Sterne und Weltraum 9/15 - September 2015
Zeitschrift für Astronomie
Eine Mondfinsternis vor dem Frühstück
Von Klaus-Peter Schröder
Am frühen Morgen des 28. September 2015 durchquert der Vollmond von 04:11 bis 05:23 Uhr MESZ den Kernschatten der Erde. Frühaufsteher werden mit einer eindrucksvollen totalen Finsternis für ihre Mühe belohnt. Die partielle Phase beginnt bereits um 03:07 Uhr MESZ und endet um 06:27 Uhr MESZ - Frühstückszeit!
Eine totale Mondfinsternis, von der diesmal besonders viele
Beobachter profitieren können, steht bevor. Sie ist in ihrer vollen
Länge in Westeuropa, Westafrika, Süd- und Mittelamerika sowie in der
östlichen Hälfte der USA und Kanadas sichtbar. Da der Mond bei uns in
der Nacht vom 27. auf den 28. September 2015 gegen 1 Uhr MESZ seine
Höchststellung über dem Horizont erreicht und erst kurz nach 7 Uhr
MESZ untergeht, spielt sich die gesamte totale Mondfinsternis am
südwestlichen und westlichen Himmel ab. Sie beginnt in Höhen von 30
Grad und endet knapp zehn Grad über dem Horizont. Dementsprechend
sollten Sie ihren Beobachtungsstandort auswählen. Einen guten Test
ermöglicht Anfang September die Sichtbarkeit der Nachmittagssonne.
Zudem sollte Ihr Beobachtungsort bequem erreichbar sein, denn wer
möchte schon mitten in der Nacht eine größere Strecke fahren und dann
auch noch sein Teleskop aufbauen? Ideal ist natürlich ein Westbalkon,
auf dem Sie Ihre Ausrüstung schon am Vorabend sicher aufstellen
können.
Tabelle 1:
Kontaktzeiten (MESZ) der Mondfinsternis am 28. September 2015
Kontaktzeiten (MESZ) der Mondfinsternis am 28. September 2015 | ||
---|---|---|
P1 U1 U2 U3 U4 P4 |
Eintritt des Mondes in den Halbschatten der Erde Eintritt des Mondes in den Kernschatten der Erde Beginn der Totalität der Finsternis Mitte der Finsternis Ende der Totalität der Finsternis Austritt des Mondes aus dem Kernschatten Austritt der Mondes aus dem Halbschatten |
02:12
03:07
04:11
04:47
05:23
06:27
07:22
|
|
Sonnenuntergang am 27.9. Mondaufgang am 27.9. |
19:08
18:52
|
Der Kernschatten der Erde weist am Mondorbit etwa drei Vollmonddurchmesser auf. Er wird am 28. September nicht zentral durchquert, sondern der Mond durchläuft seine südliche Hälfte. Dies hat drei beobachtbare Konsequenzen: Die Finsternis ist kürzer als die maximale Dauer, die im Idealfall rund zwei Stunden betragen kann. Zudem beginnt die partielle Bedeckung des Mondes nicht an seinem Ostrand, sondern am Nordostrand, und das Ende liegt am Westnordwestrand. Des Weiteren wird der total verfinsterte Mond in seinem Südteil relativ hell erscheinen und einen schmutzig-orangen Farbton aufweisen. Als dunkelster Teil des Mondes wird sich zur Finsternismitte, um 04:47 Uhr MESZ, seine Nordpolregion erweisen, da diese dem Zentrum des Kernschattens sehr nahe kommt. Dort könnte die Färbung ein tiefes Kupferrot erreichen.
Allerdings hängen die Helligkeit und Farbe des verfinsterten Mondes nicht nur von der Tiefe seines Eintauchens in den Kernschatten ab, sondern auch stark von der Reinheit der Hochatmosphäre der Erde - wir sehen den verfinsterten Mond ja nur deshalb, weil die Atmosphäre unseres Planeten etwas Sonnenlicht in den dunklen Schatten hineinlenkt. Wegen des veränderlichen Zustands der Atmosphäre gleicht keine totale Mondfinsternis der anderen. Daher es ist interessant, den visuellen Eindruck gemäß der nach dem französischen Astronomen André-Louis Danjon benannten Skala zu klassifizieren (siehe folgende Tabelle).
Tabelle 2:
Danjon-Skala zur visuellen Klassifizierung der Totalität einer Mondfinsternis
Danjon-Skala zur visuellen Klassifizierung der Totalität einer Mondfinsternis | |
---|---|
Wert |
Beschreibung |
0
1
2
3
4
|
Sehr dunkle Finsternis, Mond gegen Totalitätsmitte fast unsichtbar Dunkle Finsternis, grau oder bräunlich, Details nur schwer erkennbar Dunkelrote Finsternis, im Zentrum sehr dunkel, aber nach außen relativ hell werdend Ziegelrote Finsternis, äußerer Rand hell und gelblich Sehr helle Finsternis, kupferrot oder orange, außen sehr hell, fast bläulich |
Besonders eindrucksvoll können Sie die partiellen Phasen und die Färbung des Mondes im Kernschatten der Erde mit einem großen Feldstecher betrachten, der auf einem Fotostativ montiert ist - oder Sie nutzen ein kleines Fernrohr mit 20- bis 30-facher Vergrößerung. Derart niedrige Vergrößerungen zeigen auch am besten den Sternhintergrund, vor dem sich der verfinsterte und damit nicht mehr alles überstrahlende Mond sehr plastisch ausnimmt. Diesmal findet die Mondfinsternis aber leider in einem nicht sonderlich sternreichen Gebiet im Süden der Fische statt. Der nächste hellere Stern ist HD 1031 (7,0 mag), knapp ein halbes Grad nördlich des Mondes. Mit seiner Hilfe erhalten Sie jedoch wenigstens einen guten Eindruck von der fortschreitenden Wanderung des Mondes im Kernschatten.
Wer dies auch fotografisch dokumentieren möchte, sollte am besten mit einer Digitalkamera im Fokus eines Teleskops von etwa einem halben Meter Brennweite fotografieren. Mit einer rauscharmen Empfindlichkeitseinstellung von ISO 400 werden Belichtungszeiten von 1/2 bis 2 Sekunden benötigt, je nach Teleskop und Umständen. Dazu ist allerdings eine parallaktische Montierung mit motorischer Nachführung erforderlich. Wer sie nicht zur Verfügung hat, kann auch mit nur 1/8 Sekunde recht scharfe Bilder von der Totalität aufnehmen, wenn dafür etwa ISO 1600 oder 3200 eingestellt werden. In jedem Fall sollte ein robustes Stativ dabei sein, das nicht zittert, und die Auslösung muss berührungsfrei erfolgen, per Kabel oder Fernauslöser.
Wenn Sie Ihre Fähigkeiten als Frühaufsteher und Ihre Ausrüstung für die Mondfinsternis erproben möchten, dann sollten Sie sich hierfür den frühen Morgen des 5. September 2015 aussuchen. Am Morgenhimmel durchquert der abnehmende Halbmond die Hyaden im Sternbild Stier und bedeckt dabei zahlreiche Mitglieder dieses offenen Sternhaufens. Dann bereits am Taghimmel, aber hoch im Süden bei noch tiefem Sonnenstand, bedeckt der Erdtrabant von etwa 07:05 bis 08:25 Uhr MESZ den Stern Aldebaran.
Da Sie Ihr Teleskop gut auf den Mond fokussieren können, ist dann auch der helle, kupferfarbene Stern vor und nach der Bedeckung gut neben unserem Trabanten sichtbar - ein recht seltenes Schauspiel.
*
Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:
Abb. S. 48:
Ähnlich wie auf dieser Aufnahme der totalen Mondfinsternis vom 21.
Februar 2008 wird der Mond am frühen Morgen des 28. September 2015
erscheinen, wenn er den Kernschatten südlich seines Zentrums passiert.
Dabei weist er eine im Süden deutlich hellere, rötlich-orangene
Färbung auf als im Norden.
Abb. S. 49 oben:
Im Lauf von rund fünf Stunden durchquert der Vollmond den Schatten der
Erde. Zur Finsternismitte, um 4:47 Uhr MESZ, befindet er sich knapp
südlich der Mitte des Kernschattens.
Abb. S. 49 unten:
In weiten Teilen Europas, Afrikas, Nordamerikas sowie in Südamerika
ist die Mondfinsternis in ihrer vollen Länge sichtbar.
Der Artikel ist als PDF-Datei mit Abbildungen abrufbar unter:
http://www.spektrum.de/pdf/suw-2015-09-s048-pdf/1360105
© 2015 Klaus-Peter Schröder, Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft
mbH, Heidelberg
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Quelle:
Sterne und Weltraum 9/15 - September 2015, Seite 48 - 49
URL: http://www.spektrum.de/pdf/suw-2015-09-s048-pdf/1360105
Zeitschrift für Astronomie
Herausgeber:
Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie)
Redaktion Sterne und Weltraum:
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Verlag: Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
Slevogtstraße 3-5, 69117 Heidelberg
Telefon: 06221/9126 600, Fax: 06221/9126 751
E-Mail: suw@spektrum.com
Internet: http://www.astronomie-heute.de
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Das Einzelheft kostet 8,20 Euro, das Abonnement 89,00 Euro pro Jahr.
veröffentlicht im Schattenblick zum 25. September 2015
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