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ZOOLOGIE/803: "Man ist, was man ißt" gilt auch für Meerschweinchen und Mäuse (idw)


Universität Zürich - 17.12.2009

"Man ist, was man isst" gilt auch für Meerschweinchen und Mäuse


Mäuse und Ratten sehen sich ähnlich aber unterscheiden sich von der Gruppe der Meerschweinchen. Forscher der Universität Zürich konnten jetzt erstmals nachweisen, dass sich die Schädel der beiden äusserlich so unterschiedlichen Nagergruppen je nach Nahrung ähnlich entwickeln.

Den evolutionären Erfolg von Lebewesen messen zu wollen, mag auf den ersten Blick problematisch erscheinen. Doch manchmal sprechen die Fakten eine eindeutige Sprache: Über 40 Prozent aller Säugetierarten entfallen auf die Nagetiere. Ihre taxonomische und ökologische Vielfalt ist riesig. Im Reich der Säugetiere sind Nager mit Abstand die erfolgreichste Ordnung. Jetzt ging ein Forschungsteam der Universität Zürich den Ursachen für diese Vielfalt auf den Grund.

Unter der Leitung von Professor Marcelo Sßnchez untersuchte Laura Wilson die Schädel von Dutzenden von Nagetierarten im Hinblick auf deren Entwicklungsmuster. Für ihre in den Proceedings der Royal Society publizierten Arbeit analysierte die Doktorandin über 1000 Proben der zwei grossen Nagergruppen: Mäuse und Ratten auf der einen Seite und Meerschweinchen auf der anderen Seite. Mäuse und Ratten sehen sich sehr ähnlich. Die Gruppe der Meerschweinchen dagegen ist ausgesprochen variantenreich: Sie umfasst eigentliche Meerschweinchen, Stachelschweine und die bis 50 Kilogramm schweren Capybara, die grössten heute vorkommenden Nagetiere überhaupt. Schneller wachsende Nasen- und Gaumenpartien

Wilson untersuchte, wie sich die verschiedenen Schädelpartien nach der Geburt entwickeln. Sie konnte nachweisen, dass Schädelmerkmale, die ein effizientes Fressen ermöglichen, eine Schlüsselrolle für den Formenreichtum der Nager spielen. Nagetiere, die sich rein pflanzlich ernähren und dabei auch harte Pflanzenkost fressen, weisen ein anderes Schädelentwicklungsmuster auf als allesfressende Nager, deren Nahrung ausschliesslich weiche Bestandteile aufweist. Nasen- und Gaumenpartien von Nagern, die Wurzeln und andere harte Pflanzeteile fressen, wachsen im Vergleich zu den restlichen Schädelpartien überdurchschnittlich schnell - und dies unabhängig davon, ob es sich um Mäuse, Ratten oder Meerschweinchen handelt. Mit anderen Worten: "Man ist, was man isst" gilt auch für Nagetiere.

"Bei Säugetieren spielt die Ernährung für die Entwicklung von Wachstumsmustern eine zentrale Rolle", fasst Wilson die Resultate ihrer Forschungen zusammen. Aufgrund früherer Studien an Primaten nahm man bisher an, dass sich die Wachstumsmuster bei Säugetieren im Lauf der Evolution nur geringfügig verändert hatten. Wilsons Resultate legen nun nahe, dass bei Säugetieren die Entwicklung von artspezifischen Wachstumsmustern wesentlich variabler ist.

Literatur:

Laura A. B. Wilson and Marcelo R. Sßnchez-Villagra:
Diversity trends and their ontogenetic basis:
an exploration of allometric disparity in rodents.
In: Proceedings of the Royal Society B, 16. Dezember 2009,
doi: 10.1098/rspb.2009.1958

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter: http://idw-online.de/pages/de/institution94


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Zürich, Beat Müller, 17.12.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Dezember 2009