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GESCHICHTE/075: Carl Wirtz und die Hubble-Beziehung (Sterne und Weltraum)


Sterne und Weltraum 11/09 - November 2009
Zeitschrift für Astronomie

Carl Wirtz und die Hubble-Beziehung

Von Immo Appenzeller


Zu den Grundlagen der heutigen Kosmologie gehört, dass die Spektren ferner Galaxien eine Rotverschiebung zeigen und dass diese mit der Entfernung anwächst. Nach einer Arbeit, die der US-Astronom Edwin Hubble vor genau 80 Jahren publizierte, wird dieser Zusammenhang Hubble-Beziehung genannt. Weniger bekannt ist, dass bereits vor Hubble die Rotverschiebung und ihre Zunahme mit der Entfernung beschrieben worden war. Soweit wir heute wissen, wies Carl Wirtz als Erster eine solche Beziehung nach.



In Kürze

Lange Zeit blieb unklar, ob sich die »Spiralnebel« genannten Objekte innerhalb unseres Milchstraßensystems befinden oder eigenständige Sternsysteme darstellen.

Carl Wirtz war einer der Ersten, die herausfanden, dass sich die Spiralnebel - heute Spiralgalaxien genannt - weit außerhalb unseres Milchstraßensystems befinden.

Wirtz erkannte zudem, dass die Rotverschiebung in den Spektren von weit entfernten Spiralgalaxien mit der Entfernung anwächst. Diese Entdeckung wird heute oft - und fälschlicherweise - dem Astronomen Edwin Hubble zugeschrieben.

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Spekulationen und Überlegungen über den großräumigen Aufbau unserer Welt sind so alt wie die Geschichte der Menschheit. Aber erst seit etwa einem Jahrhundert lässt sich die Frage nach der Struktur und der zeitlichen Entwicklung des Kosmos physikalisch konsistent untersuchen. Die wichtigste Voraussetzung hierfür war eine genaue Theorie der Schwerkraft oder Gravitation. Mit der Allgemeinen Relativitätstheorie - kurz ART genannt - lieferte Albert Einstein (1879 - 1955) im Jahre 1916 diese Grundlage. Für die Kosmologie ist die Schwerkraft so wichtig, weil sie über große Entfernungen stets stärker ist als alle anderen bekannten Kraftfelder. Die Schwerkraft bestimmt deshalb den großräumigen Aufbau unserer Welt.

Bereits mehr als zweihundert Jahre vor Einstein hatte Isaac Newton (1643 - 1727) ein Gravitationsgesetz formuliert, das zunächst alle bekannten Phänomene der Schwerkraft ausreichend gut erklärte. Mit zunehmender Messgenauigkeit zeigte sich aber, dass Newtons Gesetz nur eine Näherung sein konnte. Einsteins neue Theorie, die Newtons Gravitationsgesetz als Grenzfall enthält, konnte nicht nur auch die bis dahin unverstandenen Beobachtungen und Messungen erklären, sondern sie stand (im Gegensatz zu Newtons Formeln) auch mit den inzwischen entwickelten Theorien der elektromagnetischen Felder im Einklang.


Gekrümmt in vier Dimensionen

Wie bei der bereits früher gefundenen Speziellen Relativitätstheorie beschreibt Einstein in der ART unsere Welt als einen Raum mit vier Dimensionen. Drei dieser Dimensionen sind die uns vertrauten drei Raumrichtungen. Die vierte Dimension ist die Zeit. Neu an der ART war, dass der Raum in allen vier Dimensionen gekrümmt sein kann.

Ein anschaulicher und uns allen vertrauter gekrümmter Raum ist die Oberfläche einer Kugel. Die Kugeloberfläche ist ein zweidimensionaler gekrümmter Raum, da sich jeder Punkt mit genau zwei Koordinatenwerten charakterisieren lässt. Beispiele für ein solches Paar von Koordinaten auf einer Kugel sind geografische Länge und Breite auf der Erdoberfläche. Während wir mit der Topologie einer Kugeloberfläche keine Probleme haben, können sich die meisten Menschen einen vierdimensionalen gekrümmten Raum nicht bildlich vorstellen. Die Eigenschaften eines solchen Raums lassen sich aber mathematisch darstellen und berechnen.

In seiner Theorie erklärt Einstein die Schwerkraft als eine Auswirkung der Raumkrümmung auf unsere Bewegung in Raum und Zeit. Dabei müssen wir berücksichtigen, dass wir uns in der vierdimensionalen Raumzeit auch dann bewegen, wenn wir im dreidimensionalen Raum ruhen, da die Zeit immer fortschreitet. Die Raumkrümmung selbst hängt Einstein zufolge von der Verteilung der Masse und der Energie im Kosmos ab. Sie kann lokal positiv sein (wie bei einer Kugeloberfläche), negativ (wie bei einem Hyperboloid) oder auch null sein (wie bei einer ebenen Fläche). Einstein nahm als Ansatz für seine Theorie die einfachste Formel, die diesen Sachverhalt mathematisch konsistent beschreiben konnte. Diese Formel sollte sich als äußerst erfolgreich erweisen. Trotz intensiver Suche konnten bis heute keine Abweichungen von Einsteins Gravitationsgesetz nachgewiesen werden.

Schon kurz nach der Veröffentlichung der ART beschäftigte sich Einstein auch mit der Frage des Aufbaus des Kosmos im Lichte seiner neuen Theorie. Dies führte zu einer Veröffentlichung im Jahre 1917, in der Einstein ein erstes relativistisches Weltmodell vorstellte. Für dieses Modell nahm Einstein an, dass der Kosmos im Mittel überall die gleichen Eigenschaften hat (also homogen ist), dass es keine ausgezeichnete Richtung(en) gibt, und dass die Welt im Mittel keine zeitliche Veränderungen zeigt, also »statisch« ist. Diese Annahmen entsprachen dem damaligen Stand der physikalischen und astronomischen Beobachtungen. Einstein konnte zeigen, dass mit den genannten Annahmen die Eigenschaften des Kosmos eindeutig festgelegt werden. Das heute als »Einstein-Welt« bezeichnete Modell zeichnet sich durch eine räumlich und zeitlich konstante positive Krümmung aus, die vom Wert der - ebenfalls konstanten - mittleren Materiedichte abhängt.

Nur wenige Monate später veröffentlichte der holländische Astronom Willem de Sitter (1872 - 1934) ein zweites statisches Weltmodell, das auf Einsteins Gleichungen basierte (siehe Bildunterschrift 2). Der wichtigste Unterschied zur Einstein-Welt bestand darin, dass de Sitter den Kosmos als leeren Raum approximierte. Zwar ist unsere Welt offenkundig nicht leer, aber die gegenwärtige Materiedichte ist in der Tat gering, so dass de Sitters Näherung nicht so unrealistisch ist, wie sie auf den ersten Blick erscheinen mag. Die Annahme eines von Materie freien Kosmos führt im einfachsten Fall zu einer nicht statischen Welt. Wie de Sitter aber zeigte, gibt es in Abwesenheit von Materie eine gewisse Freiheit bei der Definition der Zeitkoordinate, und die Zeit lässt sich so definieren, dass sich Aufbau und Geometrie des Kosmos zeitlich nicht ändern.


Vorhersage der Rotverschiebung

De Sitters Modell hatte eine interessante, beobachtbare Eigenschaft: Uhren an verschiedenen Orten in de Sitters Welt laufen unterschiedlich schnell. Die Gangdifferenz zwischen zwei Punkten hängt dabei von der Entfernung ab. Diese Gangverzögerung gilt auch für die Schwingungen von Atomen, welche die Wellenlänge von Spektrallinien bestimmen. De Sitter sagte deshalb vorher, dass die Spektren entfernter Objekte eine Rotverschiebung zeigen sollten und dass die Rotverschiebung mit der Entfernung zunehmen sollte. Der Rotverschiebungseffekt in de Sitters Welt wird noch dadurch verstärkt, dass in diesem Modell Probekörper voneinander weg beschleunigt werden. Die Beobachtungen schienen de Sitters Modell zu stützen, da die meisten der bis 1917 aufgenommenen Spektren der Spiralnebel eine Rotverschiebung aufwiesen, für die es zunächst keine andere physikalische Erklärung gab.

Wir wissen heute, dass weder Einsteins Weltmodell noch das Modell von de Sitter unseren Kosmos richtig beschreibt. Wir wissen auch, dass die bei den Galaxien beobachtete Rotverschiebung eine andere Ursache hat als die von de Sitter abgeleitete ortsabhängige Zeit. Trotzdem erwies sich de Sitters Arbeit für die moderne Kosmologie als sehr wertvoll, denn sie führte dazu, dass die Frage der Rotverschiebung und ihre Abhängigkeit von der Entfernung systematisch untersucht wurde. Das war 1917 keineswegs einfach: Die Natur der Spiralnebel und ihre Entfernung waren noch unbekannt, und Spektren dieser Objekte konnten nur mit hohem Aufwand und einiger Kunstfertigkeit gewonnen werden.


Die Entfernung der Spiralnebel

»Nebelflecke« zwischen den Sternen waren seit der Erfindung des Teleskops in immer größerer Anzahl entdeckt worden. Aber erst die Lichtstärke des 1,8-Meter-Spiegelteleskops, das sich der Englisch-irische Adelige und Amateurastronom William Parsons (1800 - 1867), Third Earl of Rosse, auf seinem Besitz Birr Castle gebaut hatte, erlaubte es, bei einem Teil der Nebel eine Spiralstruktur zu erkennen.

Bald zeigte sich, dass die »Spiralnebel« - die wir heute als Spiralgalaxien bezeichnen - einheitlichere Eigenschaften haben als die übrigen »Nebelflecke«. Aber ihre Natur war lange Zeit unklar und umstritten. Handelte es sich um Objekte innerhalb unseres Milchstraßensystems? Immerhin war bereits für viele andere Nebel gezeigt worden, dass sie zum Milchstraßensystem, der Galaxis, gehören. Oder waren die Spiralnebel weit entfernte, mit unserer Milchstraße vergleichbare eigenständige Sternsysteme? Um diese Fragen beantworten zu können, musste offensichtlich eine Möglichkeit gefunden werden, die Entfernung der Spiralnebel zu bestimmen. Zu den ersten, die hierzu überzeugende Daten beitrugen, gehörte der deutsche Astronom Carl Wirtz (1876 - 1939, siehe Bildunterschrift 1).

In Krefeld geboren, studierte Wirtz in Bonn Astronomie und promovierte dort 1898. Danach arbeitete er zunächst an der Kuffner-Sternwarte in Wien, wo er die von Karl Schwarzschild (1873 - 1916) begonnene fotografische Cepheiden-Fotometrie fortsetzte. Nach einem Jahr Lehrertätigkeit an der Seefahrtschule in Hamburg erhielt er 1902 eine Anstellung als Observator an der Sternwarte Straßburg. Dort habilitierte er sich 1903; sechs Jahre später wurde er zum Titularprofessor ernannt. In Straßburg beschäftigte er sich ausführlich mit den Eigenschaften der Spiralnebel. Insbesondere benutzte er die Teleskope der Sternwarte und die damit gewonnenen Daten, um die Positionen und die scheinbare Bewegung der Spiralnebel am Himmel zu vermessen.

Damals war bereits gut bekannt, dass sich das Sonnensystem in der Galaxis bewegt und die Sterne infolgedessen am Firmament im Mittel eine scheinbare Bewegung in der umgekehrten Richtung vollführen. Wie stark sich die Position der Sterne am Himmel in Winkeleinheiten verschiebt, hängt von ihrer jeweiligen Entfernung zur Erde ab. Bereits 1906 hatte der holländische Astronom Jacobus Kapteyn (1851 - 1922) versucht, auch die scheinbare Bewegung der Spiralnebel zu messen. Kapteyns Beobachtungen waren aber noch zu ungenau. Wirtz fand mit seinen wesentlich präziseren Messungen, die er zwischen 1912 und 1918 veröffentlichte, dass sich die Spiralnebel gänzlich anders verhielten als die Sterne und bei ihnen eine systematische Bewegung nicht nachzuweisen war. Er schloss daraus, dass die Spiralnebel wesentlich weiter von der Erde entfernt waren als die Sterne der Milchstraße. Offenbar waren ihre Entfernungen zu groß, um sie mit geometrischen Methoden bestimmen zu können.

Die ersten quantitativen Hinweise auf die Entfernungen der Spiralnebel ergaben sich durch Vergleich der scheinbaren Helligkeit und der Winkelausdehnung von Objekten, deren Eigenschaften aus Beobachtungen im Milchstraßensystem bekannt waren. Einen ersten Versuch dieser Art unternahm Max Wolf (1863 - 1932) in Heidelberg, indem er im Jahre 1911 die Winkelausdehnung von Dunkelwolken (er nannte sie damals noch »Höhlen«) in Spiralnebeln mit der Ausdehnung typischer Dunkelwolken der Milchstraße verglich. Wolf erhielt auf diese Weise zwar recht konsistente relative Entfernungen, aber die von ihm publizierten absoluten Entfernungen waren viel zu klein. Der Grund lag darin, dass er die einzelnen Wolken in den fernen Galaxien nicht auflösen konnte. Er verglich daher in Wirklichkeit einzelne Wolken in der Milchstraße mit Anhäufungen von Wolken in den Spiralnebeln. Dennoch gelang Wolf eine wichtige Erkenntnis: Die Spiralnebel befinden sich weit außerhalb des Milchstraßensystems.

Zwischen 1917 und 1919 benutzten verschiedene, damals in den USA arbeitende Wissenschaftler - darunter Heber Curtis (1872 - 1942), Harlow Shapley (1885 - 1972) und Knut Lundmark (1889 - 1958) - die hellsten in den Nebeln beobachteten Einzelsterne sowie Novae zur Entfernungsbestimmung. Auch sie fanden »extragalaktische« Entfernungen, die aber ebenfalls nicht sehr genau und zum Teil widersprüchlich waren. Das lag daran, dass die Obergrenze der Sternhelligkeiten und die Leuchtkraft der Novae eine beachtliche Streuung zeigen und die scheinbaren Helligkeiten durch die (damals noch unverstandene) interstellare Staubabsorption beeinflusst werden.

Einen weiteren Versuch unternahm 1922 Ernst Öpik (1893 - 1985). Damals war bereits die Rotation der Spiralgalaxien bekannt. Aus den Rotationskurven lassen sich bei bekannter Entfernung Massen ableiten. Unter der Annahme, dass bei Spiralgalaxien (einschließlich des Milchstraßensystems) das Verhältnis von Masse und Leuchtkraft konstant ist, lassen sich umgekehrt aus den Beobachtungen die Entfernungen ermitteln. Öpik fand auf diese Weise für die Andromedagalaxie eine Entfernung, die bereits relativ genau war.

In den folgenden Jahren entwickelte sich die Beobachtung von Cepheiden als die wichtigste Methode zur Bestimmung der Entfernungen der nahen Spiralnebel. Cepheiden sind oszillierende Sterne, deren Durchmesser um einen Mittelwert schwingt. Wie bei Orgelpfeifen (und im Wesentlichen aus den gleichen Gründen) hängt die Schwingungsperiode von der Größe der Sterne ab. Große Cepheiden schwingen langsamer. Große Cepheiden haben aber auch eine größere Oberfläche und somit eine höhere Leuchtkraft. Infolgedessen gibt es bei pulsierenden Sternen einen gut definierten Zusammenhang zwischen Pulsperiode und Leuchtkraft.

Diesen Zusammenhang bemerkte die US-amerikanische Astronomin Henrietta Leavitt (1868 - 1921) bereits im Jahre 1908 bei einer umfangreichen Untersuchung der veränderlichen Sterne in der Kleinen Magellanschen Wolke. Mit Hilfe von Aufnahmen, die er ab Oktober 1923 mit dem 2,5-Meter-Spiegelteleskop des Mount Wilson Observatory in Kalifornien aufnahm, gelang es nun Edwin Hubble (1889 - 1953), Cepheiden in der Andromedagalaxie nachzuweisen und damit ihre Entfernungen abzuleiten. Seine Ergebnisse wurden bei einer Tagung der Amerikanischen Astronomischen Gesellschaft am Jahresende 1924 vorgetragen und 1925 veröffentlicht.

Die Cepheidenmethode gehört auch heute noch zu den wichtigsten Werkzeugen der extragalaktischen Astronomie. Hubbles erste Entfernungsbestimmung der Andromedagalaxie war allerdings (wie wir heute wissen) nicht genauer als Lundmarks frühere Ableitung der Entfernung mit Hilfe von Novae, und sie war weniger genau als Öpiks Wert von 1922. Hubbles Methode erschien aber überzeugender, und sein Ergebnis galt deshalb zunächst als zuverlässiger.


Erste Messungen der Rotverschiebung

Die Spektroskopie der Spiralnebel begann in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts. Julius Scheiner in Potsdam publizierte 1899 eine erste Beschreibung des Spektrums der Andromedagalaxie. Bereits vorher hatten William und Margaret Huggins an ihrer Privatsternwarte bei London ein Spektrum dieser Galaxie aufgenommen, die Ergebnisse aber zunächst nicht veröffentlicht. In den Folgejahren gewannen Edward Fath am Lick Observatory in Kalifornien, Max Wolf an der Landessternwarte Heidelberg und Vesto M. Slipher am Lowell Observatory in Flagstaff, Arizona, weitere Galaxienspektren (siehe Bildunterschrift 3).

Die erste Radialgeschwindigkeit maß Slipher im Dezember 1912 für den Andromedanebel: Die messbaren Spektrallinien waren zum blauen Ende des Spektrums verschoben, und zwar um einen Betrag, der etwa 300 Kilometer pro Sekunde entsprach. Wolf bestätigte die Blauverschiebung kurze Zeit später anhand eines Spektrums, das er bereits 1911 erhalten hatte. In den folgenden Jahren wurden am Lick Observatory, in Heidelberg und in Flagstaff weitere »Nebel-Spektren« aufgenommen. Dabei stellte sich schnell heraus, dass die Blauverschiebung des Andromedanebels eine Ausnahme war: Die große Mehrheit der Spiralnebel-Spektren wies eine Rotverschiebung auf. Vesto Slipher übernahm bald die Führung in der Nebelspektroskopie, da er sich gänzlich diesem neuen Forschungsgebiet widmete. Bereits 1917 veröffentlichte er eine Liste mit Radialgeschwindigkeiten von 25 Galaxien, von denen 21 Rotverschiebungen zeigten.

Slipher stand nur ein 60-Zentimeter-Teleskop zur Verfügung. Auch Fath und Wolf benutzten relativ kleine Teleskope mit Öffnungen zwischen 70 und 90 Zentimetern. An größere Instrumente konnten die damals verfügbaren astronomischen Prismenspektrografen nicht angepasst werden. Erst nachdem größere Spektrografen zur Verfügung standen, wurde das 2,5-Meter-Spiegelteleskop des Mount Wilson Observatory auch das führende Instrument für die Galaxienspektroskopie. Rund drei Jahrzehnte (bis zur Inbetriebnahme des Fünf-Meter-Spiegels auf dem Mount Palomar 1948) bestimmte dieses Teleskop dann praktisch konkurrenzlos den Fortschritt in der extragalaktischen Forschung.


Wirtz erkennt Zusammenhänge

Wie oben beschrieben, hatten die astronomischen Beobachtungen in den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts überzeugende Hinweise auf die extragalaktische Natur der Spiralnebel geliefert und die Rotverschiebung der Spektren dieser Objekte aufgezeigt. De Sitter hatte auch bereits 1917 eine Erklärung für diesen Effekt geliefert. Ein Vergleich zwischen Beobachtung und Theorie war indes nicht einfach, da zunächst nur für wenige Spiralnebel Entfernungen gemessen waren.

Wichtige Versuche, trotzdem weiterzukommen, stellen zwei fundamentale Arbeiten von Carl Wirtz dar, die 1922 und 1924 in den »Astronomischen Nachrichten« erschienen. Wirtz arbeitete damals an der Sternwarte in Kiel. Als Wissenschaftler hatte er sich auch in Frankreich hohes Ansehen erworben. So wurde ihm dort im Jahre 1912 für seine Arbeiten über die Positionen der Nebel der Lalande-Preis der Academie des sciences verliehen. Trotzdem musste Wirtz Anfang 1919, als Straßburg wieder französisch wurde, die Universität und die Stadt verlassen.

Nach einigen Monaten in Tübingen erhielt Wirtz im April 1919 eine Anstellung als Observator und außerplanmäßiger Professor in Kiel. Im Gegensatz zu Straßburg verfügte die Kieler Sternwarte aber nicht über größere Teleskope. Wirtz wertete daher in Kiel einerseits seine Straßburger Daten aus, andererseits analysierte er von anderen Forschern veröffentlichte Beobachtungen. Sein US-amerikanischer Kollege Allan Sandage hat ihn deshalb, nicht zu unrecht, einmal als den »Hubble ohne Teleskop« charakterisiert.

Die 1922 erschienene Arbeit enthielt eine statistische Untersuchung aller damals bekannten Radialgeschwindigkeiten von Spiralnebeln und Kugelsternhaufen [1]. Für die Radialgeschwindigkeiten benutzte Wirtz in fast allen Fällen die Messungen von Slipher. Die anderen Daten stammten aus verschiedenen Quellen. Zu den Ergebnissen der Studie gehörte, dass die untersuchten 29 Spiralnebel im Mittel eine deutliche Rotverschiebung zeigten, während für die Kugelsternhaufen eine (geringe) mittlere Blauverschiebung gefunden wurde. Wichtiger aber war, dass Wirtz neben anderen (schwachen) Korrelationen einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Rotverschiebung und der scheinbaren Helligkeit der Spiralnebel nachweisen konnte.

Wirtz präsentierte dieses Ergebnis in einer kleinen Tabelle, in der die Mittelwerte der Radialgeschwindigkeiten für sechs Intervalle der scheinbaren Helligkeit angegeben sind. Diese Intervalle wählte er so, dass sich in jeder Gruppe etwa fünf (genau: zwischen vier und sechs) Objekte befanden. Eine grafische Präsentation seiner als Tabelle veröffentlichen Daten zeigt, dass die positiven Radialgeschwindigkeiten beziehungsweise Rotverschiebungen mit abnehmender Helligkeit systematisch zunehmen (siehe Bildunterschrift 5).

Unter der Annahme, dass die Spiralnebel Anhäufungen von Sternen sind, konnte die beobachtete Korrelation allerdings zunächst zwei Ursachen haben. Erstens: Die Radialgeschwindigkeit hing von der Gesamtzahl der Sterne beziehungsweise der Masse der einzelnen Nebel ab. Zweitens: Die Nebel hatten im Mittel ähnliche Massen und absolute Leuchtkräfte, und die beobachteten Helligkeitsunterschiede waren nur eine Folge ihrer unterschiedlichen Entfernungen. In diesem zweiten Fall bedeutete die gefundene Korrelation einen Zusammenhang zwischen Rotverschiebung und Entfernung. Da 1922 weder die Physik der Galaxien noch der Aufbau des Kosmos verstanden war, konnte Wirtz zunächst nicht zuverlässig unterscheiden, welche Erklärung stimmte.

In der Arbeit, die 1924 erschien, konnte Wirtz dann aber überzeugend darlegen, dass die Radialgeschwindigkeiten durch die Entfernung und nicht durch eine intrinsische Eigenschaft der Galaxien bestimmt wurden [2]. Das Thema dieser zweiten Untersuchung war die Abhängigkeit der Radialgeschwindigkeit der Nebel von ihrer scheinbaren Ausdehnung am Himmel. Die Ergebnisse präsentierte Wirtz wieder in Form von zwei kleinen Tabellen. Die wichtigere von beiden und ihre grafische Umsetzung sind auf der folgenden Doppelseite wiedergegeben.

Die Grafik enthält auch die statistischen mittleren Fehler der Mittelwerte (siehe Bildunterschrift 7). Diese hat Wirtz zwar nicht angegeben, sie lassen sich aber anhand der in seiner Publikation zitierten Quellen abschätzen. Obwohl die Fehler beachtlich sind, zeigen die Tabelle und die Grafik eine gesicherte Korrelation der untersuchten Größen. Auch für diese Korrelation konnte man zunächst eine Abhängigkeit von der absoluten Größe der Nebel als Ursache nicht ausschließen. Wirtz untersuchte darum auch die Verteilung der (inzwischen 49) Radialgeschwindigkeiten der Einzelobjekte. Dabei fand er, dass Galaxien mit großer Winkelausdehnung stets keine oder nur eine geringe Rotverschiebung aufweisen, während Nebel, die am Himmel klein erscheinen, eine Streuung der Rotverschiebungen zwischen Null und einem Maximalwert zeigen, der vom Winkeldurchmesser abhängt.

Wirtz stellte fest, dass dieses Verhalten dann (und nur dann) zu erwarten war, wenn die linearen Größen der Nebel eine Größenverteilung mit einer oberen Grenze haben und wenn zugleich die Rotverschiebung eine Funktion der Entfernung ist. Eine detaillierte Diskussion der Ergebnisse der Veröffentlichung von 1924 findet man in einem sehr lesenswerten Artikel über Carl Wirtz, den Hilmar Duerbeck und Waltraut Seitter 1990 in der Zeitschrift »Die Sterne« veröffentlichten [3].

Aus seinen Daten berechnete Wirtz auch die Steigung für die Relation zwischen Entfernung und Rotverschiebung. Da die Entfernungsabhängigkeit von der Rotverschiebung unterschätzt wird, wenn man (wie in der Grafik rechts) Mittelwerte benutzt (da in die Mittelwerte bei kleinen Winkeldurchmessern auch intrinsisch kleine nahe Galaxien eingehen), berechnete er die Steigung aus den maximalen Rotverschiebungen, die bei den jeweiligen Winkeldurchmessern beobachtet wurden.

Dieses Verfahren ist in der Tat geeigneter. Trotzdem unterschätzte Wirtz die Steigung der Rotverschiebungs-Entfernungs-Relation, da Slipher Nebel mit kleinen Winkeldurchmessern und großen Rotverschiebungen nur schwer beobachten konnte. Sliphers Rotverschiebungen bildeten daher keine repräsentative Stichprobe. Aber trotz dieser Auswahleffekte in den Ausgangsdaten besteht kein Zweifel daran, dass Wirtz mit seinen beiden Arbeiten die systematische Zunahme der Rotverschiebung mit der Entfernung überzeugend nachweisen konnte. Da seine Ergebnisse innerhalb der Messgenauigkeit mit de Sitters Vorhersagen vereinbar waren, betrachtete Wirtz sein Resultat (wie wir heute wissen, fälschlicherweise) als eine Bestätigung des de Sitterschen Weltmodells.

Unabhängig von Wirtz kam 1924 der schwedische Astronom Knut Lundmark zum gleichen Ergebnis [4]. Auch Lundmark kombinierte Sliphers Radialgeschwindigkeiten mit scheinbaren Helligkeiten und Winkelgrößen. Wie Wirtz konnte auch Lundmark nur relative Entfernungen ableiten. Lundmark benutzte allerdings eine wesentlich anschaulichere relative Maßeinheit, indem er alle Entfernungen in Einheiten des Abstands zur Andromedagalaxie angab.


Die Bestimmung der Hubble-Konstanten

Sowohl Wirtz als auch Lundmark hatten also eine Relation zwischen der Rotverschiebung und der Entfernung nachgewiesen. In beiden Arbeiten fehlte aber eine absolute Kalibrierung der Entfernungen. Dieser wichtige nächste Schritt erfolgte drei Jahre später, 1927, in einer Arbeit des belgischen Astronomen und Priesters Georges Lemaître (1894 - 1966). Lemaîtres Beiträge zur Kosmologie hat bereits Harry Nussbaumer 2007 in dieser Zeitschrift ausführlich beschrieben [5]. Wie man dort nachlesen kann, beschäftigte sich Lemaître zunächst mit der Theorie der Weltmodelle. Er zeigte, dass im Rahmen der ART die beobachtete Rotverschiebung der Galaxienspektren plausibler mit einer nichtstatischen Lösung der einsteinschen Gleichungen erklärt werden konnte, in der die Geometrie des Kosmos expandiert. Solche Lösungen der einsteinschen Gleichungen hatte schon zwischen 1922 und 1924 der russische Mathematiker Alexander Friedmann (1888 - 1925) abgeleitet und in zwei Arbeiten in der »Zeitschrift für Physik« veröffentlicht [6, 7]. Lemaître kannte Friedmanns Arbeiten damals allerdings noch nicht. Erst nach der Veröffentlichung seines Artikels erfuhr er (über Einstein) von Friedmanns Ergebnissen. Wie wir heute wissen, liefern die Modelle von Friedmann und Lemaître die richtige Beschreibung unserer Welt.

Um die expandierenden Weltmodelle zu testen und zu bestätigen, konstruierte auch Lemaître eine empirische Beziehung zwischen der Entfernung und der Rotverschiebung [8]. Auch er benutzte für die Rotverschiebungen hauptsächlich Sliphers Daten. Die Entfernungen entnahm er Listen, die inzwischen Edwin Hubble am Mount Wilson Observatory veröffentlicht hatte. Mit diesen (indirekt) an Cepheiden kalibrierten Daten konnte Lemaître zum ersten Mal die absolute Steigung der Helligkeits-Radialgeschwindigkeits-Beziehung ableiten. Den Zahlenwert dieser Steigung nennen wir heute »Hubble-Konstante«. Interessanterweise erscheint diese Bezeichnung zuerst 1951 in einer deutschen Publikation von Alfred Behr in den »Astronomischen Nachrichten« [9]. Von da wurde sie dann offenbar in die englische Fachliteratur übernommen.

Lemaître hat also nicht nur als Erster die Rotverschiebung der Galaxien richtig erklärt, sondern er bestimmte auch als Erster die Hubble-Konstante, und zwar zu 575 Kilometer pro Sekunde und pro Megaparsec. Wegen der großen Streuung der verwendeten Daten war Lemaîtres Ableitung allerdings recht mutig. Lemaître benutzte nämlich Entfernungsbestimmungen sehr unterschiedlicher Qualität mit dem gleichen Gewicht. Dies führte zu hohen statistischen Fehlern.

Interessanterweise unterschied sich Lemaîtres Ergebnis trotzdem nicht sehr von dem Wert, den Edwin Hubble zwei Jahre später fand. Hubble benutzte in seiner weit sorgfältigeren Arbeit von 1929 neben Radialgeschwindigkeiten von Slipher auch neue Daten seines Kollegen Milton Humason [10]. Obwohl ihm 46 gute Radialgeschwindigkeiten zur Verfügung standen, beschränkte sich Hubble für seine Ableitung hauptsächlich auf nur 23 Objekte mit gut bestimmten Entfernungen. Für sieben dieser Objekte lagen Cepheiden-Entfernungen vor. Für 13 weitere Nebel benutzte Hubble die Helligkeit der hellsten aufgelösten Einzelsterne als Entfernungskriterium. Dabei nahm er an, dass die hellsten Sterne dieser Galaxien die gleiche absolute Helligkeit haben wie die hellsten Sterne der Nebel, in denen Cepheiden gemessen worden waren. Die restlichen vier Objekte waren Mitglieder des Virgo-Galaxienhaufens. Für diese schätzte Hubble die Entfernung aus der Helligkeit der hellsten Haufengalaxie ab. Hubble fand einen signifikanten und innerhalb der Fehlergrenzen linearen Zusammenhang der Radialgeschwindigkeit mit der Entfernung. Als Steigung gab er »etwa 500 (km/s)/Mpc« mit einer statistischen Unsicherheit von etwa 60 (km/s)/Mpc an.

Wie wir heute wissen, beträgt die Hubble-Konstante in Wirklichkeit nur etwa 70 (km/s)/Mpc. Hubbles Wert von 1929 war also um mehr als einen Faktor sieben zu groß und - trotz der kleineren statistischen Fehler - absolut nur wenig besser als Lemaîtres Ergebnis. Das lag daran, dass beide Ableitungen die gleichen, sehr großen systematischen Fehler enthielten. In der Gesamtbilanz fielen die statistischen Fehler daher vergleichsweise wenig ins Gewicht. Die systematischen Fehler wurden erst im Laufe der folgenden Jahrzehnte erkannt und korrigiert. Es dauerte etwa drei Jahrzehnte, bis die Hubble-Konstante wenigstens auf einen Faktor zwei genau bekannt war. Und man benötigte weitere fünfzig Jahre, um die Unsicherheit auf einige Prozent zu reduzieren.


Der weitere Weg zur Kosmologie des 21. Jahrhunderts

Wie Carl Wirtz interpretierte auch Edwin Hubble sein Ergebnis von 1929 als eine Bestätigung des statischen Weltmodells, das de Sitter 1917 vorgeschlagen hatte. Alexander Friedmanns theoretische Arbeiten und Georges Lemaîtres Interpretation der Galaxienrotverschiebung als Hinweis auf ein expandierendes Universum waren Hubble damals wohl noch unbekannt.

In den folgenden Jahren erweiterten Hubble und Humason jedoch die Hubble-Beziehung zu wesentlich größeren Rotverschiebungen. Dabei stellte sich schnell heraus, dass die beobachtete Beziehung nicht mit dem von de Sitter vorausgesagten Verlauf vereinbar war, während sie mit den expandierenden Weltmodellen von Friedmann und Lemaître erklärt werden konnte. Trotzdem fand die Hypothese eines expandierenden Kosmos zunächst wenig Akzeptanz. Auch Hubble war skeptisch. Er betrachtete den Vorschlag der »Lichtermüdung«, den sein Schweizer Kollege Fritz Zwicky (der damals ebenfalls in Pasadena arbeitete) 1929 zur Erklärung der Rotverschiebung veröffentlicht hatte, als mindestens ebenso plausibel.

Noch 1935 kommt Hubble in einem gemeinsamen Artikel mit Richard Tolman zum Ergebnis, dass die astronomischen Beobachtungen es nicht erlaubten, eindeutig zwischen einem expandierenden und einem statischen Kosmos zu unterscheiden [11]. In der Mitte des 20. Jahrhunderts wurde es populär, die Rotverschiebung im Rahmen des zwar nicht statischen, aber stationären »Steady-State-Modells« von Hoyle, Bondy und Gold zu erklären (siehe Sterne und Weltraum 2/2003, S. 34).

Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts konnte schließlich überzeugend nachgewiesen werden, dass die von Wirtz, Lundmark, Lemaître, Hubble und anderen gefundene Beziehung zwischen der Rotverschiebung und der Entfernung der Galaxien definitiv die Folge einer kosmischen Expansion ist. Und erst im 21. Jahrhundert konnte das Expansionsgesetz einigermaßen genau bestimmt werden.

Auch nach seinen fundamentalen Veröffentlichungen von 1922 und 1924 beschäftigte sich Carl Wirtz weiter mit Fragen der inzwischen etablierten extragalaktischen Forschung. Zu seinen bekannteren Beiträgen gehörte ein erster Versuch, aus Beobachtungen des Virgo-Haufens die Leuchtkraftfunktion der Galaxien abzuleiten. Allerdings wurden die ohnehin nicht guten Arbeitsbedingungen in Kiel für ihn zusehends schwieriger. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme musste 1934 Hans Rosenberg, der Leiter der Kieler Sternwarte und Schwager von Wirtz, die Universität und Deutschland verlassen [12]. Aber auch Wirtz geriet schnell in das Visier der neuen Machthaber. Er war nämlich ab 1920 Mitglied der später verbotenen Sozialdemokratischen Partei gewesen, und seine Frau war Jüdin. Ein »nichtarischer« Ehepartner war im damaligen Deutschland ein Kündigungsgrund für einen beamteten Wissenschaftler. Wirtz wurde daher 1937 die Lehrbefugnis entzogen, und er verlor zum zweiten Mal in seinem Leben aus politischen Gründen seine Stelle. Er starb zwei Jahre später in Hamburg.

In Deutschland geriet Wirtz in den folgenden Jahren relativ schnell in Vergessenheit. Zum Teil lag dies daran, dass hier, aus mehreren Gründen, die Kosmologie und die extragalaktische Forschung vorübergehend keine attraktiven Arbeitsgebiete mehr waren. Deshalb finden wir mehr Referenzen zu seinen Arbeiten in amerikanischen und englischen Artikeln und Lehrbüchern. Ohne Zweifel hat Carl Wirtz aber im ersten Viertel des letzten Jahrhunderts, in einer für die Entwicklung der modernen Kosmologie wesentlichen Phase, eine wichtige Rolle gespielt, die bis in die heutige Zeit nachwirkt.


Immo Appenzeller war von 1975 bis zu seiner Emeritierung 2005 Direktor der Landessternwarte Heidelberg. Zu seinen jüngsten Publikationen gehört das 2009 im Springer-Verlag erschienene Buch »High-Redshift Galaxies. Light from the Early Universe«.


Literatur

[1] Wirtz, C.: Einiges zur Statistik der Radialbewegungen von Spiralnebeln und Kugelsternhaufen. In: Astronomische Nachrichten 215, S. 349-354, 1922.

[2] Wirtz, C.: De Sitters Kosmologie und die Radialbewegungen der Spiralnebel. In: Astronomische Nachrichten 222, S. 21-26, 1924.

[3] Duerbeck, H.W., Seitter, W.C.: Carl Wirtz, die extragalaktischen Nebel und die frühe relativistische Kosmologie, Teil I-III. In: Die Sterne 66, S. 3-15, 81-94, 131-139, 1990.

[4] Lundmark, K.: The determination of the curvature of space-time in de Sitter's world. In: Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 84, S. 747-770, 1924.

[5] Nussbaumer, H.: Achtzig Jahre expandierendes Universum: Wer entdeckte die kosmische Expansion? In: Sterne und Weltraum 6/2007, S. 36-44.

[6] Friedman, A.: Über die Krümmung des Raumes. In: Zeitschrift für Physik 10, S. 336-386, 1922.

[7] Friedmann, A.: Über die Möglichkeit einer Welt mit konstanter negativer Krümmung des Raumes. In: Zeitschrift für Physik 21, S. 377-386, 1924.

[8] Lemaître, G.: Un univers homogène de masse constante et de rayon croissant, rendant compte de la vitesse radiale des nébuleuses extra-galactiques. In: Annales de la Société scientifique de Bruxelles, Série A, 47, S. 49-59, 1927.

[9] Behr A.: Zur Entfernungsskala der extragalaktischen Nebel. In: Astronomische Nachrichten 279, S. 97-104, 1951.

[10] Hubble, E.: A relation between distance and radial velocity among extra-galactic nebulae. In: Proceedings of the National Academy of Sciences 15, S. 168-173, 1929.

[11] Hubble, E., Tolman, R.C.: Two methods of investigating the nature of the nebular redshift. In: The Astrophysical Journal 82, S. 302-337, 1935.

[12] Theis, Ch., et al.: Hans Rosenberg und Carl Wirtz - Zwei Kieler Astronomen in der NS-Zeit. In: Sterne und Weltraum 2/1999, S. 126-130.


WIS - Wissenschaft an die Schulen

Damit Schüler aktiv mit den Inhalten dieses Beitrags arbeiten können, stehen auf unserer Internetseite www.wissenschaft-schulen.de didaktische Materialien zur freien Verfügung. Darin wird gezeigt, wie das Thema im Rahmen des Physikunterrichts in der gymnasialen Oberstufe behandelt werden kann. Unser Projekt »Wissenschaft in die Schulen!« führen wir in Zusammenarbeit mit der Landesakademie für Lehrerfortbildung in Bad Wildbad durch. Es wird von der Klaus Tschira Stiftung gGmbH großzügig gefördert.


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Bildunterschrift 1
Carl Wirtz (1876 - 1939), der »Hubble ohne Teleskop«, wie ihn ein Kollege einmal nannte, erkannte als Erster einen Zusammenhang zwischen der Rotverschiebung und der Entfernung von Spiralgalaxien.

Bildunterschrift 2
Willem de Sitter (1872 - 1934) sagte eine Rotverschiebung ferner Objekte voraus.

Bildunterschrift 3
Im Jahre 1900 tagte die Astronomische Gesellschaft in Heidelberg. Drei der im Text erwähnten Astronomen nahmen an dieser Versammlung teil: Carl Wirtz (zweiter von rechts in der obersten Reihe, mit dem Blick zur Seite), Max Wolf (zweiter von links in der gleichen Reihe, aber etwas tiefer, direkt vor der Säule) und Karl Schwarzschild (vierter von links in der obersten Reihe, mit schwarzem Schnurrbart).

Bildunterschrift 4
Im Februar 1913 nahm Max Wolf mit dem Heidelberger 70-Zentimeter-Reflektor dieses Spektrum der Spiralgalaxie M81 auf. Die Belichtungszeit - verteilt über zehn Nächte - betrug insgesamt 44 Stunden. Oberhalb und unterhalb des Galaxienspektrums befindet sich zur Wellenlängeneichung ein Eisenspektrum (Vg). Deutlich sichtbar im Spektrum von M81 sind die Absorptionslinien H und K des einfach ionisierten Kalziums und das G-Band. Gerade noch erkennbar sind die Wasserstofflinien H-delta und H-gamma. Wegen der Rotation von M81 sind die Absorptionslinien gegen das Eisenspektrum geneigt.

Bildunterschrift 5
Der von Carl Wirtz 1922 beschriebene Zusammenhang zwischen den beobachteten Radialgeschwindigkeiten und den scheinbaren Helligkeiten von Spiralnebeln ist hier grafisch dargestellt. Die eingetragenen Punkte sind Mittelwerte für jeweils etwa fünf Objekte. Die Geschwindigkeiten sind reine Messwerte und nicht bezüglich der Bewegung des Sonnensystems im Milchstraßensystem korrigiert. Die Grafik zeigt die Zunahme der Rotverschiebung der Spektren mit abnehmender scheinbarer Helligkeit (zunehmender Entfernung).

Bildunterschrift 6
In seiner Untersuchung aus dem Jahre 1924 listete Carl Wirtz die gemittelte beobachtete Radialgeschwindigkeit v (in km/s) von Spiralnebeln als Funktion der gemittelten Winkeldurchmesser Dm (in Bogensekunden) auf. Die Mittelwerte sind für sechs Dm-Intervalle angegeben, n ist die Zahl der Objekte im jeweiligen Intervall. Wie Wirtz zeigte, kann 1/Dm als Maß für die relativen mittleren Entfernungen benutzt werden.

Bildunterschrift 7
Trägt man die von Wirtz tabellierten Werte grafisch auf, lässt sich erkennen, dass die Rotverschiebung mit zunehmender Entfernung anwächst. Die Fehlerbalken geben die statistischen mittleren Fehler an, soweit sie aus den von Wirtz zitierten Ausgangsdaten rekonstruiert werden konnten.


© 2009 Immo Appenzeller, Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg


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Quelle:
Sterne und Weltraum 11/09 - November 2009, Seite 44 - 52
Zeitschrift für Astronomie
Herausgeber:
Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie),
Dr. Jakob Staude
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Januar 2010