Schattenblick →INFOPOOL →NATURWISSENSCHAFTEN → BIOLOGIE

ORNITHOLOGIE/186: Riesentukane - Schnabel als "Kühler" (Der Falke)


Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 1/2010

Ornithologie aktuell

Riesentukane: Schnabel als "Kühler"


Die in Südamerika lebenden Riesentukane (Ramphastos toco) haben die größten Schnäbel unter den Vögeln. Dafür gibt es mehrere Erklärungen. Die überdimensionalen Schmuckstücke könnten einmal dazu dienen, mögliche Partner oder Partnerinnen auf sich aufmerksam zu machen, wie schon Charles Darwin vermutete, zum anderen beim Pflücken und Auspressen oder Schälen großer Früchte hilfreich sein. Schließlich könnten sie bei der Eroberung von Nistplätzen helfen oder als Warnsignal dienen. Mit Wärmebildkameras wurde nun gezeigt, dass die Riesenschnäbel auch als Klimaanlage fungieren. Denn je höher die Außentemperatur steigt, umso mehr Blut pumpen die Vögel in die oberflächennahen Gefäße der prächtigen Schnäbel. Dadurch wird wie beim Elefantenohr Wärme an die Umgebung abgegeben. Der Schnabel eignet sich deshalb besonders als "Wärmeregulator", weil er sowohl eine große Fläche hat als auch über kein isolierendes Federkleid verfügt. 30 bis 60 Prozent der gesamten Wärmeabgabe finden über diesen orange-gelben Kühler statt. Bei niedrigen Außentemperaturen verengen sich die Gefäße und die Wärmeabgabe am Schnabel sinkt fast auf null. Bei großer Anstrengung, etwa beim Fliegen, geben die Vögel dort für kurze Zeit sogar den gesamten Wärmeüberschuss an die Umwelt ab. Das können bis zu fünf Watt sein, immerhin das Vierfache jener Wärmemenge, die Riesentukane in Ruhephasen produzieren. Kritisch für die Tukane wird es, wenn die Außentemperatur nahe der Körpertemperatur liegt. Weil dann das Wärmetauscherprinzip kaum noch funktioniert, bleibt den Vögeln - außer der Suche nach einem schattigen Fleck und minimaler Bewegung - nur die Verdunstungskühlung: Wenn Wasser nach einem Bad auf der Haut verdampfen, wird der Umgebung Wärme entzogen, um die Flüssigkeit in einen gasförmigen Zustand zu überführen. So kann der Körper einen Teil der angestauten Hitze loswerden. Ältere Vögel sind übrigens bei der Wärmeregulation über den Schnabel im Vorteil: Sie können die Austauschwärme des Schnabels weitaus flexibler regulieren. Jungvögel, deren Schnabel noch im Wachstum steckt, benötigen immer eine gute Blutzirkulation in diesem Körperteil, der immerhin ein Drittel der Körperoberfläche ausmacht. Die Wärmeregulation gelingt schlechter. (wir)

G. Tattersall u. a., Science 325, 2009, S. 468.


*


Quelle:
Der Falke - Journal für Vogelbeobachter 1/2010
57. Jahrgang, Januar 2010, S. 3-4
mit freundlicher Genehmigung des AULA-Verlags
AULA-Verlag GmbH, Industriepark 3, 56291 Wiebelsheim
Tel.: 06766/903 141; Fax: 06766/903 320
E-Mail: falke@aula-verlag.de
Internet: www.falke-journal.de

Erscheinungsweise: monatlich
Einzelhelftpreis: 4,80 Euro
Das Jahresabonnement für 12 Hefte ist im In-
und Ausland für 49,- Euro zzgl. Porto erhältlich.


veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Januar 2010