunlichen Sachlichkeit und Konzentration verläuft.

In seinem Eingangsstatement betont Peter Dabrock, Theologe und Vorsitzender des Deutschen Ethikrates, dass die Anwendung von Zwang für die Betroffenen eine schwere Belastung ist, die als Grausamkeit wahrgenommen wird und daher massiv rechtfertigungspflichtig ist.

Die Philosophin und Humangenetikerin Sigrid Graumann hat in der Arbeitsgruppe"Wohltätiger Zwang" die Befragung vorbereitet. Nach der Psychiatrie wird es in den Praxisfeldern Kinder- und Jugendhilfe, Behindertenhilfe und Pflege weitere Anhörungen geben. Graumann führt aus, dass nach der UN-BRK eine Freiheitsentziehung allein wegen einer Behinderung bzw. psychischen Erkrankung nicht gerechtfertigt ist. Artikel 15 verbiete jede grausame und unmenschliche Behandlung, gleichzeitig sei das uneingeschränkte Recht auf Gesundheit wirksam. Dies stelle die psychiatrische Praxis vor eine große Herausforderung. Ziel der Anhörung sei es, diese Praxis besser zu verstehen.

Stationäre Erfahrungen

Die stationäre Psychiatrie repräsentieren Andreas Heinz (Charité Berlin), Martin Zinkler (Heidenheim) und die Pflegedirektorin Franziska Rabenschlag (Basel).

Andreas Heinz hält fest, dass es ein skandalöses Vorkommnis der gegenwärtigen Diskussion um die Neuausrichtung der Finanzierung der psychiatrischen Versorgung sei, dass diese komplett ohne Ethik geführt werde. Auch problematisiert er den Begriff "wohltätiger Zwang". So wie im Laufe der Veranstaltung die Mehrzahl der Experten betont Heinz, dass Zwang keine Wohltat ist.

Die Frage einer Zwangsbehandlung stellt sich aus seiner Sicht aber nur bei einem sehr kleinen Teil der Patienten. Allein das Vorliegen einer Erkrankung rechtfertige dann noch keine Zwangsbehandlung. Hinzutreten müssten eine erhebliche Fremd- oder Selbstgefährdung und eine aufgrund der Erkrankung vorliegende Nichteinsichtsfähigkeit in die Folgen der Ablehnung der Behandlung. Zwang ließe sich minimieren, indem die menschliche Zuwendung erhöht wird. Hier misst Heinz dem Einsatz von Genesungsbegleitern eine wichtige, Gewalt deeskalierende Wirkung bei. Auch andere Maßnahmen hätten einen positiven Effekt. So haben offene Türen dazu geführt, dass in der Charité die Zahl der Entweichungen um 50 Prozent zurückgegangen ist.

Umso erstaunlicher sind die Zahlen, die Martin Zinkler an den Anfang seiner Ausführungen stellt. Von 400 Kliniken in Deutschland würden nur 20 auf geschlossene Stationen verzichten. Zinkler beziffert die Größenordnung von Zwangsmaßnahmen auf 5 bis 10 Prozent bei ca. 800.000 stationär behandelten Patienten. Auch seine Klinik in Heidenheim sei keine zwangsfreie Psychiatrie. Zwar habe man 2011 die letzte neuroleptische Zwangsbehandlung durchgeführt, doch die Zahl der Zwangsmaßnahmen belaufe sich auf 3 bis 5 Prozent, in der Mehrzahl Fixierungen. Als Vorbild führt er die Klinik in Herne an, wo die Vermeidung von Zwang die erste Priorität habe. Zinkler ermutigt den Ethikrat, mehr von der Psychiatrie zu fordern und sich nicht mit dem scheinbar Machbaren zufriedenzugeben. Er bedauert, dass Peter Lehmann nicht eingeladen ist, was Sigrid Graumann mit dem Argument zu verteidigen versucht, man kenne Peter Lehmanns Publikationen gut und werde diese berücksichtigen.

Franziska Rabenschlag sieht beim Thema "Zwang" einen großen Bedarf an Reflexion und Kommunikation. Dies betreffe in besonderer Weise den "informellen Zwang", der beim Verhandeln und Überreden beginnt und bis zu Drohungen reicht. Dadurch werde die therapeutische Beziehung negativ beeinflusst. Eine wichtige Rolle sollten Patientenverfügungen spielen, wie sie der Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener (BPE) fordert. Eine Patientenverfügung, ergänzt Heinz, müsse aber auch das Recht beinhalten, nichts mit der Psychiatrie zu tun haben zu wollen.

Die sich an die Statements anschließende intensive Fragerunde durch die Mitglieder des Ethikrates beendet Darbock mit der Feststellung, es sei bemerkenswert, dass aus dem Kreis Forderungen nach Alternativen zur stationären Versorgung kämen. "Das hört man nicht häufig, dass jemand, der für einen Beruf steht, sagt: Es gibt Alternativen zu dem, was ich anbiete. Das finde ich beachtlich", lautete das Kompliment an die befragten"Kliniker".

Betroffenenperspektive

Den wahrscheinlich schwierigsten Part bei dieser Anhörung hat Jurand Daszkowski, Mitglied im geschäftsführenden Vorstand des BPE. Daszkowski betont, dass Zwangsmaßnahmen von den Betroffenen als erniedrigend und herabwürdigend empfunden werden. Sie wirken traumatisierend und könnten dazu führen, dass sich die Betroffenen vom psychiatrischen Hilfesystem abwenden. Aus der Sicht vieler Psychiatrieerfahrener gäbe es aber Unterschiede zwischen Zwangsunterbringung und einer Zwangsbehandlung, die als Körperverletzung bis hin zu Folter wahrgenommen werde. Daszkowski geht auch auf den geplanten Gesetzentwurf "zur Änderung der materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen von ärztlichen Maßnahmen" ein, in dem die Einwilligung in eine ärztliche Zwangsmaßnahme von der freiheitsentziehenden Unterbringung entkoppelt werden soll. Dies könne dazu führen, dass die Zahl der ärztlichen Zwangsmaßnahmen auch bei somatischen Erkrankungen zunimmt. Abschließend verweist Daszkowski auf schon bestehende Best-Practice-Projekte wie Soteria, Weglaufhäuser, Krisenpensionen und Open Dialogue, die weiterentwickelt werden müssten.

Gemeindepsychiatrische Impulse

Als Vertreter der Gemeindepsychiatrie richtet Matthias Rosemann den Fokus auf den Bereich außerhalb des klinischen Kontextes, insbesondere auf die geschlossenen Heimeinrichtungen. Dort gäbe es eine noch deutlich größere Grauzone, sowohl was die Anzahl der geschlossenen Plätze betrifft als auch hinsichtlich des Ausmaßes freiheitsentziehender Maßnahmen. Dass es bei Zwangsmaßnahmen große regionale Unterschiede gibt, müsse etwas mit dem jeweiligen Versorgungssystem zu tun haben und, so Rosemann eindringlich, mit den Haltungen der Akteure.

Im ambulanten Bereich würde Zwangsmaßnahmen zumeist ein schleichender Prozess der Gefährdung der eigenen Lebensgrundlage vorausgehen. Dabei könne in Berlin und anderen Großstädten schon der drohende Verlust der Wohnung eine solche Gefährdung darstellen. Die Herausforderung bestehe darin, eine Balance zu finden zwischen dem Respekt vor der Lebensführung des anderen und dem wohlgemeinten Zwang. Letztendlich sei die geschlossene Heimunterbringung immer ein Ausdruck der Hilflosigkeit einzelner Institutionen. Daher müssten sich in diesen Fällen alle Akteure des Hilfesystems zusammensetzen, um einen jeweils individuellen Lösungsweg zu finden.

Die "Freiheit zur Verwahrlosung" betrachtet auch Detlef Gagel als größtes Problem. Dem Recht auf persönliche Freiheit stehe das Recht auf eine angemessene Behandlung gegenüber. Gagel leitet den Sozialpsychiatrischen Dienst in Berlin-Pankow. Zu dessen Aufgaben gehört die Krisenintervention. Die Vermeidung von Klinikunterbringungen sei ein Qualitätskriterium für die Arbeit des SpDi. Gagel sieht eine Versorgungslücke zwischen dem stationären Sektor, in den ein Großteil der Mittel fließt, und dem ambulanten Bereich.

EX-IN und rechtliche Betreuung

Weiter geht es mit den Experten zum Thema "Begleitung". Gudrun Tönnes aus Münster wundert sich über die Einordnung und spannt in ihrem Statement einen Bogen von dem eigenen Erfahrungshintergrund als ehemalige Psychiatriepatientin, die freiwillig in die Klinik gegangen war und trotzdem mit Zwangs- und Erziehungsmaßnahmen konfrontiert wurde, bis zu ihrer heutigen Tätigkeit als Organisatorin von EX-IN-Kursen. Nach zwölf Jahren mit der Diagnose Schizophrenie habe sie die Medikamente abgesetzt und die Psychiatriebehandlung beendet.

Frau Tönnes hat eine Umfrage unter Teilnehmerinnen und Teilnehmern ihrer EX-IN-Kurse gemacht, aus der sie einige prägnante Aussagen zu Zwangserfahrungen zitiert. Sie betont aber auch, dass es neben der Not der Patienten die Not der Behandler gibt, die in diesen Situationen nicht zu Wohltätern, sondern zu Tätern werden.

Und welche Rolle haben die gesetzlichen Betreuerinnen und Betreuer? Folgt man den Ausführungen von Stephan Sigusch. Geschäftsführer und Vereinsbetreuer des Betreuungsvereins Oschersleben e.V., dann besteht zwischen Betreuer und Betreutem ein Verhältnis auf Augenhöhe. Sigusch trägt in lehrbuchhafter Weise vor, wie er als Betreuer zu einer Entscheidung kommt, die dem vermeintlichen Willen des Betreuten entspricht. Wichtig sei dann, dem Betreuten diese Entscheidung transparent zu machen und die Konsequenzen, beispielsweise bei Zwangsmaßnahmen, mitzutragen. "Wenn eine Unterbringung nicht abzuwenden ist, bin ich mit dabei. Dann weiß er auch: Ich war das. In 80 Prozent bleibt das Vertrauensverhältnis bestehen, in 20 Prozent gibt es halt einen Betreuerwechsel", so Sigusch.

Beschwerdemanagement

Petra Rossmanith hat in der Beschwerde- und Informationsstelle Psychiatrie in Berlin in den vergangenen fünf Jahren 331 Beschwerden zu Zwangsbehandlungen und Zwangsmaßnahmen (von insgesamt über 2000 Beschwerden) erhalten. Sie erläutert, dass für Betroffene der konkrete Anlass für die eingeleitete Zwangsmaßnahme häufig nicht nachvollziehbar ist und äußere Faktoren und die Interaktion der Beteiligten in der konkreten Situation bestimmend sind. Auch bei der Umsetzung der Zwangsmaßnahmen gebe es von Klinik zu Klinik oder sogar von Station zu Station große Unterschiede hinsichtlich des Anlasses, der Art der Maßnahme, ihrer Dauer und Überprüfung. Dies wecke bei den Betroffenen den Eindruck von Willkür. Für die Stärkung der Patientenrechte brauche es u.a. eine patientenorientierte Deeskalation, eine einheitliche Ausgestaltung bei der Umsetzung von Zwangsmaßnahmen, eine verpflichtende Rechtsaufklärung und die Verpflichtung zur Nachbesprechung, denn, so Rossmanith: "Jede Anwendung von Zwang ist eine verpasste Chance, eine andere Lösung zu finden."

Legitimation von Zwang?

Für den rechtlichen Teil der Anhörung hat der Ethikrat Annette Leer, Betreuungsrichterin am Amtsgericht Hannover, Dagmar Brosey, Professorin für Zivilrecht mit dem Schwerpunkt Familien- und Jugendrecht an der Technischen Hochschule Köln und die Psychiaterin Margret Osterfeld als Mitglied im "Unterausschuss der Vereinten Nationen für die Prävention von Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe" eingeladen.

Annette Loer findet es bemerkenswert, dass der Anstoß für die Auseinandersetzung mit dem Thema "Zwang" aus der Rechtsprechung gekommen ist. Die Psychiatrie habe darauf unterschiedlich, teilweise sogar "bockig" reagiert. Auch eine Zwangsbehandlung sei eine medizinische Behandlung. Wenn der Betroffene unter betreuungsrechtlichen Voraussetzungen diese Behandlung ablehnt, müsse sie als Richterin eine Entscheidung aus der Sicht des Betroffenen treffen in Abwägung zwischen dem Grundrecht des Anspruchs auf Behandlung und dem Freiheitsrecht, eine Behandlung abzulehnen.

An die Ausführungen von Anette Loer knüpft Dagmar Brosey aus der Perspektive der Rechtswissenschaft an. Die höchstrichterlichen Urteile charakterisiert sie als "geländerbildend". Nachdem das Urteil von 2011 festgestellt hatte, dass Zwang einen Eingriff in die Grundrechte bedeute, stellte das Bundesverfassungsgericht 2016 die Schutzpflicht des Staates heraus. Die Betroffenen hätten Anspruch auf Unterstützung bei der Ausübung ihrer rechtlichen Handlungsfähigkeit und lt. Artikel 12 der BRK müssten Rechte, Wille und Präferenzen der Personen berücksichtigt werden. Das kann auch die Ablehnung des Behandlungsangebotes bedeuten, wenn dies der mutmaßliche Wille eines Betroffenen ist.

Margret Osterfeld verweist darauf, dass Zwangsunterbringungen für Kliniken auch eine wirtschaftliche Größe darstellen und dass es letztlich die Gutachten von Ärztinnen und Ärzten sind, die die Entscheidungen der Gerichte legitimieren. Nicht hilfreich sind aus ihrer Sicht Formulierungen, wie sie in der Novelle des Niedersächsischen PsychKG zu finden sind, in deren Gesetzesbegründung eine "misstrauisch-ablehnende Haltung" als häufiger Bestandteil der Krankheitssymptomatik einer schizophrenen Psychose dargestellt ist. Das bedeute im (unzulässigen) Umkehrschluss, dass, wer sich ablehnend verhält, krank ist.

Philosophie und Utopie

Zum Abschluss der Anhörung beschäftigen sich die Philosophen Thomas Schramme (Universität Liverpool) und Matthias Braun (Universität Erlangen-Nürnberg) mit den ethischen Fragen des Zwangs auf einer eher theoretischen Ebene. Doch das Philosophieren darüber, wie die Gesetze sein sollten, weist letztlich in die Zukunft und gibt der Diskussion einen interessanten Impuls.

Laut Schramme könne das Ziel der Zwangsanwendung nicht das Wohl an sich sein, sondern müsse in der Herstellung der Selbstbestimmungsfähigkeit des Betroffenen liegen. Die Gesundheit sei dabei nur ein Aspekt des menschlichen Wohls. Schramme sieht die Gefahr der "Beschlagnahme des Wohls", wenn man sich nämlich anmaßt, besser zu wissen, was für eine Person gut ist, als diese selber.

Zu fortgeschrittener Stunde kommt dann von Matthias Braun der vielleicht innovativste, auf jeden Fall aber gewagteste Gedankengang dieser Veranstaltung: "Es kann in den ethischen Debatten zumindest primär nicht darum gehen, wie man die Anwendung von Zwang rechtfertigen kann ..., sondern die primäre Frage muss sein, wie die Anerkennungsvollzüge so gestaltet werden können, dass die Anwendung von Zwang bei psychischer Devianz grundsätzlich vermieden wird." Dies würde in der Konsequenz bedeuten, dass die Voraussetzungen geschaffen und die Ressourcen zur Verfügung gestellt werden müssen, die die Selbstbestimmungsfähigkeit der Betroffenen ermöglichen und folglich Zwang verhindern.

Als die Anhörung am späten Nachmittag pünktlich zu Ende gegangen ist, sind die Demonstranten, die morgens gegen jede wie auch immer geartete und begründete Legitimierung von Zwangsmaßnahmen protestiert hatten, längst nicht mehr da. Vielleicht würden auch sie sich auf der Basis des zuletzt gemachten Vorschlags der Umkehrung der Beweislast an dem notwendigen weiteren Diskussionsprozess beteiligen?


Thomas R. Müller, Diplom-Germanist und Diplom-Sozialmanager, Leiter des Sächsischen Psychiatriemuseums der Psychiatriebetroffeneninitiative Durchblick e.V. in Leipzig


Der Deutsche Ethikrat verfolgt lt. Ethikratgesetz "die ethischen, gesellschaftlichen, naturwissenschaftlichen, medizinischen und rechtlichen Fragen sowie die voraussichtlichen Folgen für Individuum und Gesellschaft, die sich im Zusammenhang mit der Forschung und den Entwicklungen insbesondere auf dem Gebiet der Lebenswissenschaften und ihrer Anwendung auf den Menschen ergeben". Dem Ethikrat gehören 26 Mitglieder an, die je zur Hälfte vom Deutschen Bundestag und der Bundesregierung vorgeschlagen und vom Präsidenten des Deutschen Bundestages für die Dauer von vier Jahren berufen und einmal wiederberufen werden können. Die Treffen des Ethikrates sind in der Regel öffentlich. Zu seinen Aufgaben gehören u.a. die Erarbeitung von Stellungnahmen sowie Empfehlungen für politisches und gesetzgeberisches Handeln.


Weitere Informationen

Die Veranstaltung ist auf der Internetseite des Deutschen Ethikrates dokumentiert. Dort können sowohl der Audiomitschnitt der Anhörung nachgehört als auch die Simultanmitschrift nachgelesen werden. www.ethikrat.org

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Quelle:
Soziale Psychiatrie Nr. 157 - Heft 3/17, Juli 2017, Seite 7 - 10
veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Autors und der Redaktion
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. September 2017

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