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BERICHT/034: Sternenforschung rund um die Erde (Leibniz)


Leibniz - Journal der Leibniz-Gemeinschaft 4/2008

Sternenforschung rund um die Erde


Wer Matthias Steinmetz derzeit in seinem Büro antreffen will, muss schon großes Glück haben. Denn momentan pendelt er im 14-tägigen Wechsel zwischen Potsdam und dem Kavli Institute for Theoretical Physics im amerikanischen Santa Barbara. Dabei handelt es sich jedoch weniger um ein Institut als vielmehr um ein Gästeprogramm. In diesem "Think Tank" kommen internationale Experten für mehrere Monate zusammen, um gemeinsam an einem Problem zu arbeiten. "Building the Milky Way" heißt das Projekt, das von Steinmetz mit koordiniert wird. "Es geht um eine Bestandsaufnahme: Welche Daten müssen noch gesammelt und welche Methoden noch entwickelt werden, um ein vollständiges Modell von der Entstehung unserer Galaxis entwickeln zu können?", erläutert Steinmetz.


Der Weg des gebürtigen Saarländers zum "Sternenforscher" war alles andere als vorgezeichnet. Er kommt aus einer Familie von Geisteswissenschaftlern. Sein Onkel hatte ein Fernrohr, mit dem Matthias Steinmetz den Sternenhimmel für sich entdeckte. Aufgrund seines mathematischen Interesses studierte er zunächst Mathematik und Physik an der Universität des Saarlandes und der Technischen Universität München, wo er auch - in Physik - promovierte. 1995 ging er in die USA und war dort seit 1996 Professor an der Universität von Arizona. 2002 kam er in einer gemeinsamen Berufung mit der Universität Potsdam ans AIP, wo er zwei Jahre später zum Wissenschaftlichen Vorstand bestellt wurde.

"In den letzten zehn Jahren gab es einen deutlichen Strukturwechsel am Institut", erinnert sich Steinmetz. Die Stellen der beiden Forschungsbereichsleiter wurden neu besetzt. Damit änderte sich auch die Ausrichtung. Beispielsweise leitete zuvor ein Röntgenastronom den Forschungsschwerpunkt, den jetzt der theoretische Astrophysiker Steinmetz übernommen hat. Das hat dem Renommee des Instituts aber keinen Abbruch getan. "Wir sind sehr zufrieden mit den Ergebnissen der letzten Evaluierung", betont Steinmetz. Die Gutachter beurteilten die Qualität der Forschungsarbeit als sehr gut bis exzellent und in einigen Bereichen weltweit führend. Besonders hoben sie die thematische Breite und methodische Vielfalt der Forschung am AIP hervor.

Derzeit befindet sich das AIP in einer überaus vielversprechenden Phase seiner Arbeit. "Von vielen Teleskop-Projekten, die wir in den letzten Jahren vorbereitet haben, können wir nun sozusagen die Ernte einfahren, so von RAVE (siehe Artikel Seite 6; Anm. d. Red.), STELLA und dem LBT", freut sich Steinmetz.

Nicht zu übersehen ist, dass das AIP expandiert. Noch befindet sich auf dem Gelände eine Baugrube, doch schon 2009 soll hier das neue Gebäude für Technologieentwicklung und -transfer stehen. Es wird eine Tiefkühlkammer beherbergen, in dem die Wissenschaftler Geräte unter antarktischen Bedingungen testen können.

Im nächsten Jahr kann sich das AIP auch darauf freuen, gemeinsam mit der Universität Potsdam Ausrichter des Kongresses der Astronomischen Gesellschaft zu sein. Regelmäßig öffnet das Institut seine Tore für Besucher, beispielsweise für die "Sternennächte" auf der Babelsberger Sternwarte und am Großen Refraktor auf dem Telegrafenberg. Damit folgen die AIPler einer mehr als 300 Jahre alten Tradition.

Im Internationalen Jahr der Astronomie 2009 wird es darüber hinaus viele weitere Veranstaltungen geben. Das AIP koordiniert beispielsweise die Auftaktveranstaltung am 20. Januar im Museum für Kommunikation in Berlin. Die "Lange Nacht der Sterne" am 4. April - das AIP ist dann "Ort des Tages" im Wettbewerb "365 Orte im Land der Ideen" - wird Teil der weltweit ausgerufenen 100 Stunden Astronomie sein, wo Beobachtungen rund um die Uhr und rund um den Globus stattfinden werden. Es folgt am 13. Juni die "Lange Nacht der Wissenschaften". Im Rahmen der vom AIP initiierten Ausstellungswoche "Historische Sternwarten stellen aus" vom 18. bis 25. Juni werden das AIP und weitere Einrichtungen quer durch Deutschland ihre wissenschaftshistorischen Schätze präsentieren.


Internationale Zusammenarbeit

Das AIP unterhält Außenstellen in den USA und auf Teneriffa. Es ist Partner beim größten optischen Teleskop der Welt, dem "Large Binocular Telescope" (LBT) in Arizona und entwickelt für das LBT unter anderem den hochauflösenden Spektrografen PEPSI. Matthias Steinmetz ist zudem der stellvertretende Vorsitzende des LBT-Direktorengremiums. Das AIP kooperiert mit sechs europäischen Instituten im Projekt MUSE. Dabei geht es um die Entwicklung eines modularen Feldspektrografen für das Very Large Telescope (VLT) in Chile, einem Projekt der Europäischen Südsternwarte. Partner ist das Institut auch bei ARENA, dem europäischen Netzwerk für optische und Infrarot-Astronomie in der Antarktis. 22 Forschungsinstitutionen und Industriepartner aus sieben europäischen Ländern und Australien kooperieren hier. Ein deutschrussisches Projekt mit Beteiligung des AIP ist eROSITA (extended ROentgen Survey with an Imaging Telescope Array), das 2012 starten soll. Ziel ist es, eine vollständige Karte des Röntgenhimmels zu erstellen.


Termine und weitere Informationen zu den Veranstaltungen des AIP unter:
www.aip.de/kalender.html


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Quelle:
Leibniz - Journal der Leibniz-Gemeinschaft, Nr. 4/2008, Seite 20
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Januar 2009