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INSTRUMENTE/261: Herschel Space Telescope enthüllt Quellen des kosmischen Infrarot-Hintergrundes (MPE)


Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik - 16.12.2009

Herschel Space Telescope enthüllt die Quellen des kosmischen Infrarot-Hintergrundes


Ein schwaches, kosmisches Strahlungsfeld im Infrarotbereich, das die Erde aus allen Richtungen erreicht, enthält Informationen über die Entwicklung von Galaxien, die es noch zu entschlüsseln gilt. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik und anderen Institutionen haben nun zum ersten Mal die Quellen für mehr als die Hälfte dieser Strahlung identifiziert, indem sie erste Beobachtungen mit dem PACS-Instrument an Bord des Herschel-Weltraumteleskops der ESA auswerteten. Diese neuen Beobachtungen mit Herschel machen den Weg frei, die Eigenschaften dieser Galaxien besser zu verstehen und die staubige Seite der Galaxienevolution nachzuverfolgen.

Mitte der 1990er Jahre entdeckten Wissenschaftler bei der Analyse von Daten, die mit dem COBE-Satelliten der NASA aufgenommen wurden, eine schwache Strahlung im fernen Infrarotbereich des elektromagnetischen Spektrums, die die Erde aus allen Himmelsrichtungen mit der gleichen Intensität erreicht. Sie vermuteten sofort, dass es sich um die Emissionen vieler entfernter Galaxien des frühen Universums handelt, die etwa die gleiche Energiemenge im fernen Infrarot abstrahlen wie wir sie auch im sichtbaren Licht von ähnlich weit entfernten Galaxien sehen. Während wir durch sichtbares Licht Informationen über Sterne in Galaxien erhalten, wird das ferne Infrarotlicht durch kalten Staub abgestrahlt, der die neu entstandenen Sterne verdeckt. Diese erstaunlich zahlreichen staubigen Galaxien zu identifizieren war jedoch schwieriger als erwartet. Um die Emissionen im fernen Infrarot beobachten zu können, braucht man Teleskope im All, da diese Strahlung von der Erdatmosphäre absorbiert wird. Die bisherigen Infrarot-Teleskope im All konnten nur das ferne Infrarotlicht der hellsten Galaxien in diesem kosmischen Hintergrund nachweisen. Um Informationen über die schwächeren Objekte zu erhalten, mussten sich die Astronomen auf indirekte Nachweise durch Beobachtungen bei kürzeren Wellenlängen verlassen.

Das Herschel Weltraumteleskop der ESA, das im Mai 2009 ins All geschickt wurde, ist das größte jemals gebaute Weltraumteleskop mit einem Spiegeldurchmesser von 3,5 Metern. Das PACS-Instrument an Bord von Herschel wurde entwickelt, um hochaufgelöste Bilder des Himmels bei Wellenlängen von 70 bis 160mm zu machen, genau dem Bereich in dem die meisten Emissionen des kosmischen Infrarothintergrundes beobachtet werden. "Nach der Testphase unseres Instruments, konnten wir es kaum noch erwarten, die ersten tiefen Beobachtungen im fernen Infrarot zu machen", sagt Albrecht Poglitsch, leitender Wissenschaftler bei PACS.

Während insgesamt 30 Stunden im Oktober beobachtete PACS einen kleinen Himmelsausschnitt im Sternbild Großer Wagen, etwa ein Viertel der Größe des Vollmondes. "Schon in diesen ersten Beobachtungen konnten wir etwa 60% des kosmischen Infrarothintergrundes in diesem Ausschnitt in einzelne gut nachgewiesene Quellen auflösen", sagt Dieter Lutz vom wissenschaftlichen Konsortium aus fünf europäischen Instituten, die diese Daten gesammelt haben. "Und das ist nur der Anfang, wir werden bald noch empfindlichere Beobachtungen haben. Damit können wir im Detail verstehen, in welcher Phase der Entwicklung des Alls wir diese Galaxien finden und was ihre Eigenschaften sind. Das ist jetzt möglich, da wir sie mit diesen ersten Beobachtungen festgenagelt haben."


Abb.1: Herschel-PACS-Bilder des "GOODS-N"-Feldes im Sternbild Großer Wagen bei den Wellenlängen 100 und 160mm im fernen Infrarot. Galaxien bei hoher Rotverschiebung (d.h. größeren kosmologischen Entfernungen) oder mit einem höheren Anteil an kaltem Staub sind rot dargestellt, nahe Galaxien erscheinen blau.
Bild siehe: http://www.mpe.mpg.de/Highlights/PR20091216/text-d.html

Die PACS-Bilder des GOODS-N-Feldes wurden als Teil des Beobachtungsprogramms "PACS Evolutionary Probe" PEP in garantierter Beobachtungszeit mit Herschel aufgenommen. Das PEP-Konsortium umfasst Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (Deutschland), CEA Saclay (Frankreich), Instituto de Astrofísica de Canarias (Spanien), Istituto Nazionale di Astrofisica (Italien), und dem Herschel Science Centre, unter der Leitung von Dieter Lutz (MPE Garching).

Das PACS-Instrument wurde von einem Konsortium aus Instituten und Universitätsabteilungen aus ganz Europa unter der Führung des leitenden Wissenschaftlers Albrecht Poglitsch am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching, Deutschland, entwickelt und gebaut. Die Mitglieder des Konsortiums sind: Belgien: IMEC, KUL, CSL; Deutschland: MPE, MPIA; Frankreich: CEA, OAMP; Italien: IFSI, OAP/AOT, OAA/CAISMI, LENS, SISSA; Österreich: UVIE; Spanien: IAC; Ungarn: Konkoly; USA: NHSC.


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Quelle:
Pressemitteilung vom 16.12.2009
Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik
Giessenbachstraße 1, 85748 Garching
Telefon: +49 89 30000-0, Fax: +49 89 30000-3569
E-Mail: mpe@mpe.mpg.de
Internet: www.mpe.mpg.de

eröffentlicht im Schattenblick zum 17. Dezember 2009