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MELDUNG/070: Zensus der erdnahen Asteroiden (Sterne und Weltraum)


Sterne und Weltraum 8/12 - August 2012
Zeitschrift für Astronomie

Blick in die Forschung: Nachrichten

Zensus der erdnahen Asteroiden



Es passiert im Abstand weniger Tage: Ein kleiner Asteroid zieht nahe an der Erde vorbei, immer wieder auch innerhalb der Mondbahn. Häufig werden diese Kleinplaneten erst wenige Tage vor ihrem Vorbeiflug entdeckt. Die meist nur wenige Meter großen Brocken stellen keine ernsthafte Bedrohung dar. Sie würden beim Eintritt in die irdische Lufthülle nur eine spektakuläre Feuerkugel erzeugen, aber keinen großen Schaden anrichten. Anders sieht es bei größeren Asteroiden von mehr als 100 Metern Durchmesser aus. Diese sind weit seltener, dafür aber auch ungleich gefährlicher. Astronomen versuchen daher, ein möglichst detailliertes Bild von der Population dieser Himmelskörper zu bekommen.

Die Forscher greifen hierzu auf die Daten des NASA-Infrarotsatelliten WISE zurück, der im Jahr 2010 den Himmel schärfer und empfindlicher als alle anderen Infrarotobservatorien zuvor durchmusterte. Ein Forscherteam um Amy Mainzer am Jet Propulsion Laboratory der NASA in Pasadena, Kalifornien, untersuchte dabei so genannte potenziell gefährliche Asteroiden (englisch: potentially hazardous asteroids, PHA). Diese Objekte kommen der Erde auf weniger als acht Millionen Kilometer nahe und sind groß genug, um bei einem Einschlag Schaden auf regionaler oder globaler Ebene anzurichten.

Aus einer Auswahl von 107 beobachteten PHAs schätzten die Forscher die Gesamtzahl dieser Himmelskörper mit Durchmessern von mehr als 100 Metern auf 3200 bis 6200 ab. Bisherige Untersuchungen ergaben vergleichbare Ergebnisse, waren allerdings sehr viel gröbere Schätzungen und daher nicht so genau.

Die Astronomen schätzen, dass mit den insgesamt 1308 derzeit bekannten PHAs rund 20 bis 40 Prozent dieser Himmelskörper entdeckt sind, der Großteil lauert also weiterhin unerkannt im Weltraum. Die PHAs scheinen außerdem die Nähe der Erdbahnebene zu bevorzugen. Nach der neuen Untersuchung befinden sich doppelt so viele dieser Objekte wie bislang angenommen in geringfügig zur Erdbahnebene geneigten Umlaufbahnen. Sie befinden sich stets nahe der Ekliptik und können so unserem Heimatplaneten gefährlich nahe kommen.

Diese Objekte haben ihren Ursprung im Hauptgürtel der Asteroiden zwischen den Bahnen der Planeten Mars und Jupiter. Dort kollidieren immer wieder Kleinplaneten miteinander und zerbrechen dabei. Ihre Bruchstücke gelangen daraufhin auf den gering geneigten Bahnen in Erdnähe.

Benjamin Knispel
NASA, 18. Mai 2012

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WiS in Sterne und Weltraum
»Astrometrie von Asteroiden - vom eigenen Bild zur Positionsmessung« bezieht sich auf den Beitrag »Zensus der erdnahen Asteroiden« auf S. 12 der Druckausgabe und behandelt als zentralen Bestandteil die Vermessung der Bewegung eines Asteroiden anhand eigener Aufnahmen mit dem Schulteleskop. Die Bildauswertung lässt sich auf verschiedenen Niveaustufen durchführen. (ID-Nummer: 1128721)


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:

Anhand der mit dem Infrarotsatelliten WISE aufgespürten potenziell gefährlichen Asteroiden (PHA) wurde deren gesamte Population in Nähe der Erdbahn (grüne Ellipse) simuliert. Orange Punkte sind PHAs, blaue ungefährliche Himmelskörper.

© 2012 Benjamin Knispel, Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg

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Quelle:
Sterne und Weltraum 8/12 - August 2012, Seite 12
Zeitschrift für Astronomie
Herausgeber:
Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie),
Dr. Jakob Staude
Redaktion Sterne und Weltraum:
Max-Planck-Institut für Astronomie
Königstuhl 17, 69117 Heidelberg
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Verlag: Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. September 2012