Schattenblick →INFOPOOL →NATURWISSENSCHAFTEN → BIOLOGIE

BERICHT/036: Bibliothekare für Biodaten (idw)


EML Research gGmbH - 28.05.2009

Bibliothekare für Biodaten

3. Biocuration Conference in Berlin - "Biocuration" als Informationsquelle für Wissenschaftler und Basis für Computeranalysen von Biodaten - Neue "International Society for Biocuration" (ISB)


Kann man sich eine Bibliothek ohne Bibliothekar vorstellen? Dieses unwahrscheinliche Szenario ist für Biowissenschaftler zumeist Alltag. Wenn sie für neue Experimente oder Simulationen recherchieren, sehen sie sich einer Flut wissenschaftlicher Publikationen und riesigen Datenmengen aus Experimenten gegenüber. Relevante Informationen zu finden wäre ohne "Biocuration" sehr schwer. Sie bringt die Daten "in Form", prüft sie genau, integriert sie in Datenbanken, und macht sie schließlich leicht zugänglich. "Biokuratoren" stellen der wissenschaftlichen Gemeinschaft wichtige Ressourcen zur Verfügung - wie Bibliothekare in der riesigen Bibliothek des Lebens.

Auf der dritten International Biocuration Conference in Berlin diskutierten mehr als 200 Kuratoren und Entwickler biologischer Datenbanken über verschiedene Aspekte der "Biocuration" und setzten sich dafür ein, die Zusammenarbeit und das Zusammengehörigkeitsgefühl dieser noch jungen, aber schnell wachsenden Zunft zu erhöhen.

"Datenbereinigung war in der Entwicklung der Biologie seit Darwin und Linnaeus ein entscheidender Faktor", sagte Professor Janet Thornton (UK), Direktorin des European Bioinformatics Institute (EBI), in ihrer Rede im Seminaris Conference Center in Berlin-Dahlem. Die sorgfältige Sammlung und Organisation von Daten sei seit jeher der Ursprung neuer Hypothesen und die Grundlage des Verstehens.

Weitere Redner waren Dr. Jim Ostell (USA) vom National Center for Biotechnology Information (NCBI), der über das richtige Gleichgewicht sprach, das zwischen objektivem Qualitätsmaß und individuellen Entscheidungen, zwischen rechnergestützten Messungen und manueller Kuration sowie zwischen veröffentlichten Ergebnissen in Fachzeitschriften und der aktiven Bereinigung von Datenbanken herrschen müsse.

Professor Philip Bourne (USA) von der University of California San Diego präsentierte einen Ausblick in die Zukunft der frei zugänglichen Journale und der interaktiven Publikationen.

Die Arbeitsgebiete der Veranstaltung umfassten unter anderem die Sammlung und Verarbeitung von Literaturdaten, die Erstellung und Anwendung von Ontologien sowie die Annotation von Genomsequenzen.

Zu den Themen der Konferenz gehörten die Fragen der Definition einheitlicher Standards und des Vokabulars, ebenso wurde die Data Curation im Bereich der funktionalen Genomik diskutiert. "Insgesamt hatten wir 30 Vorträge zu fünf Themenschwerpunkten, zwei Workshops und zwei Tutorials", sagte Renate Kania (EML Research), die die Konferenz organisierte. "Die Teilnehmer kamen aus 21 Ländern aus der ganzen Welt und stellten in den Sparten Annotation und Biocuration den aktuellen Stand der Wissenschaft dar. Zum ersten Mal wurde die Biocuration Conference in Europa durchgeführt", so Renate Kania. "Wir hatten den Eindruck, dass die Konferenz ein großes Interesse erzeugt und das Bewusstsein für die Bedeutung von Biocuration erhöht hat, weit mehr als in den Jahren zuvor."

Ein bedeutendes Ereignis während der Konferenz war die Einführung der neu gegründeten International Society for Biocuration (ISB). Die ISB ist eine gemeinnützige Organisation für Biokuratoren, Entwickler und Forscher. Sie fördert das Gebiet der Biocuration und stellt ein Forum zum Informationsaustausch durch Meetings und Workshops bereit. Unter Anderem sieht sich die ISB beauftragt, zwei Themen aufzugreifen, die auch auf der Berliner Konferenz oft angesprochen wurden: Erstens die Lobbyarbeit für eine höhere und dauerhafte Finanzierung von Ressourcen, die für die Forschung unerlässlich sind. Und zweitens den Ausbau der Kommunikation mit Zeitschriftenverlagen, um über die Verlage eine Verbindung zwischen Forschern und Datenbanken herzustellen. Zurzeit hat die ISB rund 120 Mitglieder. Dem gegenwärtigen Exekutivkomitee gehören Lydie Bougueleret (Swiss Institute of Bioinformatics), Pascale Gaudet (Northwestern University, U.S.) und Lorna Richardson (MRC Human genetics Unit, UK) an.

Die Vorträge und Poster der Konferenz einschließlich der Abstracts sind unter den Nature Precedings erhältlich:
http://precedings.nature.com/collections/biocuration-09

Eine Zusammenfassung der Konferenz und eine ausgewählte Anzahl der eingereichten, begutachteten (peer-reviewed) Artikel werden demnächst in der neuen Zeitschrift für Datenbanken und Biocuration "DATABASE" (http://database.oxfordjournals.org/) erscheinen.

Die nächste wichtige Veranstaltung im Bereich Biocuration, die auch von EML Research organisiert wird, wird das SABIO-RK User Meeting in Heidelberg am 15. und 16. Juni 2009 sein. Hier treffen sich Anwender und Entwickler von SABIO-RK, einer weltweit anerkannten Datenbank für biochemische Reaktionskinetik, um ihre Erfahrungen auszutauschen und Verbesserungsvorschläge einzubringen. SABIO-RK wurde von Forschern der EML Research entwickelt. Mehr Informationen und Anmeldungen unter:
http://projects.eml.org/sdbv/events/SABIORK_UserMeeting/index.html

Weitere Informationen unter:
http://www.eml-r.org/deutsch/presse/pressemitteilungen.php?we_objectID=615
- Pressemitteilung der EML
Research mit weiteren Informationen
http://precedings.nature.com/collections/biocuration-09
- Vorträge und Poster der Konferenz einschließlich der Abstracts

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution802


*


Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
EML Research gGmbH, Dr. Peter Saueressig, 28.05.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. Mai 2009