Schattenblick →INFOPOOL →NATURWISSENSCHAFTEN → BOTANIK

FORSCHUNG/321: Wie wachsen Pflanzen zum Licht? (idw)


Technische Universität München - 27.05.2013

Wie wachsen Pflanzen zum Licht?


Foto: © C. Schwechheimer/TUM

Pflanzen wachsen zum Licht - verantwortlich dafür ist das Pflanzenhormon Auxin.
Foto: © C. Schwechheimer/TUM

Pflanzen haben mehrere Strategien entwickelt, um mit ihren Blättern möglichst viel Sonnenlicht einzufangen. Wie sich auch bei Topfpflanzen am Wohnzimmerfenster beobachten lässt, wachsen Pflanzen immer in Richtung des einfallenden Lichts. So können sie ihren Energiebedarf durch Photosynthese optimal decken. Die treibende Kraft hinter dieser Bewegung ist das Pflanzenhormon Auxin - das konnte jetzt ein internationales Forschungsteam eindeutig klären.

Das Wachstum der Pflanzen zum Licht ist besonders zu Beginn eines Pflanzenlebens wichtig. Viele Pflanzen keimen im Boden aus und ernähren sich im Dunkeln von den begrenzten Stärke- und Fettreserven in ihrem Samen. Durch massives Längenwachstum entgegen der Schwerkraft, die als erste Orientierungshilfe dient, streben die Keimlinge an die Oberfläche. Mit Hilfe hochsensibler Lichtdetektor-Proteine finden sie den kürzesten Weg zum Sonnenlicht - und können sich dafür auch in die Richtung des Lichts krümmen.

"Auch erwachsene Pflanzen krümmen sich in die Richtung des stärksten Lichteinfalls; und sie bewerkstelligen das, indem sich die Zellen des Stamms auf der dem Licht abgewandten Seite verstärkt strecken. Diese Form des lichtgerichteten Wachstums nennt man Phototropismus", erklärt Prof. Claus Schwechheimer vom Lehrstuhl für Systembiologie der Pflanzen an der Technischen Universität München (TUM).


Schleuser bringen Pflanzenhormon zum Ziel

Verantwortlich für die Zellstreckung ist das Auxin. Das Phytohormon wird in Zellen an der Sprossspitze gebildet und von dort aus von Zelle zu Zelle weitergeleitet. So gelangt es über viele Zwischenstationen zu seinem Bestimmungsort. "Export- und Importproteine schleusen das Auxin aus der Zelle heraus, und dann vom Zellenzwischenraum wieder in die nächste Zelle, und so weiter - bis es letztlich an seinem Ziel ankommt", sagt Schwechheimer.

Die wichtigsten Proteine in diesem Prozess sind die "PINs" genannten Exportproteine, die dem Auxinfluss die Richtung vorgeben. Wie das Team um Schwechheimer zeigen konnte, arbeiten diese PINs nicht alleine: "Sie benötigen das Signal der Proteinkinase D6PK", führt Schwechheimer aus. "Das Kinase-Enzym schaltet die PINs durch die Übertragung von Phosphatgruppen an - so dass sie als Auxin-Schleuser aktiv werden."


Welche Rolle spielt das Auxin?

Die Bewegungen der Pflanzen hat der große Naturforscher Charles Darwin 1880 in seinem Standardwerk "The power of movement in plants" erstmals ausführlich beschrieben. Dass bei der Licht-gesteuerten Krümmung das Pflanzenhormon Auxin eine Rolle spielen könnte, war bereits 1937 vom niederländische Forscher Frits Went im Cholodny-Went Modell vorgeschlagen worden.

Obwohl danach viele Beobachtungen dieses Modell unterstützten, fehlte bisher der Beweis dafür, dass das Auxin auch wirklich an diesem Prozess beteiligt ist. Warum, erklärt Prof. Christian Fankhauser von der UNIL (Université de Lausanne) in der Schweiz: "Alle bislang verfügbaren Pflanzen mit einem bekannten Defekt im Auxintransport zeigten einen normalen Phototropismus. Warum sollte also der Auxintransport für den Phototropismus wichtig sein?"


Modell der Auxin-gesteuerten Krümmung bestätigt

Die Antwort auf diese Frage fanden die TUM-Forscher in Zusammenarbeit mit ihren Kollegen an der UNIL. Den Schweizer Forschern gelang es, in einer Pflanze gleichzeitig mehrere PIN-Transporter auszuschalten; die TUM-Wissenschaftler konnten gleichzeitig die Funktion der D6PK-Proteine aufklären.

Das Ergebnis: Wenn mehrere der PIN- und Kinase-Komponenten fehlten, waren die Pflanzen in ihrem Wachstum komplett unempfänglich gegenüber den Lichtsignalen, die den Phototropismus auslösen: Unabhängig vom Lichteinfall wuchsen sie entgegen der Schwerkraft nach oben. Zugleich war der Auxin-Transport in diesen Mutanten stark beeinträchtigt. Damit konnten die Wissenschaftler erstmals eindeutig belegen, dass das Hormon Auxin der Stoff ist, der den Pflanzen die Kraft zum Phototropismus gibt.


Publikation:
Willige, B.C., Ahlers, S., Zourelidou, M., Barbosa, I.C.R., Demarsy, E., Trevisan, M., Davis, P.A., Roelfsema, M.R.G., Hangarter, R., Fankhauser, C., and Schwechheimer, C. (2013).
D6PK AGCVIII kinases are required for auxin transport and phototropic hypocotyl bending in Arabidopsis;
Plant Cell (http://www.plantcell.org/lookup/doi/10.1105/tpc.113.111484).

Weitere Informationen unter:
http://www.tum.de/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/kurz/article/30854/
http://www.wzw.tum.de/index.php?id=185&tx_ttnews[tt_news]=126

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter: http://idw-online.de/de/institution73

*

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Technische Universität München, Dr. Ulrich Marsch, 27.05.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Mai 2013