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GENETIK/165: Ein genetischer Personalausweis für Pilze (idw)


Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen - 24.04.2012

Ein genetischer Personalausweis für Pilze



Sag mir, welcher Pilz du bist? In Zukunft kann diese Frage dank der Arbeit eines internationalen Teams von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen mit Prof. Dr. Imke Schmitt, Biodiversität und Klima Forschungszentrum, durch ein Stück aus dem Erbgut der Pilze beantwortet werden. Das Team berichtet in der Titelstudie der aktuellen Ausgabe des US-amerikanischen Fachmagazins "Proceedings of the National Academy of Sciences" über die Identifizierung von Pilzarten anhand eines bestimmten Genabschnitts, der sogenannten ITS rDNA. Laut der Studie kann damit der Großteil aller bisher bekannten Pilzarten eindeutig und zuverlässig bestimmt werden.

Es gibt schätzungsweise zwischen 1,5 und 5 Millionen Pilzarten auf der Welt, von denen allerdings die meisten bisher noch nicht entdeckt sind. Auch das Erkennen und das Bestimmen bereits bekannter Arten ist mitunter schwierig. Viele Pilze bestehen nur aus unscheinbaren, fädigen Strukturen, die sich kaum unterscheiden. Auch bei Pflanzen- und Tierarten, die sich sehr ähnlich sind, besteht dieses Problem. Wissenschaftler arbeiten in der Pflanzen- und Tierwelt daher schon länger daran, alle Arten auf Basis eines Abschnitts aus dem Erbgut zu identifizieren. Das sogenannte "Barcoding" basiert bei Tieren auf einem Abschnitt aus dem mitochondrialen COI-Gen, während zur Bestimmung von Pflanzen zwei Genregionen in den Chloroplasten (matK und rbcL) herangezogen werden. Die neue Studie schlägt nun auch für die Gruppe der Pilze -Organismen, die näher mit Tieren als mit Pflanzen verwandt sind - einen universellen Barcode vor.


Genabschnitt als Identitätsnachweis

Die Forscher sequenzierten und verglichen dazu vier verschiedene Abschnitte aus dem Erbgut von 742 Pilzarten. "Anhand der verschiedenen DNA-Abschnitte haben wir getestet, wie zuverlässig sich damit die Pilzarten bestimmen lassen. "Testsieger" des Vergleichs war ein Genabschnitt, der einen Teil des Bauplans für Ribosomen, die Proteinfabriken der Zelle enthält," erklärt Prof. Dr. Imke Schmitt, Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F), die im Rahmen des Projekts die betreffenden Genabschnitte bei zehn Pilzarten analysiert hat. Der "Barcode", anhand dessen Pilze am zuverlässigsten bestimmbar sind, die sogenannte ITS rDNA, umfasst circa 700 Basenpaare. Wenn man zwei Pilzarten miteinander vergleicht, unterscheiden sich diese Basenpaare, je nach Verwandtschaftsgruppe, um mehr als circa zehn 10 Basen.


Referenzdatenbank soll Bestimmung beschleunigen

Damit der "Pilz-Barcode" in Zukunft für eine schnellere und bessere Identifizierung sorgen kann, braucht man eine globale Referenzdatenbank. In ihr sollten so viele "Barcodes" von Pilzarten wie möglich vorgehalten werden, damit sie für Vergleiche herangezogen werden können. Die durch das internationale Team bisher entschlüsselten Sequenzen bilden den Grundstock für ein solches Archiv. "Pilze sind allgegenwärtig und spielen in vielen Lebensbereichen eine große Rolle, z.B. bei der Lebensmittelherstellung und in der Pharmaindustrie. Außerdem produzieren manche Pilze Sekundärstoffe, die giftig sind, und einige Arten können als Parasit bei Tieren, Menschen und Pflanzen Schaden anrichten. Wenn wir in der Lage sind, Pilzarten deutlich schneller und genauer zu bestimmen, können wir ihre positiven Wirkungen besser nutzen und negative Effekte verhindern", resümiert Schmitt den Nutzen des Projekts.

Studie
Schoch, Conrad L. et.al.(2012)
Nuclear ribosomal internal transcribed spacer (ITS) region as a universal DNA barcode marker for Fungi.
Proceedings of the National Academy of Sciences.
Doi: 10.1073/pnas.1117018109


LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum, Frankfurt am Main Mit dem Ziel, anhand eines breit angelegten Methodenspektrums die komplexen Wechselwirkungen von Biodiversität und Klima zu entschlüsseln, wird das Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F) seit 2008 im Rahmen der hessischen Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich ökonomischer Exzellenz (LOEWE) gefördert. Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung und die Goethe Universität Frankfurt sowie weitere direkt eingebundene Partner kooperieren eng mit regionalen, nationalen und internationalen Institutionen aus Wissenschaft, Ressourcen- und Umweltmanagement, um Projektionen für die Zukunft zu entwickeln und wissenschaftlich gesicherte Empfehlungen für ein nachhaltiges Handeln zu geben.

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen, Sabine Wendler, 24.04.2012
WWW: http://idw-online.de
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. April 2012