Eberhard Karls Universität Tübingen - 05.08.2016
Mikroben schicken Elektronen in magnetischen Partikeln auf den Langstreckentransport
Bakterien können Energie in Eisenminerale hineinpumpen und dort für den späteren Gebrauch oder weiter entfernte Nutzer speichern
Bakterien können Elektronen - gleichzusetzen mit "Energie" - direkt in feste leitfähige magnetische Mineralien, sogenannte Magnetite, pumpen und im Magnetit über lange Strecken transportieren. Das hat ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Dr. James Byrne und Professor Andreas Kappler vom Zentrum für Angewandte Geowissenschaften der Universität Tübingen festgestellt. Dies bedeutet für die Forscher einen Durchbruch bei der Frage, wie Mikroorganismen über weite Entfernungen Zugang zu Energiequellen finden. Die Entdeckung, die im Journal Scientific Reports veröffentlicht wurde, hat nach Einschätzung der Forscher das Potenzial, den Weg zu neuen Energiespeichertechnologien zu öffnen, bei denen einfach zu züchtende Bakterien mit in der Umwelt reichlich vorhandenen magnetischen Eisenablagerungen zusammengebracht werden könnten.
Der Austausch von Elektronen zur Bereitstellung von Energie ist schon
lange als treibende Kraft allen Lebens auf der Erde erkannt worden.
"Bakterien setzen Energie für den Eigengebrauch frei, indem sie Elektronen
von einer Quelle zu einem Ablagerungsort auf niedrigerem Energieniveau
verschieben ", erläutert James Byrne, der Erstautor der Studie. Geeignete
Elektronenspender und -empfänger zu finden, könne jedoch eine große
Herausforderung für die Bakterien sein. Daher hätten viele Organismen
besondere Strategien entwickelt, um alle möglichen Materialien für diese
Zwecke nutzen zu können. Mithilfe von magnetischen Messungen,
hochauflösender Elektronenmikroskopie und der leistungsstarken
Synchrotroneinrichtung Diamond Light Source in Großbritannien konnte das
Forscherteam nun nachweisen, dass viele der Mikroben Elektronen direkt in
magnetische Eisenteilchen hineinpumpen oder aus ihnen abziehen können. Auf
diese Weise können die Partikel genutzt werden, um Energie zu speichern -
oder sogar als Energieüberträger über relativ weite Entfernungen. "Das ist
besonders interessant, wenn man bedenkt, über welche Distanzen diese
Prozesse ablaufen", sagt Byrne. "Bakterien sind meistens nur einen
Mikrometer lang, also hundertmal kleiner als der Durchmesser eines
menschlichen Haars. Der Elektronentransfer läuft aber teilweise über
mehrere Zentimeter hinweg. Auf den Menschen übertragen müsste dieser noch
in der Lage sein, einen Apfel in mehreren Kilometern Entfernung zu
verzehren."
Einige Typen von Bakterien können bei der Eisenoxidation die Elektronen nur aus den äußeren Nanometern der Magnetit-Partikel herausziehen, andere Bakterientypen sind dagegen bei der Eisenreduktion in der Lage, die Elektronen ins Innere des Magneten zu pumpen. Dies spiegelt sich auch im Verhalten der Bakterien: Die Eisen-oxidierenden Bakterien können für die Aufrechterhaltung ihres Stoffwechsels und das Wachstum nur die kleinsten Teilchen verwenden; die Eisen-reduzierenden Typen zeigten sich hingegen wenig wählerisch und nutzten Magnetit-Teilchen aller Größen als Elektronenempfänger. Byrne sagt zusammenfassend: "Unsere Ergebnisse machen deutlich, dass Bakterien Elektronen in praktisch überall verfügbaren Materialien lagern können. Die Elektronen können zu einem späteren Zeitpunkt oder einem weiter entfernten Ort wieder abgezogen werden - durch die Bakterien selbst oder auch zur industriellen Nutzung."
Publikation:
James M. Byrne, Gerrit van der Laan, Adriana I. Figueroa, Odeta Qafoku,
Chongmin Wang, Carolyn I. Pearce, Michael Jackson, Joshua Feinberg, Kevin
M. Rosso, Andreas Kappler (2016),
Size dependent microbial oxidation and reduction of magnetite nano- and
micro-particles,
Scientific Reports, in press.
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Eberhard Karls Universität Tübingen, Dr. Karl Guido Rijkhoek, 05.08.2016
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. August 2016
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