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MEDIEN/923: Elterninformationsblatt zu Pulsoxymetrie-Screening bei Neugeborenen (IQWiG)


Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) - 07.06.2016

IQWiG legt Elterninformation zu Pulsoxymetrie-Screening bei Neugeborenen vor

Faltblatt erklärt knapp und allgemein verständlich Vor- und Nachteile der Früherkennungsuntersuchung


Trotz Ultraschalluntersuchungen während der Schwangerschaft und der U1-Untersuchung direkt nach der Geburt kann es vorkommen, dass ein schwerer Herzfehler nicht erkannt wird. Ein weiterer Test, die Pulsoxymetrie, soll diese diagnostische Lücke schließen. Doch wie jedes Screening kann die Pulsoxymetrie-Untersuchung nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile haben. Bereits 2015 hatte das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) Nutzen und Schaden des Pulsoymetrie-Screenings bewertet. Nun hat es diese Ergebnisse im Auftrag des Gemeinsamen Bundesauschusses (G-BA) in knapper und allgemein verständlicher Form für werdende Eltern aufbereitet.

Nutzer testen Verständlichkeit

In einem ersten Schritt haben die Kölner Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler qualitative Studien recherchiert und ausgewertet, die der Frage nachgingen, welche Informationsbedürfnisse werdende Eltern haben, was sie also zu welchem Zeitpunkt wissen möchten.

In einem zweiten Schritt hat das IQWiG einen Text sowie eine Grafik erstellt, die dem Umfang eines DIN-A4-Faltblatts entsprechen. Grundlage für die Darstellung von Vor- und Nachteilen waren dabei die Ergebnisse der Nutzenbewertung, die im Mai 2015 publiziert worden war. Der Faltblatt-Entwurf wurde einer Nutzertestung unterzogen: In zwei sogenannten Fokusgruppen prüften Testleserinnen und -leser mithilfe eines Diskussionsleitfadens, wie verständlich die Informationen sind. Außerdem prüften sie, als wie hilfreich die Informationen wahrgenommen werden. Danach wurde der Entwurf überarbeitet.

Ohne Behandlung ist Überlebens-Chance minimal

Einige angeborene Herzfehler, also Fehlbildungen am Herzen oder an herznahen Gefäßen, können nach der Geburt schnell zu lebensbedrohlichen Störungen des Herz-Kreislauf-Systems führen. Solche Herzfehler werden mit dem Fachbegriff "kritische Herzfehler" bezeichnet, im Faltblatt aber vereinfachend "schwere Herzfehler" genannt. Wenn Sie in den ersten 48 Stunden diagnostiziert werden, lassen sich Folgeschäden und Todesfälle durch eine frühzeitige Behandlung vermindern. Doch durch die bisherigen Standarduntersuchungen bleiben solche Herzfehler bei etwa vier von 10.000 Neugeborenen unentdeckt.

Mit Pulsoxymetrie werden mehr kritische Fälle entdeckt

Bei der Pulsoxymetrie wird mithilfe eines Lichtsensors der Sauerstoffgehalt des Blutes bestimmt. Zu wenig Sauerstoff kann auf einen schweren Herzfehler hinweisen. Wie das IQWiG in seinem Abschlussbericht feststellte, werden mehr solcher kritischen angeborenen Herzfehler entdeckt, wenn zusätzlich zu den Standard-Untersuchungen auch eine Pulsoxymetrie durchgeführt wird. Diese sollte in den ersten 24 bis 48 Stunden nach der Geburt stattfinden.

Im Durchschnitt wird dadurch bei etwa drei von 10.000 Babys ein schwerer Herzfehler entdeckt, der vorher nicht aufgefallen ist. Andererseits übersieht auch die Pulsoxymetrie noch immer bei durchschnittlich einem von 10.000 Babys eine solche Anomalie am Herzen.

Auffälliges Ergebnis kann beunruhigend sein

Zwar hat der Test selbst keinerlei Nebenwirkungen, wird doch noch nicht einmal Blut entnommen. Allerdings kann es sein, dass ein auffälliges Ergebnis überprüft werden muss, wobei die Zeit bis zu dieser Klärung, für Eltern belastend sein kann: 13 von 10.000 Neugeborenen haben einen auffälligen Test-Befund, davon haben nur etwa drei tatsächlich einen schweren Herzfehler und müssen schnell behandelt werden. Bei den übrigen zehn hat der niedrige Sauerstoffgehalt im Blut eine andere Ursache, die in der Regel medizinisch weniger gravierend ist und auch nicht immer eine Behandlung erfordert.

Faltblatt soll ärztliche Aufklärung unterstützen

Der G-BA berät derzeit die Einführung der Pulsoxymetrie als Angebot für alle gesetzlich versicherten Neugeborenen vor. "Das setzt eine Aufklärung der Eltern voraus", sagt Klaus Koch, Leiter des Ressorts Gesundheitsinformation im IQWiG: "Das Faltblatt soll die ärztliche Aufklärung unterstützen."

Information am besten schon vor der Geburt

Wie der Nutzertest zeigte, kann die Elterninformation helfen, das Screening zu verstehen. Aufgrund ihres knappen Formats, kann sie allerdings nicht alle Fragen beantworten.

Alle Testpersonen waren sich zudem darin einig, dass eine solche Information bereits während der Schwangerschaft erfolgen sollte, am besten in den letzten drei Monaten. Denn in den ersten 24 bis 48 Stunden nach der Geburt sind Eltern so gefordert, dass sie ein Faltblatt nicht lesen können oder wollen.

Material bündeln, um informierte Entscheidung zu ermöglichen

Der vom IQWiG vorgelegte Entwurf des Faltblatts wird jetzt in die Beratungen des G-BA aufgenommen. Sofern der G-BA die Einführung der Pulsoxymetrie beschließt, wird das Faltblatt in der vom G-BA finalisierten Version dann allen Eltern zur Verfügung stehen.

Wie auch bei allen anderen Untersuchungen, die Eltern angeboten werden, ist die Teilnahme an der Pulsoxymetrie freiwillig.

"Es wäre für Eltern sicher hilfreich, die verschiedenen Untersuchungen ihres Kindes in einem einheitlichen Informationspaket zu bündeln und so früh zur Verfügung zu stellen, dass ihnen genügend Zeit für eine informierte Entscheidung bleibt", meint Klaus Koch.


Weitere Informationen finden Sie unter
https://www.iqwig.de/de/projekte-ergebnisse/projekte/gesundheitsinformation/p15-03-elterninformation-zum-pulsoxymetrie-screening-bei-neugeborenen-addendum-zum-auftrag-s13-01.7080.html
zum Bericht (mit Entwurf des Faltblatts)

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/de/institution906

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Dr. Anna-Sabine Ernst, 07.06.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Juni 2016

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