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MENSCHENRECHTE/044: Plan zur Eindämmung von Migration ist ein Angriff auf das Recht zur Flucht vor Gewalt (ÄoG)


Ärzte ohne Grenzen - 29. Juni 2016

Ärzte ohne Grenzen: Geplante EU-Abkommen mit Herkunfts- und Transitländern zur Abschottung Europas sind Angriff auf das Recht zur Flucht vor Gewalt


Auf dem EU-Gipfel in Brüssel haben die Staats- und Regierungschefs der EU am Dienstag dem Plan der EU-Kommission zugestimmt, durch Partnerschaftsabkommen mit Herkunfts- und Transitländern Flucht und Migration nach Europa zu unterbinden. Die Kommissionspläne sehen vor, mit 16 afrikanischen und asiatischen Ländern Abkommen nach dem Vorbild des EU-Türkei-Deals zu schließen. Länder, die bei Grenzschutz und Abschiebungen kooperieren, sollen belohnt werden. Den anderen drohen Nachteile bei Hilfsgeldern und Handel. Unter den geplanten Partnerstaaten sind auch Bürgerkriegsländer wie Sudan und Somalia.

Dazu erklärt Aurélie Ponthieu, Expertin für Flucht und Vertreibung bei Ärzte ohne Grenzen:

"Mit der Absegnung des von der EU-Kommission vorgeschlagenen Plans zur Eindämmung von Migration hat der Europäische Rat bedauerlicherweise den EU-Türkei-Deal zum Vorbild für den Umgang mit Menschen auf der Flucht nach Europa gemacht. Damit ignoriert der Rat die schwerwiegenden humanitären Folgen des Abkommens, vor allem in Griechenland. Der EU-Türkei-Deal stellt einen beispiellosen Angriff auf das Asylrecht dar.

Zwar erkennt der Europäische Rat die Herausforderungen der globalen Krise durch Flucht und Vertreibungen an, seine Bemühungen zielen aber ausschließlich darauf ab, Menschen, die Schutz suchen, in den am schwersten betroffenen Gebieten festzuhalten. Statt Schutz und Unterstützung für Menschen anzubieten, die diese am dringendsten benötigen, wollen die EU-Mitgliedsstaaten sie aus ihrem Blickfeld verdrängen. Dadurch wird das Recht dieser Menschen bedroht, ihr Land zu verlassen und Asyl zu beantragen.

Der derzeitige Fokus der EU auf Abschreckung und die Auslagerung von Grenzkontrollen an Drittstaaten wird Menschen nicht davon abhalten, nach Europa zu kommen. Dadurch wird bloß die Nachfrage nach Schleppern gesteigert, und die Menschen werden größeren Gefahren ausgesetzt. Wir brauchen jetzt einen grundlegend neuen Ansatz: Der einzige Weg, diese von der Politik verursachte Krise in Europa zu lösen, ist die Schaffung von sicheren und legalen Fluchtwegen nach Europa. Der Zugang zu Asylverfahren, die Familienzusammenführung und geregelte Umsiedlung in die EU müssen ausgeweitet werden. Zugleich müssen die Aufnahmebedingungen in Griechenland und Italien verbessert werden."

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Quelle:
Ärzte ohne Grenzen e. V. / Medecins Sans Frontieres
Pressemitteilung vom 29. Juni 2016
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juli 2016

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