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FORSCHUNG/574: "Rauchmelder" in Pflanzen steuert auch das Wachstum von Wurzelhaaren (idw)


Technische Universität München - 17.10.2019

"Rauchmelder" in Pflanzen steuert auch das Wachstum von Wurzelhaaren: Wie den Wurzeln Haare wachsen


Pflanzenwurzeln können vieles: Sie wachsen in die Länge, um an Wasser zu kommen, sie können sich biegen, um Steinen auszuweichen und sie bilden feine Wurzelhaare aus, um mehr Nährstoffe aus dem Boden aufnehmen zu können. Ein Forschungsteam mit maßgeblicher Beteiligung der Technischen Universität München (TUM) hat nun die Funktionsweise eines wichtigen Regulators dieser Maschinerie aufgeklärt.

Vernichtet ein Waldbrand größere Pflanzen wittern sogenannte Brandkeimer ihre Chance: Ihre Samen besitzen ein Rezeptorprotein, das bestimmte Moleküle "riechen" kann, die beim Verbrennen von Pflanzenmaterial entstehen. Das KAI2 genannte Rezeptorprotein setzt eine Signalkaskade in Gang, die zum Keimen des Samens führt.

Ein von Caroline Gutjahr, Professorin für Pflanzengenetik an der TUM School of Life Sciences Weihenstephan, angeführtes Forschungsteam fand nun heraus, dass es auch bei der Regulierung des Wachstums von Wurzeln eine wichtige Rolle spielt.

Wurzelhaare vergrößern die Oberfläche

Um eine möglichst große Oberfläche zu bekommen, über die Wasser und Nährstoffe aufgenommen werden können, bildet die Wurzel einer Pflanze feine Wurzelhaare aus. José Antonio Villaécija-Aguilar, Doktorand im Team von Caroline Gutjahr, fand nun heraus, dass KAI2 sowohl für die Bildung dieser Wurzelhaare nötig ist, als auch das Wachstum der Wurzeln nach unten reguliert.

"Und das gilt wahrscheinlich nicht nur für die Ackerschmalwand (Arabidopsis), die fast überall auf der Welt vorkommt und deshalb auch von uns als Modellpflanze genutzt wird", sagt Caroline Gutjahr, "sondern möglicherweise auch für viele andere Pflanzen, beispielsweise für Getreide."

Pflanzenrauch-Moleküle lassen Wurzelhaare sprießen

Zur Prüfung ihrer Hypothese setzte das Forschungsteam, junge Arabidopsis-Pflanzen den im Rauch vorkommenden Molekülen aus. Und tatsächlich nahm das Wachstum der Wurzelhaare deutlich zu.

"Dieses Ergebnis ist auch im Licht der Evolution interessant", sagt Caroline Gutjahr. "Wahrscheinlich war KAI2 zunächst in allen Pflanzen dafür zuständig, in Reaktion auf ein bisher noch unbekanntes Pflanzenhormon bestimmte Entwicklungsprozesse, wie zum Beispiel die Entwicklung der Wurzelhaare zu steuern. Während der Evolution der Brandkeimer, hat KAI2 dann wahrscheinlich die Zusatzfunktion der Rauchwahrnehmung entwickelt."

Nutzen für die Pflanzenzucht

Die Erkenntnisse tragen nicht nur zu einem grundlegenderen Verständnis bei, wie Pflanzen funktionieren, sondern könnten auch für eine zukünftige, nachhaltige Landwirtschaft wichtig sein.

"Wenn wir jetzt besser verstehen, welche molekulare Mechanismen bei der Entwicklung von Wurzeln und Wurzelhaaren eine Rolle spielen, können wir Pflanzen züchten, die Nährstoffe und Wasser besser aus dem Boden aufnehmen können", sagt Caroline Gutjahr. "Das kann Nutzpflanzen beispielsweise über längere Trockenperioden retten, wie sie zukünftig möglicherweise häufiger auftreten werden."


Weitere Informationen:
Die dieser Publikation zugrundeliegenden Arbeiten wurden gefördert durch die deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Emmy Noether-Programms (AG Gutjahr) und des SFB 924 (AG Dawid) und den britischen Biotechnology and Biological Sciences Research Council (BBSRC) (AG Bennett). Beteiligt waren neben der Arbeitsgruppe der Professur für Pflanzengenetik Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Professur für Lebensmittelchemie und molekulare Sensorik der TUM (AG Dawid), sowie des Center for Plant Science (AG Bennett) der Universität Leeds (UK).

Originalpublikation:
SMAX1/SMXL2 regulate root and root hair development downstream of KAI2-mediated signalling in Arabidopsis
José Antonio Villaécija-Aguilar, Maxime Hamon-Josse, Samy Carbonnel, Annika Kretschmar, Christian Schmidt, Corinna Dawid, Tom Bennett, Caroline Gutjahr
PLOS Genetics 15(8): e1008327
DOI: 10.1371/journal.pgen.1008327
https://doi.org/10.1371/journal.pgen.1008327

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution73

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Technische Universität München, 17.10.2019
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Oktober 2019

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